Brennt ein Stall, ist das für die betroffene Bauernfamilie eine persönliche Tragödie – insbesondere dann, wenn dabei Tiere verenden. Am Mittwoch vor einer Woche kamen bei einer Feuersbrunst in zwei Schweineställen in Gossau SG laut Polizeiangaben rund 800 Schweine ums Leben.
In der Nacht vom 20. auf den 21. Dezember 2023 kam es zu einem Grossbrand auf einem Betrieb in Bottens VD. Ein junger französischer Mitarbeiter, der auf dem Bauernhof wohnte, starb. Zudem verendeten fast 400 Rinder. Womöglich waren Brandstifter am Werk. Die Waadtländer Polizei nahm Anfang Februar zwei 18-Jährige fest und setzte sie in Untersuchungshaft. Die Untersuchungen laufen noch.
STS spart nicht mit Kritik
Der Schweizer Tierschutz (STS) hat diese beide Brände nun zum Anlass genommen, den Brandschutz in Schweizer Nutztierhaltungen scharf zu kritisieren. Er schreibt in einer Mitteilung vom vergangenen Freitag von «Höllenqualen» und dass jedes Jahr «mehrere hundert Tiere einen grausamen Tod in den Flammen» erleiden würden, «dies seit vielen Jahren».
Möglich seien solche Schicksale, «weil einerseits in immer grösseren Ställen auch immer mehr Tiere gehalten werden» und weil oft auch systemische Mängel vorliegen würden. «Vielfach scheint den Tierhaltern auch bewusst zu sein, dass ihre technischen Anlagen unzureichend sind. Dennoch nehmen sie potenzielle Brände billigend und grob fahrlässig in Kauf», so die harschen Vorwürfe. Aus Sicht des Tierschutzes bestünden seit Jahren in Bezug auf die bautechnischen Vorgaben beim Stallbau und -betrieb «grosse regulatorische und rechtliche Lücken».
Bund oder Kantone?
Für den STS ist klar, dass die Kompetenz zum «Erlass der dringend benötigten Vorschriften für einen wirkungsvollen Brandschutz» beim Bund liegt. Der Bundesrat hingegen hält in seiner Antwort auf ein Postulat von Nationalrätin Anna Giacometti (FDP, GR) fest, dass diese Kompetenz bei den Kantonen liege. «Bund und Kantone schieben sich den Ball hin und her und vergeuden dabei Zeit», meint der STS dazu.
«Sehr bedauerlich»
Die Mitteilung des STS endet mit der Ankündigung, man behalte sich vor, nach Abschluss der feuerpolizeilichen Untersuchung im Brandfall in Gossau SG Klage einzureichen.
Beim Schweizer Bauernverband (SBV) kommt das STS-Communiqué schlecht an. «Wir finden es sehr bedauerlich, dass vermeintliche seriöse Organisationen wie der STS eine billige Kampagne auf Kosten eines Betriebes macht, der Opfer eines Brandes wurde», so die Reaktion von Mediensprecherin Sandra Helfenstein.
«Restrisiko bleibt immer»
Den Vorwurf, Tierhaltende würden Brände billigend in Kauf nehmen, «weisen wir in aller Schärfe zurück», fügt sie an. Die Ställe seien legal erstellt und würden die Brandschutzvorschriften erfüllen. «Bei vielen Bränden ist die Ursache in der elektrischen Installation», so Helfenstein weiter. Diese würde wie bei allen Bauten alle zehn Jahre überprüft und die festgestellten Mängel müssten behoben werden. «Ein Restrisiko bleibt aber immer.»
«Keine Bundeskompetenz»
Die BauernZeitung hat beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) nachgefragt, wie es die Qualität der Brandschutzmassnahmen in der Schweizer Nutztierhaltung und die Verteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen einschätzt. «Brände in landwirtschaftlichen Tierhaltungen können verheerende Folgen haben», antwortet Mediensprecherin Sarah Camenisch. Das BLV begrüsse daher tierspezifische Brandschutzvorschriften.
Die Bundesverfassung sehe jedoch keine Bundeskompetenz zum Erlass von Brandschutzvorschriften vor. «Die Kompetenz zur Regelung des Brandschutzes für Mensch und Tier liegt bei den Kantonen», hält Camenisch fest. Sie verweist darauf, dass Wohneinheit und Ställe häufig im selben Gebäude untergebracht sind. In Anbetracht dessen sei es «nicht zielführend, die Regelungskompetenz für Brandschutzvorschriften zwischen Bund und Kantonen aufzuteilen», so die BLV-Sprecherin.
Kommentar von Redaktorin Jeanne Göllner: Übers Ziel hinausgeschossen
Letzten Freitag sass ich ratlos vor meinen Arbeitslaptop. Vor mir auf dem Bildschirm eine Medienmitteilung des Schweizer Tierschutzes (STS), die mich ernsthaft leer hat schlucken lassen. Der STS kritisiert darin angeblich mangelnde Brandschutzmassnahmen in Schweizer Nutztierställen und geht dabei auch Tierhaltende heftig an. Diese würden potenzielle Brände «billigend» und «grob fahrlässig» in Kauf nehmen, heisst es unter anderem. Zwei Tage zuvor brannten zwei Schweineställe in Gossau. Der betroffene Betrieb verlor 800 Tiere. Ausserdem verweist der STS auf den Brand im Dezember in Bottens in der Waadt. Dass bei diesem Feuer auch ein Mensch ums Leben kam, wird in der Mitteilung mit keinem Wort erwähnt.
Ich bin mittlerweile seit 20 Jahren Journalistin und weiss bestens, dass man mit markigen Worten leichter Aufmerksamkeit generieren kann. Aber in diesem Fall ist der STS für mich übers Ziel hinausgeschossen. Generiert man nur noch mit Ausdrücken wie «Höllenqualen» Spendengelder? Könnte man sich mit Rücksicht auf die Betroffenen nicht etwas zurücknehmen in der Wortwahl? Dazu noch die Ankündigung, man behalte sich vor, nach Abschluss der Untersuchung des Brandes in Gossau allenfalls Klage einzureichen. Billige Polemik und Anzeigen nach Stallbränden, solche Methoden kannte man bislang eher von Tierschutzorganisationen wie Peta und nicht vom bis anhin seriös wirkenden STS.
