«Die Grundfunktionen der neuen TVD funktionieren gut», sagt Ursula Herren vom Schweizerischen Ziegenzuchtverband SZZV auf Nachfrage der BauernZeitung am 10. Januar. Die Erstregistrierung, die Geburtsmeldungen sowie das An- und Abmelden von Ziegen funktionieren. Die Probleme liegen im Detail und vor allem beim Datenbezug für das Herdebuch:
- Bisher konnten noch keine Daten aus der TVD Ziegen ins Herdebuch (CapraNet) eingelesen werden. Die Daten wurden zwar von der Identitas angeliefert, wegen uneinheitlichen Datumsformaten und wegen Unvollständigkeit konnten diese Daten aber noch nicht ins CapraNet übernommen werden.
- In der TVD fehlen noch verschiedene Erfassungsfelder wie z.B. «Hornstatus». Zudem stehen noch nicht alle Schweizer Rassen zum Auswählen zur Verfügung.
- Aufgrund von Rückmeldungen von Züchtern wurde klar, dass der Helpdesk von Identitas nicht nur korrekte Auskünfte in Sachen Markierung erteilt. Dies sei wahrscheinlich auf die unterschiedlichen Vorschriften für Schafe und Ziegen zurückzuführen.
- Die Anleitungen auf der Identitas-Website «www.schafeziegen.ch» - zum Beispiel für Geburtsmeldungen oder Zu – und Abgänge – seien erst in deutscher Sprache verfügbar. «Die Seite ist grundsätzlich gut gemacht, aber das Tessin ist der zweitgrösste Ziegenkanton der Schweiz und viele sehr grosse Betriebe sind in französisch-sprachigen Gebieten zu finden», erklärt Ursula Herren die Notwendigkeit von Übersetzungen.
Probleme waren absehbar
Ärgerlich ist die Situation deshalb, weil diese Probleme aufgrund des sportlichen Zeitplans voraussehbar waren. «Die Programmierung für einen automatischen Datenaustausch zwischen TVD und Herdebuch wird nicht vor Frühling fertig sein – dies wurde aber erst im Oktober 2019 bekannt», so Herren. Notgedrungen hat man sich daher vorübergehend auf einen manuellen Austausch geeinigt, der nun noch nicht funktioniert, weil er nicht rechtzeitig vor dem Start der TVD getestet werden konnte.
Zu wenig Hilfsmittel
Christian Aeschlimann vom Schweizerischen Schafzuchtverband (SSZV) hätte sich vor allem mehr Hilfsmittel für die elektronische Erfassung von Schafen in der neuen TVD gewünscht, wie er gegenüber der BauernZeitung sagt. «Heute hat jeder ein Smartphone, aber es gibt keine TVD-App für Schafe. Für Kühe hingegen schon», erklärt er. Zudem hätten Schafe elektronische Ohrenmarken, über die mit einem Lesegerät auch Massenmeldungen möglich sein sollten.
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Zu wenig Praxisbezug
Ein Ärgernis sei zum Beispiel, dass in einem Begleitdokument nur 25 Tiere auf ein Mal abgemeldet werden können. Da fehle bei den zuständigen Stellen scheinbar der vertiefte Bezug zur Praxis. «Ein Betrieb mit 10 GVE hat schnell 90 bis 100 Tiere», gibt Aeschlimann zu bedenken.
Auch auf die Tierliste des Begleitdokuments passen nur 10 Schafe. Der digitale Papierkrieg, wenn gegen 1000 Tiere für die Alp angemeldet werden sollen, ist nicht zumutbar.
Zu Mandaten geraten
Schafhaltern mit wenig Computer-Kenntnissen riet der SSZV bereit im Vorfeld der TVD-Einführung, ein Mandat für die Meldungen zu erstellen. «Diese Option wird oft genutzt. Unverständlich ist es aber schon, dass Schafe und Ziegen ausschliesslich elektronisch erfasst werden können, während Kühe seit Jahren auch brieflich», so Aeschlimann.
Nur wenig politischer Einfluss
Die Anliegen seien platziert und der SSZV habe sich auch früher in der Begleitgruppe der TVD-Einführung auf politischer Ebene eingesetzt. «Der Verband hat aber nur begrenzten Einfluss», meint der Geschäftsführer des SSZV. Nun hoffe man auf eine baldige Behebung der Probleme.
Bund hatte kein Gehör
Der SZZV hatte sich noch im November für einen Aufschub der Einführung der TVD Ziegen auf einen späteren Zeitpunkt eingesetzt, weil absehbar war, dass die erforderlichen Arbeiten für einen reibungslosen Start inklusive Austausch Herdebuch auf den ersten Januar2020 noch nicht abgeschlossen sein würden. Das wurde aber vom Bund abgelehnt.
Gestaffelt wäre besser gewesen
«Viele der heutigen Probleme hätten auch vermieden werden können, wenn die TVD für Schafe und Ziegen nicht gleichzeitig eingeführt worden wäre», fährt Ursula Herren fort. Die Umsetzung und die Kommunikation der unterschiedlichen Anforderungen und Übergangsbestimmungen, wären bei einer getrennten Einführung einfacher gewesen und die Anliegen der einzelnen Gattungen (inklusive deren Herdebücher) hätten besser berücksichtigt werden können. Bei den Schafen habe wegen der Sanierung der Moderhinke mehr Handlungsbedarf für die Einführung der TVD auf Anfang 2020 bestanden.
Keine Papiermeldungen zulässig
Diese Woche gab es Berichte, viele Schaf- und Ziegenhalter hätten technische Probleme, da sie sich den Umgang mit Computern nicht gewohnt seien. Ursula Herren relativiert: «Der Grossteil der Ziegenhalter kommt gut mit der digitalen Erfassung zurecht». Der SZZV habe aber immer gefordert, dass auch Papiermeldungen an die TVD zu ermöglichen seien. So hätte verhindert werden können, dass ältere Personen aus der Zucht gänzlich aussteigen. Schliesslich seien die Meldekarten beim Rindvieh auch zulässig.
Hoffen auf Besserung
«Wir hoffen auf eine rasche Lösung für den korrekten und vollständigen Datenbezug aus der TVD, damit die Daten im CapraNet bald wieder tagesaktuell sind», schliesst Herren. Weiter hofft sie, dass die wichtigen Zusatzangaben für das Herdebuch bald auch über die TVD erfasst und ins CapraNet einfliessen können, damit keine Qualitätseinbussen bei den Herdebuchdaten entstehen.