Immer wieder kommt es zu schweren Unfällen mit Stieren. Das jüngste Beispiel zeigt den Königs-Muni Fors vo dr Lueg der nach einem Zwischenfall mit seinem Betreuer geschlachtet werden musste. Temple Grandin, eine führende US-amerikanische Verhaltensforscherin in der Viehwirtschaft, machte die Beobachtung, dass Zuchtstiere von Milchviehrassen öfter aggressiver werden als Zuchtstiere in Mutterkuhherden. Drei Stierenhalter erzählen, wie sie mit ihren Kolossen im Stall umgehen und wann es doch besser ist, sich von ihnen zu trennen.

Stierenhaltung erfordert viel Erfahrung

Der Umgang mit Stieren erfordert viel Erfahrung, sie sind oftmals unberechenbar und entwickeln eine eigene Dynamik. Zuerst unterwirft der Stier die Herde, dann knöpft er sich den Bauern vor. Auch zutrauliche Stiere, die immer schmusen wollen, können plötzlich verdammt gefährlich werden. «Ein Stier vergisst nie, was man ihm antut», ist Josef Kiser, Viehhändler und BS-Züchter aus Ennetmoos NW, überzeugt.

Kiser weiss, wovon er spricht, hat er doch in seinem Stall schon etliche Stiere grossgezogen. «Man muss als Stierenhalter geboren sein», ist er überzeugt. Mit seinen Schützlingen konnte der Züchter auch schon grosse Erfolge feiern. So auch mit seinem Glenn Marc, der zweimal am Zuchtstierenmarkt in Zug Mister BS wurde. Zudem wurde sein Schützling auch sieben Mal Nidwaldner Kantonssieger. «Marc, der schlussendlich zehn Jahre alt wurde, hatte bis am Schluss einen sehr guten Charakter», so Kiser. Aber auch der liebste Stier könne plötzlich ausrasten. «Man darf sie nie aus den Augen lassen», so der Landwirt.

«Wenn sich das Verhalten verändert, muss man handeln»

Obwohl die Stiere von Kisers immer im Laufstall sind, seien sie handzahm. «Sich mit ihnen abgeben, sie zu tätscheln und mit ihnen zu reden, das ist sehr wichtig für eine gute Bindung», ist er überzeugt. Auch den gleichen Tagesablauf schätzen die Stiere sehr. «Auf Veränderungen reagieren die Vierbeiner oftmals gereizt», sagt der Stierenhalter. Bei der täglichen Arbeit mit ihnen müsse man den Vierbeinern aber von Anfang an klar machen, wer der Chef im Stall sei. «Bis jetzt sind wir mit dieser Strategie gut gefahren, einen grösseren Unfall gab es zum Glück noch nie», so der Züchter.

Da Kisers ihre Stiere auch an anderen Betrieben ausleihen, wissen sie nur zu gut, dass ein Betriebswechsel doch bei einigen Stieren gewisse Verhaltensänderungen mit sich bringt. «Immer wenn sie zurückkommen, frage ich sie ‹und, wie war es dort?›», sagt Kiser und lacht im Wissen, dass sie ihn nicht verstehen würden. Werde ein Stier aber böse, komme fast immer das gleiche Muster zum Vorschein. Wenn die Stiere Hörner haben, werden diese eingesetzt. Bei den hornlosen komme oft der Kopf zum Einsatz. Aber auch für Kiser ist klar: «Wenn sich das Verhalten des Stieres verändert, muss man handeln. Da nützt es nichts, abzuwarten, ob er wieder der ‹Alte› wird.»

Je älter, desto gefährlicher

Auch die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) weist mit Merkblättern darauf hin, wann ein Stier gefährlich werden kann. Wissenschaftliche Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass Stiere mit zunehmendem Alter immer territorialer und unsozialer werden und sich weniger gut auf wechselnde Bedingungen oder Betreuungspersonen einlassen können.

 

Wie andere mit Stieren umgehen

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