Sie galten vor 50 Jahren als die Simmentalerstiere der Zukunft: Fez und Diamant. Der Max-Sohn Fez Kreuzweg wurde gezüchtet von Hans Klötzli aus der Holzmühle bei Hindelbank im Kanton Bern. 1972 geboren, war Fez einer der ersten Simmentalerstiere, der über die künstliche Besamung eingesetzt wurde. Fez, der massige reine Simmentalerstier, war bekannt für seine hohe Milchleistung und seine schöne Eutervererbung.
Milchleistungen über 7000 kg erreicht
Seine Mutter, die Aelpler-Saanen-Tochter Fink, war mit 55 55 98 punktiert und hatte schon vor 50 Jahren Leistungen von über 7000 kg. Mit ihrem Sohn hatte sie der Reinzucht gute Dienste getan. Denn Fez entpuppte sich nicht nur als Kuh-, sondern auch als Stiermacher. Sein berühmtester Sohn war sicher der Stier Kanis aus der Zucht der Familie Michel aus dem bernischen Bönigen. Geboren 1980, wurde Kanis vom damaligen Sire Analyst Hansueli von Steiger und dem Landwirt Jakob Jaggi aus Reichenbach im Kandertal entdeckt. Wie es früher noch üblich war, reiste auch immer ein sogenannter «Delegierter» beim Ankauf der Stierkälbern mit. Die Mutter von Kanis, Dolder Susi, stand damals in der gezielten Paarung und auch sie war mit dem Maximum von 98 punktiert. Leistungsmässig gehörte sie in den 80er-Jahren sicher nicht zu den besten Simmentalerkühen. In neun Laktationen erreichte Susi einen Durchschnitt von 5455 kg Milch.
Gute Gene und viel Milch weitervererbt
Trotzdem konnte Dolder Susi über ihren Sohn Kanis ihre wertvollen Gene weitergeben. Denn Kanis gehörte in den 80er-Jahren zu den besten Simmentalerstieren im KB-Angebot. Kanis vererbte zu seiner Zeit viel Milch und ein starkes Exterieur. Er hatte am Schluss über 6000 Töchter im Nachzuchtprüfungsresultat. Auch heute noch, 40 Jahre später, bietet Kanis den guten Milchzuchtwert von −193 kg. Auch Samen gab es von Kanis noch sehr lange. Die letzte Besamung mit ihm wurde noch letztes Jahr durchgeführt. Fez wie auch sein Sohn Kanis gehörten seinerzeit auch zur Exterieurelite. Kanis wurde mit 55 97 und Fez sogar mit der Höchstnote von 55 98 punktiert. Ein direkter Kanis-Sohn war zum Beispiel der reine Simmentalerstier Cianti, der über die künstliche Besamung erhältlich war.
Der Kuhmacher schlechthin
Kanis war der Kuhmacher schlechthin und hatte viele berühmte Töchter hinterlassen, welche für die Reinzucht unentbehrlich waren. Die bekannteste unter ihnen war sicher Floquine von Gilbert Christen aus Cheseaux-Noréaz im Waadtland. Floquine, geboren 1988, war seinerzeit der Simmentalerzucht weit voraus. Punktiert mit 55 45 97 und Leistungen von über 11 800 kg Milch, gehörte diese Kanis-Tochter einer anderen Liga an. Floquine, welche aus der bekannten Stierenmutter Renzo Finette stammte, erreichte in ihrer Karriere nicht nur eine Lebensleistung von über 100 000 kg Milch, sondern stellte mit ihrer Nachzucht auch ein imposantes Imperium dar.
Geglückter Embryotransfer mit Wicki
Floquine kalbte nicht nur natürlich ab, sondern es wurde mit ihr auch einmal ein Embryotransfer durchgeführt, und zwar mit dem Stier Wicki. Wicki war ein Condor-Sohn (Condor wurde übrigens auch von der Familie Christen gezüchtet), aus einer Aelpler-Diamant-Tochter, der auch stark über die künstliche Besamung eingesetzt wurde. Die Anpaarung Floquine×Wicki war buchstäblich ein Volltreffer: Sieben Nachkommen (vier Kuh- und drei Stierkälber) wurden daraus geboren. Die Söhne waren vielleicht nicht das Mass aller Dinge, dafür umso mehr die Töchter. Die bekannteste unter ihnen war Wicki Fiona. Fast 80 000 kg Lebensleistung und mit 55 55 98 punktiert. Fiona wurde Miss Schöneuter an der Swiss-Expo und nahm ebenfalls an der Reinzuchtausstellung teil. Fiona wurde auch die Mutter der legendären Aelpler Fleur.
Die grosse Schausiegerin reiht sich in die Familientradition ein
Aelpler Fleur, die grosse Schausiegerin, holte unter anderem auch zwei Mal an der Swiss-Expo den Championtitel. Sie führte auch die Familientradition weiter: Eine Lebensleistung von über 100 000 kg, eine Maximalnote von 98 Punkten und eine grosse Nachzucht. Man denke hier nur schon an ihre Tochter Christen Nineron Frivole, die 2013 an der Swiss-Expo auch Miss Simmental wurde. Eine weitere berühmte Kanis-Tochter, die aber in der Red-Holstein- und Swiss-Fleckvieh-Zucht für Furore sorgte, hiess Aloma von Hans Wüthrich aus dem emmentalischen Trub. Aloma, 1987 geboren, führte als Erstlingskuh die Nachzuchtgruppe ihres Vaters Kanis an und hatte damals eine grosse Fangemeinde.
Nicht nur die Schönheit überzeugt, auch die Leistung
Aloma war nicht nur schön, (55 55 98 und EX-92), sondern auch leistungsstark. Über ihren Sohn Caveman Katino mit Jahrgang 1991, der seinerzeit auch an der Frühlingsmesse BEA in Bern ausgestellt war, hatte Aloma der heutigen Swiss-Fleckvieh-Zucht einen starken Stierenvater geliefert. Mit 65 % RH-Blut war Katino der ideale Anpaarungspartner, um der Kreuzungszucht wieder vermehrt die Bemuskelung zurückzubringen. So wurde Katino der Vater der bekannten SF-Stiere Kata, Orient und Puk. Aber nicht nur Fez, sondern auch Diamant Palézieux, der 1965 geboren wurde, gehörte zu Beginn der künstlichen Besamung zu den schönsten Simmentalerstieren. Im KB-Katalog fiel Diamant damals durch seine Masse und Bemuskelung auf. Sein schönes Exterieur blieb auch bei den Reinzüchtern nicht unbemerkt, nur die langen Zitzen, die er vererbte, waren gefürchtet. Diamant wurde von der Familie Sonnay aus Les Tavernes in der Waadt gezüchtet. Die Mutter von Diamant hiess Desiree, eine Admiral-Tochter, welche schon in den 60er-Jahren über 6000 kg Milch gab. Eine berühmte Tochter von Diamant hiess Kroni von der Familie Hirt aus dem zürcherischen Steinmaur.
Die Aufhängung leidet am dem zweiten Kalb
Die 97-punktige Kroni hatte eine Lebensleistung von über 80 000 kg Milch und war die Mutter des vieleingesetzten KB-Stieres Kleiber. Der Simmentalerstier Kleiber, dessen Vater der bekannte Faro war, triumphierte mit viel Milch. Noch heute hat er einen Milchzuchtwert von +16 kg. Die Markenzeichen seiner Töchter waren die guten Typeigenschaften. Die Euter waren als Erstlingskühe noch gut, litten aber oftmals nach dem zweiten Kalb, wegen der hohen Einsatzleistungen, in der Aufhängung. Kleiber war aber imstande, der Reinzucht einen ordentlichen Schuss Milch zu verabreichen, was damals nötig war. Am Ende seiner Karriere hatte er gegen 3000 Töchter im Nachzuchtresultat. Leider konnte keiner seiner Söhne in seine Fussstapfen treten.
Daraus gab es Fiston
Eine weitere Diamant-Tochter hiess Fürst, sie war mit 43 43 92 punktiert und hatte Leistungen von bis zu 6100 kg Milch. Fürst stand auch in gezielter Paarung, und zwar mit dem Stier Fez. Aus dieser Anpaarung ging dann der Simmentalerstier Fiston hervor, der auch stark über die KB im Einsatz stand. Eine seiner Töchter, Fiston Fichte, von der Familie Allenbach im Berner Oberländerdorf Adelboden, wurde die Mutter des Stieres Remo Fleuron. Fleuron Adelboden wurde unter anderem der Vater des Stieres Sollrüti Niklas. Der Simmentalerstier Niklas ist auch der Vater des bekannten Stieres Fels von Ulrich Grossen aus Frutigen, ebenfalls Berner Oberland. Fels ist aktuell über die KB erhältlich und vererbt unter anderem gute Euter und Zitzen.
Eines haben sie gemeinsam: die Vaterlinie
Auch die Simmentalerstiere Rafaele, Fabbio, Flavio, Horizont, Mont-Blanc und Burlan haben etwas gemeinsam: Sie stammen alle aus der Vaterlinie von Fleuron Adelboden ab. Dessen Abstammung über Ueli Murzelen eben auf den legendären Diamant Palézieux zurückgeht. Eigentlich führt Fleuron Adelboden einen doppelten Schuss Diamant-Blut in sich. Denn nicht nur über seine Vaterlinie, sondern wie erwähnt auch mütterlicherseits, über den Stier Fiston.
Schöne Stiere waren gefragt
Fez Kreuzweg und Diamant Palézieux haben also der Simmentalerrasse nachhaltig einen grossen Dienst erwiesen. Hätte es diese zwei Stiere nicht gegeben, wäre die Reinzucht jetzt um ein paar wertvolle Linien ärmer. Nicht nur wegen ihrer Abstammung, sondern auch wegen ihres Aussehens wurden Diamant und Fez sehr stark eingesetzt. Denn vor der Nachzuchtprüfung waren wohlgebaute und schöne Stiere gefragt. Seit der künstlichen Besamung und der genomischen Selektion ist das Exterieur eines Stieres in den Hintergrund geraten. Denn das Aussehen eines Stierkalbes gibt noch keinen Hinweis auf die Leistungsbereitschaft seiner Töchter. Aber die künstliche Besamung hat auch der Reinzucht einen grossen Dienst erwiesen. Denn gute, nachzuchtgeprüfte Stiere, sind heute viel breiter einsetzbar als früher, als diese nur über den Natursprung verfügbar waren.