Der Webersaal am Plantahof war am Herbstanlass der IG Bio-Weide-Beef vollbesetzt. Das lag nicht an der aktuellen Marktentwicklung, sondern am Nachmittagsprogramm. Der Biologe Marcel Züger sprach über den Wolf (siehe ganz unten).
Mehr Tiere erwünscht
Aber auch am Vormittag gab es trotz der aktuell zufriedenen Preisentwicklung Diskussionen. Thema Nummer eins war die Anzahl Schlachtungen: Geschäftsführer Heinz Herzog rechnet für 2022 mit rund 5400 Tieren. Das ist einiges weniger als in den Vorjahren – dies, obwohl Micarna gerne mehr Tiere hätte und sich 10 Prozent mehr Schlachtungen wünschen würde.
Rückgang Bio-Weide-Beef
Herzog begründete den Rückgang mit den Konkurrenzprogramm Bio-Weide-Rind von Aldi und Lidl. Auch habe Bio Suisse die Richtlinien verschärft. Sommertrockenheit und die Remontenbeschaffung, das sei mancherorts ein Problem. «Es sollten mehr Kälber aus der Milchproduktion im Biokanal bleiben und zu Remonten abgetränkt werden», hielt er fest.
Seitens der Teilnehmer war zu hören, dass die Micarna selbst schuld sei, wenn sie weniger Tiere bekomme. So wünsche die Migrostochter ein Zielgewicht von 260 bis 280 kg in der CH-Tax-Fettkategorie 3. Dafür gibt es Qualitätszuschläge. Liegt man über 300 kg drohen Abzüge.
Remo Ackermann, Geschäftsführer der Silvestri AG, hielt den Produzenten die Stange und plädierte aus Klimaschutzgründen für schwerere Tiere. Er sagte, basierend auf Klimabilanzen, die die Silvestri AG mit der Bio Inspecta für Weidemasttiere rechnet: «Am gleichen Tier mehr Fleisch produzieren ist sinnvoll und nachhaltiger.»
Weidebeitrag in Richtlinie?
Zu reden gab auch der neue Weidebeitrag. Die Migros drängt dazu, diesen in die Richtlinien zu integrieren. Mit dem Weidebeitrag ist vorgesehen, dass 70 Prozent des Tagesbedarfs an Trockensubstanz durch Weidefutter gedeckt werden muss – was auch für bio nicht immer aufgeht, insbesondere wenn seitens der Migros nur leichte Schlachtgewichte erwünscht sind.
Eric Meili meldet sich zu Wort
Weiteren Aufschwung erhielt die Diskussion mit Eric Meili. Der ehemalige FiBL-Berater nahm das Thema Gewicht und Ausmast wieder auf: «Ich begreife die Migros nicht, die weiterhin auf CH-Tax Fettkategorie 3 beharrt und einen Abzug macht für Fettkategorie 4. Mit reiner Weide- beziehungsweise Grasfütterung werden die Tiere schwerer, bis der Ausmastgrad erreicht wird.»
Seine Rinder, die er unter dem Label Meilibeef direkt an die Konsumenten vermarktet, erreichen Fettklasse 4 (ohne Mais und Kraftfutter) und das Fleisch sei hervorragend. Wenn die Tiere wachsen könnten und nicht durch den Markt gebremst würden, sei eine graslandbasierte Weidemast in höchster Qualität laut Meili sehr gut möglich.
Dann nahm Meilis-Label-Hickhack Fahrt auf. Auf Ungnade stiess vor allem der Hype um Suisse-Black-Angus, einem IP-Suisse-Label. Die Tiere werden von der Lucarna in Hinwil geschlachtet und über die Migros (vor allem Migros Aare) verkauft. Bei Swiss Black Angus gäbe es keinen Abzug für Fettklasse 4 und 5. «Es sind keine Biorinder, noch muss man GMF einhalten und die Ausmast kann im Stall erfolgen», sagte Meili – um wie viel tier- und klimafreundlicher sei dafür ein Bio-Weide-Rind – wenn auch höhere Gewichte erwünscht wären.
Seitens Micarna war Dennis Pisoni, Fachspezialist Nachhaltigkeit, vor Ort. Er vermerkte, dass die Fragen während der Diskussionsrunde sehr vielseitig waren. Um einen Aufklärungsbeitrag zu leisten, bot er an, die Fragen an die zuständigen Fachexpertinnen und -experten weiterzuleiten.
Biokunden wandern ab, Aldi und Lidl profitieren
Interessant wäre zu wissen, wie viel Bio-Weiderind Aldi und Lidl vermarkten. Aber Umsatzzahlen geben beide Unternehmen trotz Nachfrage der BauernZeitung nicht heraus. Immerhin so viel gibt Lidl Schweiz bekannt, dass Bio-Weiderind-Produkte rund einen Drittel ihres frischen Rindfleischsortiments ausmachen. Insgesamt profitieren Aldi und Lidl davon, dass die Biokundschaft preissensibler wird. So sei laut der Medienstelle Aldi Suisse bei ihrer Bio-Eigenmarken «retour aux sources» ein enormer Zulauf an Neukunden zu verzeichnen. Auch Lidl spricht von einem deutlich beschleunigten Kundenzuwachs bei den Bioprodukten.
Die Aldi-Suisse-Medienstelle bestätigt, dass interessierte Betriebe herzlich willkommen seien: «Wir freuen uns über jedes weitere Mitglied in unserer «retour aux sources»-Produzentenfamilie.» Auch Lidl Schweiz schreibt, dass das Unternehmen offen sei für Partnerschaften mit neuen Bioproduzenten.
Von Weide- und Wolfzonen
Wölfe seien nicht sentimental und romantisch wie wir Menschen, sagte Marcel Züger am Herbstanlass der IG Bio-Weide-Beef. Es gelte das Recht des Stärkeren. Wölfe sind nicht nur stark, sondern auch schlau und lernfähig. «Wir züchten in unserem Alpenraum eine Art Kulturwolf heran, der sich, ähnlich wie das schon bei den Füchsen der Fall ist, immer mehr im Siedlungsraum aufhalten wird», prophezeit Züger und fordert, dass die flächendeckende Wolfsbesiedlung in der Schweiz zu stoppen sei. Er schlägt drei Massnahmen vor:
- Weidezonen, die wolfsfrei zu halten sind. Dafür sei eine ganzjährige Bejagung nötig.
- Bestandesbegrenzung durch Abschussquoten.
- Wolfszonen, wo sich der Wolf aufhalten dürfe, sofern er sich artgerecht verhalte – also scheu und nachtaktiv sei, und wo es keine Nahbegegnungen mit Menschen gebe. Das sei die rote Linie, werde dies und der Herdenschutz vom Wolf nicht respektiert, seien gezielte Abschüsse nötig.