Wann lohnt sich die Bekämpfung von Mäusen und wann sollte man lieber Abwarten? Jedes Jahr zu dieser Zeit führt die Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Futterbaues (AGFF) und Agroscope eine Erhebung der Schermauspopulation an rund 50 Standorten im Deutschschweizer Mittelland und den angrenzenden Hügelgebieten durch. Die Fachstellen der Kantone Freiburg, Jura und Neuenburg stellen ihre Populationsschätzung ebenfalls zur Verfügung.
Zu wissen, in welchem Entwicklungsstadium sich eine Mäusepopulation befindet, ist für die Bekämpfung nicht uninteressant. Denn steht die Population kurz vor einer Massenvermehrung, sollte sofort gehandelt werden. Ist die Population bereits zu gross, hilft nur noch das Abwarten bis diese zusammenbricht.
Einen Anhaltspunkt bzgl. der regionalen Grösse der Mäusepopulation und wann günstige Zeitfenster für die Mäusebekämpfung zu erwarten sind, gibt der Schermaus-Radar der AGFF. Auch kann damit die Frage geklärt werden, wann man Futterreserven anlegen sollte, um bei einem möglichen Totalschaden abgesichert zu sein.
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Wo sollte man aktiv werden?
«Über das ganze Erhebungsgebiet geschaut, sind an rund 2/3 der Standorte die Schermaus-Populationen zurückgegangen oder gar zusammengebrochen. Dies betrifft vor allem die Regionen St. Galler Mittelland, Zürcher Mitteland, Aargauer Mitteland, Luzerner Mittelland, Zürcher Oberland bis Linthebene, das Entlebuch und den Kanton Jura», analysiert Cornel Stutz von der Agroscope die Erhebungsdaten. Kaum eine Veränderung – weder eine deutliche Zunahme noch eine deutliche Abnahme der Schermaus-Populationsgrösse – gab es im Berner und Solothurner Mittelland (weiterhin mässig hohes Niveau) sowie in den Ostschweizer Voralpen im Gebiet Ricken, Toggenburg und Appenzell (stabil auf einem eher hohen Niveau). Einen Anstieg (Mäusezyklus-bedingt) konnte Stutz im Fricktal und Baselbiet, in Schaffhausen und im Thurgau sowie im Hirzelgebiet feststellen.
Mausen vor Vegetationsbeginn vornehmen
Wie sollte man nun vorgehen? Schermäuse sollten nur in Phasen geringer Populationsdichte bekämpft werden, damit die Mäusefänger möglichst viel Fläche in kurzer Zeit leermausen können, so Cornel Stutz.
In Regionen, wo bis jetzt sehr wenig bis wenig Mäuse beobachtet wurden (Grafik: grüne und gelbe Punkte) sollte die Bekämpfung nun stattfinden. Hier ist die Regulation noch mit einem vernünftigen Aufwand möglich. «Der Mäusefang im Frühling geht am besten vor Vegetationsbeginn, also jetzt», sagt Stutz. Denn sobald das starke Graswachstum einsetzt, seien die Erdhaufen der Schermausbaue nicht mehr so gut sichtbar. Auch das Suchen der Laufgänge werde etwas aufwändiger.
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Die Bekämpfungsschwelle ist erreicht bei 40 Mäusen pro Hektare. Das sind gemäss Cornel Stutz 20 gut unterscheidbare Baue pro Hektare – ein Bau besteht aus einem stark verzweigten Gangsystem, das eine Ausdehnung von bis zu 10 x 10 m erreichen kann; auf der Oberfläche erkennt man einen Bau anhand der mehr oder weniger deutlich zusammenhängenden Ansammlungen von Mäusehaufen. Ab dann lohne sich noch das Mausen.
Aussichtslose Bekämpfung bei dichter Population
Zu Zeiten dichter Schermauspopulationen sei es hingegen aussichtslos, die Schermäuse mit einem vernünftigen Aufwand zu bekämpfen (Grafik: rote, violette und schwarze Punkte). Die Schermausdichte kann dann von 80 bis 300 Tiere pro Hektarebetragen, ab 300 Tieren pro Hektare spricht man aus pflanzenbaulicher Sicht von einem Totalschaden – die Wiesen sind dann vollkommen sanierungsbedürftig mit mind. 50 % braunen Lücken im Pflanzenbestand. Dann sollte gemäss Stutz mit der Bekämpfung abgewartet werden, bis die Population zusammengebrochen ist (innerhalb von 1 bis 3 Jahren) – ausser es handelt sich um kapitalintensive Flächen wie Obstanlagen.
«Wenn der Pflanzenbestand sehr schlecht geworden ist, lohnt es sich bei ackerfähigem Grasland, den Pflug anzuhängen. Wenn man eine stark befallene Parzelle für ein oder zwei Jahre in die Fruchtfolge nehmen kann oder nach dem Umbruch direkt wieder eine Wiese ansät, verhilft das zu einer Verschnaufpause. Man muss jedoch beachten, dass mit dem Pflug nur wenige Schermäuse getötet werden», weiss der Agroscope-Wissenschaftler. Die meisten würden in die Nachbarparzellen fliehen. Im besten Fall werden sie unterwegs von Katzen oder Mäuse fressenden Vögeln abgefangen. Um gegen einen Totalschaden gewappnet zu sein, wird angeraten, rechtzeitig Futterreserven anzulegen.
Sind die Mäusebauten nicht mehr voneinander unterscheidbar, weil sie sehr nah aneinander liegen, ist die Mäusedichte stark erhöht, aber eine baldige Entspannung oder ein Zusammenbruch der Population zu erwarten (Grafik: violette und schwarze Punkte).
Die Mäusepupulationskurven der einzelnen Regionen sind hier einsehbar.
Populationsgrösse beeinflussen
Es gibt viele Faktoren, welche die Populationsschwankungen von Schermäusen beeinflussen:
- die Präsenzstärke und Vielfalt der natürlichen Feinde (mit z. B. Nistkästen, Sitzstangen, Hecken und Einzelbäumen fördern).
- wie intensiv die Landwirt ein einer Region Mäusebekämpfung betreiben (Schermäuse: Topcatfallen oder verschiedenen Drahtfallen z. B. Ringlifallen)
- die Landschaft – je mehr zusammenhängendes Grasland, desto typischer die Peak-Kurve; je unterbrochener das Grasland durch Siedlungsgebiete, grosse Strassen, Wälder und vor allem Ackerflächen, desto welliger die Populationskurve = Glockenkurve.
Peak-Kurve: nach einer langen Periode mit minimaler Schermausaktivität folgt eine starke und kurze Massenvermehrung mit einem raschen Zusammenbruch der Population. Bei der Peak-Kurve kann man besser planen bezüglich Futterreserven, Wiesensanierung und gezielter Mäusebekämpfung. Eine Zeitlang hat es kaum mehr Mäuse, dafür gibt es Phasen mit grossen Schäden.
Glockenkurve: nach einer kurzen Zeit mit geringen Schermausdichte folgt eine schwache, landandauernde Wachstumsphase – ein Populationszusammenbruch kommt selten vor. Bei der Glockenkurve ist das Maximum in der Regel nicht so hoch – das ist positiv. Dafür brechen die Populationen höchst selten zusammen – das ist dann der Nachteil. Weil es immer Mäuse hat, sollte man bei der Glockenkurve immer «dran bleiben».
- Grosswetterlage (z. B. milde Winter oder nasse-kühle Sommer)
Hauptauslöser ist die Mäusedichte selbst: grösserer Stress je mehr Tiere auf begrenzten Raum leben – Tiere kollabieren und sterben massenweise.
Bekämpfungsstrategien
Die Förderung natürlicher Feinde (Hermelin, Wiesel, Füchse, Turmfalken etc.) mit z. B. Nistkästen, Sitzstangen, Hecken und Einzelbäumen ist ein wichtiger Aspekt der Schermausregulierung.
Schermäuse sollte man zudem mit Fallen fangen, die in die unterirdischen Laufgänge gestellt werden. Hierfür braucht es in der Regel keine Köder, wie Cornel Stutz sagt. Wenn die Mäuse die Laufgänge passieren wollen, werden sie von der Falle erfasst und getötet. Gängig sind bei Schermäusen Topcatfallen oder verschiedene Drahtfallen (z.B. Ringlifallen).
Bei Feldmäusen werden Klappfallen in die oberirdischen Laufpfade gelegt. Bei den Klappfallen haben sich Apfelstücke als geeignete Köder bewährt, so Stutz. Auch möglich sind Rüebli- oder Birnenstücke. Ungeeignet seien dagegen Käse und Speck.
Neben der Förderung natürlicher Feinde, können folgende Massnahmen helfen:
Ackerbau: Pflügen (vertreibt Wühlmäuse), Fruchtfolgen (machen Parzelle unattraktiv)
Obstbau: Topcat-Fallen, Mäusezaun mit Standbyfallen verhindert das Einwandern aus benachbarten Parzellen, Mulchen bei Feldmäusen (helfen von Greifvögeln besser erkannt zu werden). Bei Schermäusen hilft Mulchen nicht, da sie hauptsächlich unterirdisch aktiv sind.
Futterbau: Fallenfang, Vergasen mit Benzinvergaser oder wenn es ganz schlimm ist pflügen (falls möglich).
Mit Giften können Schermäuse kaum mehr bekämpft werden, da die meisten Stoffe vom Markt genommen wurden oder nicht mehr zugelassen sind. Ausserdem sind Gifte eine teure Methode. Folgende Möglichkeiten bestehen noch:
- Gastabletten (Aluphosid) erzeugen zusammen mit der Bodenfeuchtigkeit ein Nervengas, das auch für den Anwender gefährlich ist. Nur Kleinflächige Anwendung durch geschultes Personal!
- Räucherpatronen (Schwefel) erzeugen einen giftigen Rauch. Die entzündeten Patronen müssen rasch in die vorbereiteten Gangöffnungen gesteckt und diese sofort abgedichtet werden.