Der Donner hallt von der Felswand. Ohrenbetäubend starten die F/A-18-Flieger zum Übungsflug. Am Osteingang des Ballenberg-Museums sehen wir direkt zum Militärflugplatz Meiringen. Der idyllische Ort im Berner Oberland, der von der Vergangenheit berichtet, hat gelernt, mit dem Lärm zu leben. Am Südhang direkt gegenüber stehen die ersten Häuser. Wer die Schweiz kennt, weiss, hier hat das Freilichtmuseum das Wallis platziert – Reben und die dunklen Holzhütten verraten es. Der Tag ist noch jung, viele Besucher haben den Weg zum Ballenberg heute noch nicht gefunden.
Seit elf Jahren dabei
Simon Brügger fährt auf seinem blauen Roller daher. Das ist sein Fortbewegungsmittel auf dem 66 ha umfassenden Gelände. Im elften Jahr ist der Landwirt und leidenschaftliche Braunviehzüchter hier Leiter Landwirtschaft. Er erwartet uns neben dem Zirkuswagen, wo ein junger Mann in Maske uns einen Kaffee reicht. Die Restaurants sind Corona-bedingt noch geschlossen, vereinzelt gibt es Take-away. Brügger und sein Team befinden sich in den Abschlussarbeiten eines neu erstellten Stalls mit Auslauf. Alles wird aufwendig in Handarbeit und aus Holz gefertigt. «Wir sind hier im Schaufenster», sagt der Landwirt. «Kommt, ich will euch etwas zeigen», sagt er und fährt langsam mit seinem Roller neben uns her.
Noch zu kalt für die Schweine
«Hier kommen die Muttersauen mit Ferkeln hin», erklärt er und zeigt unterwegs auf ein leeres Gehege. Noch sei es zu kalt. «Früher kamen die Schweine aus der Freilandhaltung der Anstalt Witzwil zu uns. Wegen der Afrikanischen Schweinepest darf dort kein lebendes Schwein mehr vom Betrieb. Wir mussten eine neue Lösung suchen. Nun kommen sie aus einem Stall. Da darf es nicht zu kalt sein, wenn wir sie hierher nehmen, sonst erleben sie einen regelrechten Schock», sagt Brügger.
Mit Schweizer Ursprung
Alle Tiere stammen von verschiedenen Betrieben. Teilweise stellt dies das Freilichtmuseum vor grosse Herausforderungen. Neun verschiedene Rindviehrassen werden präsentiert. Meist sind sie draussen anzutreffen, denn mehrheitlich wird geweidet. Und natürlich müssen sie Hörner tragen. Auch die Holsteinkuh, die zu Hause gemolken wird. «Hier hat sie dann zwei Kälber, wir melken sie nicht, es funktioniert aber einwandfrei», sagt Brügger. Ans Melken sei in den alten Ställen des Ballenbergs nicht zu denken, sagt der Landwirt. Zu kompliziert. «Wir müssen hier die gleichen Anforderungen erfüllen, wie alle anderen Bauernbetriebe auch», sagt er. Stalltechnisch nicht immer ganz einfach. Denn in die alten Häuser, die dem Freilichtmuseum schliesslich seinen Charakter geben, kann nicht einfach ein moderner Laufstall eingebaut werden.
In elf Jahren vier Kontrollen
«Da sind wir», sagt Simon Brügger. Auf dem Holzläger im Innern des Stallgebäudes liegt Werkzeug. Auch hier befindet sich das Team in den Abschlussarbeiten. «In den elf Jahren, seit ich hier bin, hatten wir im letzten Jahr die vierte Kontrolle», sagt Brügger. Dabei habe sich herausgestellt, dass das Läger im Anbindestall der Mutterkühe für die grossen Rassen 2 cm zu kurz sei. Im Gebäude befinden sich auch zwei Abkalbeboxen, alles tierschutzkonform. Simon Brügger weiss, dass nicht nur die Behörden, sondern auch die Besucher ganz genau hinschauen. Das sei anspruchsvoll. Insbesondere zur Haltung und zum Leben der Tiere kämen auch immer wieder Fragen der Besucher(innen). Diese zu beantworten sei etwas, das er gerne macht. Meistens. «Wir spüren eine deutliche Entfremdung der Gesellschaft von der Landwirtschaft», sagt er, aber davon seien alle Bauernbetriebe betroffen.
Bald kommt ein kleiner Ochse
Nebst seiner Anstellung im Ballenberg führt er einen eigenen Bauernbetrieb in Meiringen. Eine seiner Milchkühe weilt derzeit sogar im Freilichtmuseum. Es ist nach dem Besuch bei den Capra-Grigia-Ziegen und den Pferdestallungen, die noch auf deren Bewohner warten, die letzte Station, die uns Brügger zeigt. Die Original Braunviehkuh Alma ist gust und hütet hier einen Ochsen. Der braune Freund des über 1500 kg schweren Simmentalers ist kürzlich neunjährig gestorben. Nun soll bald ein junger Kumpane bei ihm einziehen. Bis dahin hat er Gesellschaft von Brüggers Miss. Denn alleine dürfte er nicht sein. So will es das Tierschutzgesetz, auch im Museum.