Es ist auffällig still in der Montagefabrik für DeLaval-Melkroboter. Nicht etwa, weil hier nicht gearbeitet würde. Die rund 100 × 120 Meter grosse, taghell beleuchtete Halle ist voll mit DeLaval-Mitarbeitenden, die in blauer Arbeitskleidung mit leuchtend neongelben Streifen Melkroboter montieren. In regelmässigen Abständen durchbricht das Surren ihrer Montage-Akkuschrauber die Stille der Fertigungshalle.
Die Produktion läuft im 30-Minuten-Takt
«Keine Fotos in der Fabrik», sagt Syamend AlAli, Werkleiter Montage. Gemeinsam mit weiteren Mitarbeitern führt er unsere Besuchergruppe durch die Fertigung. Zum ersten Mal erhalten Journalistinnen und Journalisten auf Einladung Einblick in die Fabrik im schwedischen Tumba, rund 30 km südlich von Stockholm. Hier montiert DeLaval sein Flaggschiff: den VMS V300, Modell 2025.
Die Fertigung des Melkroboters erfolgt im Ein-Schicht-Betrieb an verschiedenen Stationen. Vorgefertigt werden die Bauteile in einem Werk in Polen, anschliessend gelangen sie via Transport nach Schweden. In Tumba kommen sie zunächst in ein Zwischenlager, das gleich an die Montage angrenzt. Hier entnehmen Arbeiter die Teile und verladen sie auf autonome Transportroboter. Diese surren lautlos wie in einem Science-Fiction-Film über den glänzenden Hallenboden und versorgen die einzelnen Stationen mit Material – konstant und ohne Unterbruch.
Taktgeber des ganzen Prozesses ist ein Countdown. Aufgehängte Digitalanzeigen zählen im 30-Minuten-Takt die Zeit herunter. Bei 0 angelangt, müssen die Arbeiter sämtliche Arbeitsschritte am Posten erledigt haben. Anschliessend rollt der Roboter zur nächsten Station weiter. Alle 30 Minuten entsteht so ein fertig montierter Melkroboter. Bei einer Achtstundenschicht ergibt das theoretisch 16 Einheiten pro Tag – hochgerechnet 80 pro Woche bei einer Fünftagewoche. Genaue Zahlen nennt DeLaval nicht. «Betriebsgeheimnis», sagt Syamend AlAli. Man wolle der Konkurrenz keine Einblicke geben.
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Beeindruckende Marktzahlen
«Welche Farbe steht bei dir im Stall – Rot oder Blau?», lautet eine häufig gestellte Frage unter Schweizer Milchbauern. Sie steht bezeichnend für die weltweite Marktmacht von DeLaval. Mit seinen blauen Maschinen und Robotern gehört das schwedische Unternehmen zu einem der zwei führenden Anbieter im Bereich Melktechnik und Stalleinrichtungen.
Die Unternehmenszahlen beeindrucken: DeLaval wurde 1883 gegründet, beschäftigt weltweit rund 4800 Mitarbeiter, betreibt 18 Fabriken und Verteilzentren und erzielte 2024 einen Umsatz von über 1,3 Milliarden Euro. In über 100 Ländern setzen Landwirte die Maschinen und Roboter der Schweden ein.
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Das Unternehmen DeLaval setzt auf vier Kernbereiche
Das Unternehmen nennt vier Kernbereiche, in denen Landwirte mit Herausforderungen kämpfen:
- Lebensmittelsicherheit: Steigende Anforderungen an Qualität, Rückverfolgbarkeit, Transparenz und Hygienestandards.
- Arbeitseffizienz: Der Mangel an qualifiziertem Personal, steigende Arbeitskosten und zunehmende Anforderungen an die Arbeitsqualität.
- Tierwohl: Ein hohes Mass an Tiergesundheit, Langlebigkeit, Vorbeugung von Krankheiten, Reduktion des Antibiotikaeinsatzes und gleichzeitig eine stabile Milchleistung.
- Rentabilität: Volatile Preise für Milch und Futter sowie hohe Betriebskosten drücken auf die Wertschöpfung.
In jedem dieser Bereiche investiert DeLaval und entwickelt Produkte sowie technische Lösungen weiter. Der weltweite Wettbewerb mit anderen Herstellern macht diese Innovationsarbeit unerlässlich.
Melkvorgänge sollen schonender und konstanter sein
Bei Präsentationen am Hauptsitz zeigt unter anderem Jonas Hällman, Executive Vice President Europa, Mittlerer Osten & Afrika, welche Ergebnisse diese Entwicklung bereits erzielt hat. So hat DeLaval im April 2024 den weiterentwickelten Melkroboter VMS V300, Modell 2025, der Öffentlichkeit vorgestellt. Neben einer grösseren Box, die den Kuhkomfort erhöhen soll, ist der Roboter mit einer neuen Technologie ausgestattet: dem sogenannten Flow-responsive Milking.
Diese Funktion soll laut DeLaval einen neuen Standard im Robotermelken setzen. Dabei wird ein konstantes, voreingestelltes Vakuum an der Zitzenspitze aufrechterhalten. Das Resultat ist ein schonenderer und gleichzeitig schnellerer Melkvorgang – im Durchschnitt soll das Melken 30 Sekunden schneller abgeschlossen werden. Ein weiterer Vorteil: Alle VMS-V300-Modelle lassen sich nachrüsten und arbeiten danach laut Herstellerangaben rund 5 % effizienter.
«Das bringt einen echten Mehrwert.»
Jonas Hällman über die Kombination von Biosensoren und künstlicher Intelligenz.
Krankheiten wie etwa Mastitis frühzeitig erkennen
Auch im Bereich der künstlichen Intelligenz bietet DeLaval neue Anwendungen an. Dazu gehört unter anderem die DeLaval-Plus-Verhaltensanalyse. Zahlreiche Sensoren – vom Roboter bis zum im Kuhohr platzierten Aktivitätssensor – sammeln Daten, die von einer KI ausgewertet werden. Diese läuft bei DeLaval unter dem Namen Deep-Blue. Die Software erkennt bereits bekannte Muster wie Brunstverhalten, soll aber künftig auch Krankheiten wie etwa Mastitis erkennen, bevor sie bei der Kuh überhaupt erst ausbrechen.
«Wir haben viel Aufwand in die Entwicklung dieser hochpräziser Biosensoren gesteckt. In Kombination mit unserer KI bringt das einen echten Mehrwert für die Betriebe», sagt Jonas Hällman im Gespräch mit der BauernZeitung. Jeder Landwirt entscheide letztlich selbst, in welchem Ausmass er die Technik einsetzen möchte.
Ein Stall für die Milchkuh, der gleichzeitig Besuchzentrum ist
Das volle Programm an neuer Technologie und Möglichkeiten zeigt DeLaval bei der Besichtigung der neu gebauten Erweiterung des Versuchsbetriebs Hamra Farm. Die Erweiterung mit einer Fläche von 12 000 Quadratmetern umfasst drei neue Ställe: einen Trockensteher- und Kälberstall, einen Jungviehstall und – als Prunkstück – einen VMS-Stall, der gleichzeitig als Besucherzentrum dient.
Der VMS-Stall verfügt über vier DeLaval VMS V310 und einen VMS V300 Melkroboter. «Voll belegt bietet er Platz für 350 Kühe. Bisher sind wir bei 180 Tieren und bauen die Herde auf», sagt Johan Bjurevall im Besucherzentrum. Dieses liegt inmitten des neuen Stalls. Der Besucher blickt durch eine Glasfront hinaus in den hell erleuchteten Milchviehstall, der mit seiner Höhe fast an eine Kathedrale erinnert.
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Baupläne und Kostenübersicht in einer Zeitkapsel verwahrt
Wie in der Fabrik surren hier beinahe lautlos Roboter ihrer Arbeit nach. Ein Einstreuroboter fährt auf einer Schiene und verteilt Sägemehl in die Liegeboxen. Elektrische Mistroboter ziehen mit ausgebreiteten Armen wie Strandkrabben ihre Kreise in den Laufgängen. Dazwischen sind die 12 000-er bis 20 000-er Holstein-Kühe: Sie liegen in den Buchten, fressen Silage am Fressgang oder Kraftfutter aus einer der 15 Kraftfutterstationen, oder sie laufen zu einem der Melkroboter.
Diese befinden sich unter dem Besucherzentrum. Durch eingelassene Fenster sieht man von oben, wie die Kühe anstehen und gemolken werden. Von der Seite lässt sich der Ablauf über einen der fünf grossen LED-Bildschirme beobachten.
Wie teuer der neue Stall war, möchte Johan Bjurevall beim Rundgang nicht sagen. Wie auch in der Fabrik hält man sich bei DeLaval mit Zahlen zurück. Nur so viel: In einer Zeitkapsel beim Eingang wurden Baupläne und Kostenaufstellungen hinterlegt – geöffnet werden soll sie in 100 Jahren.
Bis dahin dürfte sich einiges verändert haben. Die Technik wird sich weiterentwickeln, die Anforderungen an die Milchviehhaltung ebenso. Was nach Aussagen von DeLaval bleibt: Im Zentrum soll der Landwirt stehen – mit mehr Flexibilität und besserer Unterstützung im Alltag.
Die Reise zur Eröffnung der Hamra Farm wurde von DeLaval organisiert und finanziert.
