Die Stickstoff- und Phosphorüberschüsse in der Landwirtschaft sind ein Dauerthema. Nun will der Bundesrat mit der Agrarpolitik 2022+ diesbezüglich strengere Vorschriften für die Bauern einführen. So soll mit der AP22+ eine Reduktion der Stickstoff- und Phosphorüberschüsse um mindestens 10% (bis im Jahr 2025) und um mindestens 20% (2030) festgelegt werden.
Eine wirksame Massnahme
Um dieses Ziel erreichen zu können, schlägt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) verschiedene Massnahmen vor. Im Fokus steht dabei die Abschaffung der Toleranzgrenze der 10%-Richtlinie in der Suisse Bilanz. «Zur Zielerreichung gemäss Absenkpfad sind eine Vielzahl von Massnahmen welche ineinandergreifen anzustreben. Die Abschaffung der 10% Toleranzgrenze ist eine mögliche wirksame Massnahme», sagt Florie Marion, Mediensprecherin vom BLW auf Anfrage.
Fällt also in Zukunft die 10%-Toleranzgrenze weg, dürfte es auf vielen Betrieben schwierig werden um die Nährstoffbilanz noch einhalten zu können. Dabei steht vor allem der Tierbestand unter Druck. So ist es nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft einige Betriebe ihren Bestand reduzieren müssten.
Die Dünger Zu- und Wegfuhr steht im Vordergrund
«In der Suisse-Bilanz ist die Anzahl der Düngergrossvieheinheiten (DGVE) nur ein Faktor zur Beeinflussung der Bilanz», hält die Mediensprecherin fest. Dünger Zu- und Wegfuhr (Hofdünger und Mineraldünger), Kulturenwahl sowie Erträge im Acker- und Futterbau seien ebenso wichtige Grössen und können von den Landwirten zur Einhaltung der Düngerbilanz verändert werden.
Kurzfristig stehe aber die Dünger Zu- und Wegfuhr im Vordergrund. Der schweizerische Bauernverband (SBV) hält nicht viel von einer Abschaffung der 10-Prozent-Toleranzregelung: Nährstoffflüsse seien keine exakte Wissenschaft. Eine gewisse Toleranz mache deshalb Sinn. «Die Abschaffung ändert aber wohl nicht viel am Grundproblem. Der SBV plant verschiedene Simulationen, um mehr Klarheit über die Betroffenheit der verschiedenen Betriebstypen und Regionen zu haben», sagt Sandra Helfenstein, Mediensprecherin vom SBV.
Ist das Ziel zu hoch gesteckt?
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ist das Ziel, dass die Landwirtschaft bis in zehn Jahren den Stickstoff- und Phosphorüberschuss um 20% senken muss nicht zu hoch gesteckt? «Der Bundesrat hat hier Zielgrössen ohne eine vertiefte Beurteilung festgelegt, ob und wie diese Ziele effektiv erreicht werden können», sagt Sandra Helfenstein. «Wir gehen davon aus, dass eine Reduktion von 10% bis im Jahr 2025 möglich ist. Wie die weitere Reduktion von 20% bis 2030 gehen soll, erschliesst sich uns nicht», hält sie weiter fest. Auch das BLW konnte bisher dazu nichts sagen. «Offenbar fehlen auch dort Szenarien mit konkreten Massnahmen und ihrem Reduktionspotenzial», so die Mediensprecherin.
Reduktion der Tierbestände unumgänglich
Wenn nicht ausreichend Verbesserungen über technische Massnahmen möglich seien, lasse sich dieses Endziel schlussendlich nur durch eine Reduktion der Tierbestände erreichen. Das führe zum Teil zu einer Verlagerung des Problems ins Ausland, weil man je nach Nachfrage vermehrt tierische Produkte importieren müsse. Nichtsdestotrotz hat der Bundesrat den Absenkpfad am 21. August 2019 im Rahmen seiner Aussprache beschlossen. «So wird der Bundesrat die Botschaft zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik ab 2022 im ersten Quartal 2020 verabschieden. Der Gesetzesentwurf wird dann anschliessend im Parlament behandelt», sagt Florie Marion vom BLW.
Teil des Massnahmenpakets
Seit 1990 haben die Stickstoff- und Phosphorüberschüsse in der Schweiz stark zugenommen und gehen seit 2000 kaum mehr weiter zurück. Mit dem Bericht in Erfüllung des Postulats Bertschy 13. Dezember 2013 (13.4284; natürliche Lebensgrundlagen und ressourceneffiziente Produktion. Aktualisierung der Ziele) hat der Bundesrat aufgezeigt, dass die Ziellücken bei den Umweltzielen Landwirtschaft (UZL) je nach Bereich unterschiedlich gross seien. In den Bereichen Stickstoff- und Phosphorbelastung der Umwelt durch die Landwirtschaft seien seit der Jahrtausendwende kaum mehr Fortschritte erzielt worden. Der Handlungsbedarf sei deshalb nach wie vor gross. «Die Einführung des Absenkpfades mit Zielen für N- und P-Verluste für 2025 und 2030 ist Teil des Massnahmenpaketes zur Trinkwasserinitiative», hält die BLW-Mediensprecherin fest.
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