Im Jahr 1971 fand im freiburgischen Bulle die erste Milchviehausstellung unter dem Namen «Expo Bulle» statt. Das Hauptziel der 1971 gegründeten kantonalen Viehschau war es, die Entwicklung der Freiburger Schwarzfleckviehzucht nach den erfolgten Einkreuzungen mit Holsteinblut aus Kanada zu zeigen. 80 Kühe der Schwarzfleckvieh- und 140 Kühe der Rotfleckviehrassen wurden damals in der alten Markthalle ausgestellt. Die züchterische Entwicklung im Kanton Freiburg löste damals schweizweit grosse Begeisterung aus. Freiburg wurde ab da zu einem Exportkanton von hochwertigen Zuchttieren.

Druck von der Basis

Als der Bundesrat in der Mitte der Sechzigerjahre Spermaimporte aus Übersee für die Holsteinrasse erlaubte und die künstliche Besamung freigab, ging es mit der Kreuzungszucht im Kanton Freiburg rasch vorwärts. Entstanden sind leistungsfähige, elegante Holsteinkühe. Die Freiburger Zweinutzungskuh wurde durch die Einkreuzung mehr und mehr verdrängt. Lediglich die Freiburger Farbe Schwarz-Weiss – wie im Kantonswappen – ist geblieben. Die Erfolge der Holsteinzüchter weckten bei den Rotfleckviehzüchtern Begehrlichkeiten. Sie mussten sich aber noch gedulden, bis es auch ihnen ermöglicht wurden, Sperma von Red-Holstein-Stieren zu importieren. Der Druck der Züchterbasis auf die Verbände und Behörden wurde immer grösser. Es kam, wie zuvor bei den Schwarzflecken, auch zu illegalen Handlungen. Erst gegen Beginn der Siebzigerjahre erlaubten die Behörden den eingeschriebenen Züchtern erste Besamungen mit Red-Holstein-Stieren. Anfänglich durfte man aber nur eine bestimmte Anzahl Tiere damit besamen.

Hochgesteckte Ziele

Die erfreuliche Situation der Kreuzungszucht veranlasste die Verantwortlichen der Freiburger Viehzucht dazu, eine Plattform für die Durchführung der grossen Milchviehausstellungen zu entwickeln. Ziel derselben sollte die weitere Entwicklung sein, damit Freiburg als Vorreiter in der Kreuzungszucht Bekanntheitsgrad erlangen und sich als Anbieter von hochwertigen Zuchttieren positionieren konnte.

Im Jahr 1974 rangierte der erste ausländische Richter aus Kanada die ausgestellten Tiere an der Expo Bulle. An dieser Veranstaltung wurden zum ersten Mal auch trächtige Holsteinrinder versteigert. Drei Jahre später wurden Kühe der Simmentaler- und Red-Holstein-Rasse versteigert. Die erste nationale Ausstellung für Holsteiner mit Kühen aus acht Kantonen wurde 1986 durchgeführt. 1991 wurde die Expo Bulle für Züchter aus der ganzen Schweiz geöffnet. 1996 war der Braunviehzuchtverband Ehrengast. Bei den hohen Zielsetzungen wurde den Verantwortlichen der Expo Bulle rasch klar, dass die vorhandenen Markthallen den Ansprüchen der künftigen Expo nicht mehr genügen können. Als 1997 und 1998 die Bauarbeiten für das heutige Gebäude Espace Gruyère abliefen, wurden die Ausstellungen in Provisorien durchgeführt.

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Für ein gemeinsames Werk

Wie von Jacques Chavaz, dem ehemaligen Direktor des Holsteinzuchtverbands und später stellvertretenden Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft, zu erfahren war, konnte der Espace Gruyère nur dank der Zusammenarbeit dreier Partner gebaut werden, darunter der kantonalen Zuchtverband (mit Expo Bulle und dem Zuchtstiermarkt). «Der Kanton hat damals die Promotoren mit Ideen und finanziell unterstützt», sagt Chavaz. Die Baukosten beliefen sich auf insgesamt zirka 10 Mio Franken.

Im Jahre 1999 fand dann die erste Expo Bulle im neuen Espace Gruyère statt. Das Gebäude verfügt über die spezifische Infrastruktur, die für die Durchführung von Landwirtschaftsveranstaltungen, Märkten und Messen erforderlich ist. So fand die Ausstellung zum 100-jährigen Bestehen des Schweizerischen Holsteinzuchtverbands auch mit einer Ausstellung von Holstein- und Red-Holstein-Rindern statt. Gleichzeitig wurde beschlossen, die nationale Ausstellungen für beide Rassen jährlich durchzuführen. 2013 fiel die Expo Bulle wegen der Europameisterschaft der Holstein- und Red-Holstein-Kühe in Freiburg aus; ebenso 2017 wegen der BVD-Seuche und 2020/21 wegen Corona. 2022 ging dann die erste nationale Ausstellung der Rasse Swiss Fleckvieh über die Bühne.

Einen guten Ruf

Die erste Veranstaltung in Bulle wurde vom kantonalen Amt für Landwirtschaft in Zusammenarbeit mit den beiden kantonalen Zuchtverbänden organisiert. Am Zustandekommen war sogar die kanadische Botschaft interessiert. Die Milchviehausstellungen in Bulle haben einen guten Ruf, schweizweit und auch international. Tausende interessierte Züchter besuchten in den letzten 50 Jahren die Ausstellungen in Bulle mit der Auszeichnung der Siegertiere. Seit vier Jahren werden auch Tiere der Rasse Swiss Fleckvieh mit grossem Erfolg präsentiert. Auswärtige Züchter hatten Gelegenheit, sich mit Züchterkollegen auszutauschen und konnten Einblicke in ihre Tierbestände gewinnen. Die Verkäufe von hochwertigen Zuchttieren verhalfen den Züchtern, das Einkommen zu verbessern. Dass sich auch auswärtige Züchter, die im Kanton Freiburg hochwertige Zuchttiere kauften, dank der generellen Zuchtfortschritte wie der Linearen Beurteilung oder der genomische Zuchtwertschätzung zu Fachkennern und Spezialisten entwickelten, kann man aus den Siegerlisten der Ausstellungen entnehmen. Immer mehr tauchen bei Siegertieren Namen von auswärtigen Mitbesitzern auf.

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Der Zuchtfortschritt hält an

Dass der Zuchtfortschritt anhält, ist dem Fachwissen der Züchterinnen und Züchter zuzuschreiben. Dabei geht es nicht nur um Genetik. Hinzu kommen auch andere Kriterien wie Management, Fütterung, Haltung oder Tierwohl. Es geht also nicht mehr nur um die Milchleistung, sondern ebenso sehr um die Gesundheit und Langlebigkeit der Tiere. An der Jubiläumsfeier zum 50-jährigen Bestehen der Expo Bulle vom 27. März 2025 unterstrich der Staatsrat Didier Castella die überlegene Rolle der Freiburger Viehzucht. OK-Präsident Patrick Rüttimann, Hohenrain LU, freute sich am Erfolg der Jubiläumsausgabe mit mehr Tieren und mehr Besuchern. Seit Jahren ist der Kanton Freiburg deshalb bekannt für seine hervorragende Tierzucht. Züchter aus der ganzen Schweiz und dem Ausland treffen sich an Wettbewerben wie dem Zuchtstiermarkt, der Milchviehausstellung oder der Junior Expo und haben dabei Gelegenheit, Kontakte zu Ausstellern zu pflegen. Während in früheren Jahren Richter aus dem Ausland die ausgestellten Tiere rangierten, kommen in den letzten Jahren vermehrt einheimische Richter zum Zuge. «Ich bin gerührt, eine derart grosse Ausstellung jurieren zu dürfen», sagte der Freiburger Richter Dominique Pharisa im Anschluss an die diesjährige Expo 2025.

Freiburger Schwarzfleckviehrasse am Ende
Die Tiere der Freiburger Schwarzfleckviehrasse waren muskulös, aber nicht so produktiv. Mit der Verbesserung der Rasse liebäugelte man schon nach den Kriegsjahren. Innerhalb des kleinen Zuchtgebietes verbreitete sich vermehrt die Inzucht.

Der Erbfehler (Schlittenkälber) war insbesondere auf den Stier Mouton, Sâles, zurückzuführen. Auch mit den Anfang der Fünfzigerjahre aus Ostfriesland importierten Stieren Albert und Ali wurde man nicht glücklich. Aus diesen Einkreuzungen gingen zahlreiche zwergwüchsige Tiere hervor. Die Tierzuchtverordnung von 1958 war ein grosser Rückschlag für die Rasse, weil darin die Einhaltung der Rassenzonen gefordert wurde, was die Inzucht noch förderte. Ausgelöst durch die chaotischen Zustände mit all den illegalen Importen hob der Bundesrat Mitte der Sechzigerjahre die Rassengebiete wieder auf. Die Schwarzflecken mussten in allen Kantonen anerkannt werden. Ebenso wurden die Spermaimporte und die künstliche Besamung erlaubt.

Der Berner Oberländer Fritz von Allmen, der lange Zeit in Kanada gelebt hatte, überzeugte die Verbandsverantwortlichen des Schwarzfleckviehs zu einem ersten Samenimport und unterstützte sie bei der Stierenauswahl. Die wichtige Zeit der Holsteinisierung prägten die Präsidenten Félix Dupasquier und Jean Savary sowie der Geschäftsführer Roland Singy.