An einem Feldtag Anfang Juli besichtigte der Luzerner Regierungsrat Fabian Peter, zuständig auch für die Landwirtschaft, vier Betriebe mit Spezialkulturen im Seetal (wir berichteten). Die Luzerner Landwirtschaft sei aufgrund von künftigen Herausforderungen im Wandel, und Spezialkulturen mit ihrem hohen Wertschöpfungspotenzial könnten eine echte Alternative zur Tierhaltung sein. Es gebe dafür einen wachsenden Markt, stellte Peter im Gespräch mit Expert(innen) aus verschiedenen Branchen fest. Die Landwirte stellten ihre Betriebe vor, wiesen aber auch auf Herausforderungen wie Pflanzenschutz oder raumplanerische Hürden hin.
Das Potenzial von Spezialkulturen soll nun in einem kantonalen Projekt aufgezeigt werden. Die BauernZeitung sprach dazu mit Thomas Meyer von der Luzerner Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa).
Der Kanton Luzern plant ein Projekt «Offensive Spezialkulturen».
Wieso braucht es dafür eine Offensive?
Thomas Meyer: «Offensive Spezialkulturen» ist ein Arbeitstitel für den Projektauftrag. Dieser zielt in Abstimmung mit dem Planungsbericht Klima und Energiepolitik des Kantons Luzern darauf ab, das Potenzial an Spezialkulturen im Kanton Luzern aufzuzeigen. Sollte sich aus dem Projekt ein Potenzial bei Spezialkulturen zeigen, wird ein Förderprogramm entwickelt.
Spezialkulturen werden aufgrund des hohen Wertschöpfungspotenzials als echte Alternative zur Tierhaltung erachtet. Sollen die Seetaler Schweine- und Milchbauern künftig zu Rebbauern, Obstbauern und Beerenbauern werden, um die Tierintensität zu senken? Wer soll dann das gleichwohl noch gefragte Fleisch produzieren?
Im Projektauftrag ist die Fragestellung eine andere: In welchen Regionen des Kantons Luzern könnten zukünftig welche Spezialkulturen angebaut werden? Wir machen deshalb eine Standortanalyse. Jedoch geht es nicht nur um den Anbau, sondern auch die Vermarktung. Deshalb wird ergänzend auch eine Marktanalyse für mögliche Spezialkulturen im Kanton Luzern durchgeführt.
Was sind die Voraussetzungen für den Einstieg in Spezialkulturen?
Dass sich die Landwirtschaft rund um die Mittellandseen und den Vierwaldstättersee für Spezialkulturen besonders eignen, ist wahrscheinlich keine Überraschung. Hier gibt es fruchtbare Böden, Höhenlage, Sonnenstunden und Wasservorkommen. Bei den Spezialkulturen ist es wie bei den anderen Betriebszweigen auch. Es braucht Herzblut und Freude, um erfolgreich zu wirtschaften.
Mit den Klimaveränderungen werden auch neue Kulturen im Kanton Luzern Einzug halten. Bei der fachlichen Unterstützung kann auf die Kompetenzen des BBZ Natur und Ernährung gezählt werden.
Spezialkulturen machen im Kanton Luzern erst 6,6 Prozent des Produktionswertes auf rund zwei Prozent der gesamten Nutzfläche aus. Welcher Anteil wird angestrebt als Ziel, wo liegen die Grenzen?
Wir setzen uns in diesem Bereich kein Ziel. Unsere Bestrebungen sind die, dass diejenigen Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter, welche in den Bereich Spezialkulturen einsteigen wollen, gute Rahmenbedingungen vorfinden, um erfolgreich Spezialkulturen anzubauen. Eine zusätzliche Steigerung der Wertschöpfung kann durch Verarbeitung, Veredelung und Vermarktung auf den Betrieben erzielt werden.
Bei welchen Kulturen sehen Sie denn konkret Potenzial?
Das wird ein Ergebnis des Projekts sein. Aus heutiger Sicht mit den bekannten Kulturen im Kanton Luzern verlangt der Markt mehr regionale Äpfel, Birnen, Kirschen und Beeren.
Sie haben das Umfeld erwähnt mit Lieferanten, Verarbeitung, Handel. Braucht es da noch neue Strukturen, damit das Potenzial Spezialkulturen für Produzenten nutzbar wird?
Hier können wir auf bestehende Strukturen und erfolgreiche Unternehmen aufbauen. Bei allenfalls «neuen» Spezialkulturen könnte vielleicht die eine oder andere Manufaktur aufgebaut werden.
Führt diese Offensive nicht zu einer Verlagerung der Produktion und Konkurrenz zu andern Regionen, die bereits auf Spezialkulturen setzen?
Der regionale Markt im Bereich Spezialkulturen wächst. Inwieweit unsere zusätzliche Produktion zu einer Verdrängung führen würde, ist offen. Es geht primär darum, dass wir unseren Bäuerinnen und Bauern eine Alternative zur Tierhaltung anbieten können.
Produzenten weisen auf teils schwierige Rahmenbedingungen hin, wie vermehrter Frost, Unwetter, Trockenheit, Wassermangel, aber auch die Pflanzenschutz-Intensität oder raumplanerische Hürden, Stichwort Folientunnel oder Wildtierkorridore...
Diese wichtigen Themen wie Wasserverfügbarkeit, Raumplanung und Pflanzenschutzmitteleinsatz werden im Projekt bearbeitet und mögliche Lösungswege, soweit diese in unserer Hand sind, aufgezeigt.
Bis wann sind Ergebnisse aus dem Projekt zu erwarten?
Der Zeitplan sieht vor, dass wir im ersten Quartal 2022 die Ergebnisse vorliegend haben. Die Branche und NGOs sind in der Begleitgruppe involviert.