Herdenschutzesel ist ein Begriff, mit dem Edith und Wolfgang Müller aus Grasswil wenig anfangen können. Ein Fluchttier als Waffe gegen ein Grossraubtier einzusetzen sei widernatürlich, erklären die beiden einhellig. Aber es ist nicht nur der Umstand, dass Esel gegen ihre Natur für eine Aufgabe eingesetzt werden, was Müllers sauer aufstösst, sondern insbesondere auch die Art und Weise, wie die Esel vielerorts gehalten würden, die zum Schutz einer Schafherde dienen. Im Februar luden Eselmüllers, wie sie auch gerne genannt werden, deshalb auf ihren Betrieb nach Grasswil BE. Neben Journalisten waren auch Equidenfachpersonen und der Schweizer Tierschutz zugegen. Den Eseln eine Stimme geben, war Ziel des Anlassen, an dem auch die BauernZeitung teilnahm.

Missstände häufen sich

Immer wieder sind Edith und Wolfgang Müller in all den Jahren ihrer Tätigkeit zugunsten der Esel tierschutzwidrigen Umständen begegnet. Vielfach würden Haltung und Pflege der Esel vernachlässigt, erklären die beiden. Nicht selten würden Herden­schutzesel nach dem Alpabtrieb der zu schützenden Schafherde auch einfach zurückgelassen. Zu tief seien die Anschaffungskosten eines Esels, dass diese wirklich ins Gewicht fallen.

 

Augen zum Flüchten

Eselaugen sitzen seitlich am Kopf. Mit einem kleinen toten Winkel nach vorne und hinten haben sie fast einen Rundumblick. Die Augen vieler Fluchttiere sind so ausgerichtet und erkennen darum auch Angriffe von hinten. Ihre Feinde (Raubtiere) schauen nach vorne. So können sie ihre Beute fokussieren.

Für Eselschützerin Edith Müller geht es gar nicht, Esel für den Herdenschutz zu halten. Mehr dazu im Interview: «Ich mag schon das Wort Herdenschutzsesel nicht»

 

Eine Stiftung für den Esel

Nun haben Edith und Wolfgang Müller zusammen mit weiteren Beteiligten die «Eselmüller-Stiftung» gegründet. Zweck der gemeinnützigen Stiftung sei es, die Würde und das Wohlergehen von Eseln, aber auch anderen Equiden, zu schützen und die art­gerechte Haltung und den verantwortungsbewussten und schonenden Umgang mit Eseln zu fördern. Dieser Zweck soll insbesondere durch den Aufbau eines Netzes von Eselbotschaftern sichergestellt werden. Die Botschafter kommen in tierschutzrelevanten Fällen oder auf Anfrage von Eselhaltern und Tierschutzbehörden unentgeltlich zum Einsatz. In diesem Zusammenhang werde eine enge Zusammenarbeit mit den für Tierschutz zuständigen Behörden und mit Tierschutzorganisationen gepflegt. 

 

Wie wird man Eselbotschafter? 

«Als zukünftiger Eselbotschafter besucht man einen Workshop mit Theorie- und Praxisteil», erklärt Edith Müller. Dazu gehören:

  • Allgemeine Infos zu Haltung und  Fütterung des Esels.
  • Aneignen des Rüstzeugs, eine Eselhaltung nach tierschutzrelevanten Kriterien beurteilen zu können, Verbesserungen anzuregen und bei Verletzung des Tierschutzgesetzes entsprechende Massnahmen einzuleiten.
  • Vertraut machen mit dem Ablauf einer Eselvermittlung sowie Fähigkeit erarbeiten, bei Platzierungen zu helfen.
  • Im Praxisteil wird ein Stall erkundet, um die Anforderungen an einen möglichen Pflege- oder Endplatz beurteilen zu lernen.
  • Besuch des jährlichen Eselbotschafter-Workshops.