Die Swiss Expo, eine der wichtigsten Rinderschauen Europas, steht im Mittelpunkt juristischer und ethischer Diskussionen. Jacques Rey, Präsident des Organisationskomitees der Swiss Expo, wurde von der Genfer Staatsanwaltschaft wegen Misshandlung von Kühen und Behinderung der Strafverfolgung verurteilt. Der Strafbefehl, den die Westschweizer Zeitung «24 heures» publik machte, bringt die Rinderausstellung und deren Organisation in Erklärungsnot.
Strafbefehl wegen Misshandlung
Laut dem Strafbefehl habe Jacques Rey es versäumt, «die Praktiken, die darauf abzielen, das Aussehen der Euter von Kühen künstlich zu verändern, ausreichend zu überwachen». Zu lange Melkintervalle hätten bei den Tieren zu schmerzhaften Euterschwellungen geführt. Zudem habe Rey «übermässig laute Musik» erlaubt, was die Tiere unnötig gestresst habe. Die Genfer Justiz kritisiert darüber hinaus, dass medizinische Berichte, die dem SCAV (Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen) vorgelegt worden seien, nicht seriös dokumentiert wurden.
Die Konsequenzen: eine Geldstrafe von 3000 Franken sowie eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen – verhängt wegen Tierquälerei und Behinderung der Strafverfolgung.
Jacques Rey ist empört
Gegenüber «24 heures» zeigte sich Jacques Rey «verblüfft» über die Entscheidung. Er erklärte: «Ich bin empört. Ich habe sechs professionelle Tierärzte beauftragt, um das Wohlergehen der 700 Kühe im Palexpo zu gewährleisten, und man sagt mir, dass das nicht ausreicht?» Rey kündigte Berufung gegen den Entscheid an.
Die Diskussion ist für Rey jedoch nicht abgeschlossen. Die Beobachtungsstelle für Speziesismus hat eine Petition «gegen die Anwesenheit von Rindern in Palexpo» lanciert. Die Swiss Expo sei laut dieser Organisation eine «Veranstaltung, die ganz der speziesistischen Propaganda gewidmet ist, das hemmungslose Spektakel einer Industrie, die nur den Nutzwert der Existenz von Kühen anerkennt».
Partner unter Zugzwang?
Ein Blick auf die Webseite der Swiss Expo zeigt, dass die Seite «Über uns» nicht mehr verfügbar ist. Aufgelistet sind jedoch weiterhin Hauptpartner wie UFA AG und Swissmilk. Die BauernZeitung hat bei diesen nachgefragt, wie sie das Urteil einschätzen.
Daniel Schmied von der UFA AG erklärt: Man sei bei der UFA ganz klar für das Ausstellen der Tiere, wolle aber jene unterstützen, die das ASR-Reglement auch umsetzen. Auf Nachfrage verweist er zudem auf die Arbeitsgemeinschaft Schweizer Rinderzüchter (ASR).
Boris Beuret von Swissmilk reagiert ähnlich. Er stellt klar: «Wir unterstützen nur Ausstellungen, bei denen uns der Kantonstierarzt im Nachgang an die Ausstellung bestätigt, dass das ASR-Reglement auch umgesetzt wurde.» Beuret ergänzt: «Die Swiss Expo 2024 in Genf haben wir nicht finanziell unterstützt. Es ging im Vorfeld auch gar nie eine Anfrage für ein Sponsoring ein. Das Aufführen unseres Namens ist daher nicht korrekt.»
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Verantwortlichkeit klar
Bei der ASR gibt der Vorsitzende des Geschäftsausschusses Michel Geinoz Auskunft. Gefragt danach, ob das ASR-Reglement in diesem Fall nicht gegriffen habe, erklärt er: «Das ASR-Reglement greift sehr gut. Wir haben das Tierwohl als oberstes Ziel. Das heisst, dass eine positiv kontrollierte Kuh sofort gemolken werden muss. Die Strafe für den Züchter ist die Nicht-Teilnahme am Wettbewerb. Für weitere juristische Verfahren auf Basis der Tierzuchtverordnung ist die ASR aber nicht zuständig, sondern der zuständige Kantonstierarzt.»
Auf die Frage, wie es überhaupt zu solchen Bussen und bedingten Strafen komme, antwortet Michel Geinoz, dass das Tierschutzgesetz und die Tierzuchtverordnung klar im Zuständigkeitsbereich der Behörden seien. Das ASR-Reglement verweise unter Art. 3 wie folgt auf diese Vorgaben: «Alle relevanten gesetzlichen Bestimmungen zur Tierhaltung und zu Tierausstellungen sind jederzeit einzuhalten. Juristische Verfahren sind alleine in der Verantwortung der Behörden.»
Weiter verweist Geinoz auf Art. 6 Bst. q) des Reglements: «Die ASR übermittelt den Ausstellungsbericht sowie das Behandlungsjournal dem Kantonstierarzt des Standortkantons der Ausstellung.»
Zur Frage, wann Züchter und wann das Organisationskomitee verantwortlich seien, erklärt Geinoz: «Der Züchter ist für das Tierwohl seiner Tiere zuständig und das ASR-Reglement regelt auch nur dieses. Das Organisationskomitee ist für das Einhalten des ASR-Reglements zuständig.» Geinoz erklärt aber auch, dass das Vorgehen der Genfer Behörden in diesem Fall neu sei und der Entscheid zuerst rechtskräftig werden müsse. Mit diesem Entscheid werde auch die Verantwortung für die Tierschutzverordnung neu definiert.
Bezüglich der Zusammenarbeit mit dem Kantonstierarzt sagt Geinoz: «Die ASR selbst ist für die Umsetzung des Reglements an der Ausstellung nicht zuständig. Das ist das Organisationskomitee. Dieses muss zusätzlich beim zuständigen Kantonstierarzt eine Ausstellungsbewilligung einholen, in welcher natürlich Massnahmen festgeschrieben werden können, die über das ASR-Reglement hinausgehen.»
Auf die Frage, wer die vor Ort zuständigen Tierärzte beauftrage, antwortet er, dass dies dem Ausstellungs-OK unterliege. «Das OK ist zuständig für die Umsetzung des ASR-Reglements und der in der Bewilligung des Kantonstierarztes vorgeschriebenen Massnahmen. Es bestimmt eine Kontrollkommission, die die Kontrolle durchführt und Sanktionen ergreift.»
Die ASR selbst kontrolliert gemäss Michel Geinoz folgendermassen: «Jede Ausstellung ist verpflichtet, einen Ausstellungsbericht innerhalb von zehn Tagen nach der Ausstellung an die ASR zu senden. Dieser dient als Grundlage der Überwachung des Reglements. Die Aufsichtskommission der ASR kontrolliert pro Jahr mehrere Ausstellungen und erstellt einen Bericht zuhanden des Vorstands, wo Umsetzungs- und Änderungsvorschläge gemacht werden.»
Wie weiter in Genf?
In einer Medienmitteilung vom 27. November 2024 gab das Organisationskomitee bekannt, dass die Swiss Expo 2025 auf Januar 2026 verschoben wird. Grund sei die sanitarische Situation rund um die Blauzungenkrankheit. Das OK kündigte an, im Frühling 2025 erneut über den Stand der Dinge zu informieren. Bislang sind auf der Webseite zu einer nächsten Austragung des Wettbewerbs keine weiteren Informationen mehr veröffentlicht worden.