Antonia Ruckli ist Schweineproduzentin, Postdoktorandin und seit diesem Frühjahr Vorstandsmitglied der Suisseporcs Zentralschweiz. Seit bald drei Jahren führt die 32-Jährige den elterlichen Betrieb Sonnenhof in Sulz bei Hitzkirch, hoch über dem Baldeggersee, gemeinsam mit ihrem jüngeren Bruder Gabriel. Der berufliche Werdegang von Antonia Ruckli nahm seinen Anfang mit dem Gymi in Beromünster, an der ETH in Zürich studierte sie dann Agrarwissenschaften, mit einem Austauschjahr in Wageningen (Holland) und Doktorarbeit in Wien zum Abschluss.
Nachhaltige Schweinehaltung
Die Masterarbeit konnte sie sogleich auf dem Betrieb umsetzen, Thema war das Gruppensäugen mit Laktationsrausche. Die Doktorarbeit hat sie in einem europäischen Projekt über nachhaltige Schweinehaltung gemacht, mit Datenerhebungen in sieben Ländern. Der Fokus lag auf der Bewertung des Tierwohls und der Auswirkungen der Schweinehaltung auf die Umwelt. Ergebnis war ein Tool, womit Landwirte ihre Nachhaltigkeit evaluieren können.
Aktuell arbeitet Antonia Ruckli vier Tage die Woche im Zentrum für tiergerechte Haltung (BLV/Agroscope) im Homeoffice oder in Posieux FR und betreut hauptsächlich Forschungsarbeiten rund um die Tierhaltung. «In der Früh und freitags und am Wochenende bin ich auf dem Betrieb», erzählt sie. Auf dem Hof würden aber keine Arbeitsstunden aufgeschrieben.
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Unkompliziert hilft
Der Vater arbeitet ebenfalls auf dem Betrieb mit. Den Anstoss, dass zwei Nachkommen den Betrieb gemeinsam übernehmen, gab auf dem Sonnenhof die Corona-Zeit. Plötzlich waren wieder alle auf dem Betrieb vereint. «Und es funktionierte», so die Agronomin mit einem Lächeln. Das auswärtige Einkommen von Antonia kommt vollumfänglich auf das gemeinsame Betriebskonto. Monatlich zahlen sich die beiden Inhaber den gleichen Lohn aus. Eine einfache und faire Lösung, findet Antonia Ruckli. Es brauche ein gewisses Mass an Unkompliziertheit bei einer solchen Zusammenarbeit. Wichtiges sei vertraglich geregelt.
Schweine und Ackerbau
Auf dem 24-ha-Betrieb auf rund 800 m ü. M. mit viel Ackerbau, vor allem Futtergetreide für die Schweine, ist die Mastferkelproduktion der Hauptbetriebszweig. Dies seit 2003, als die Milchwirtschaft aufgegeben wurde. 120 Sauen werden in einem Aktivstall mit Tiefstreufläche und Auslauf gehalten und produzieren Mastjager (siehe Kasten) für den Verkauf. Die Nachzucht wird bereits im Jageralter von einem Berufskollegen zugekauft und mit 160 kg in die Grossgruppe integriert. Hohes Tierwohl und trotzdem wirtschaftlich – produziert wird nach IP-Suisse – dies fasziniert Antonia Ruckli.
Die Sauen bekommen eine TMR auf den Boden vorgesetzt, damit sie den ganzen Tag fressen und ihr natürliches Fressverhalten befriedigen können. Auch das Kraftfutter wird mit der eigenen Mühle hergestellt, ausser für die Ferkel. Low Cost ist das Motto auf dem Betrieb. Die Systeme entwickeln sie selber – quasi von der Wissenschaft in die Praxis. Sie setzen auf Haltungssysteme, «die viel Tierwohl bieten und gleichzeitig arbeitswirtschaftlich einfach funktionieren und Freude bei der Arbeit machen», so die Betriebsleiterin. Und Nachhaltigkeit sei mehr als Ökologie, dazu gehörten Tierwohl, Wirtschaftlichkeit des Betriebes und die Lebensqualität der Menschen auf dem Hof.
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Zurück aufs Land
Dass sie einst Agronomie studieren würde und gar den elterlichen Betrieb übernimmt, war zu Gymi-Zeiten noch kein Thema. Da waren die Fingernägel lang und die Absätze an den Schuhen hoch, erzählt sie mit einem Schmunzeln. Und Antonia Ruckli interessierte sich vorerst eher für ein Medizinstudium. Von der Grossstadt Wien zurück auf den Hof in Sulz sei schon ein ziemlicher Tapetenwechsel gewesen. Ab und zu müsse sie ein wenig Ausbrechen vom Landleben und geht etwa zum Tanzen nach Zürich oder Luzern. Dazu sei der Betrieb praktisch zentral gelegen. Joggen oder ein Ausritt auf den eigenen Islandpferden sind weitere Freizeitaktivitäten.
«Wichtiges ist vertraglich geregelt.»
Antonia Ruckli übernahm den Betrieb gemeinsam mit ihrem Bruder Gabriel.
Ein Lebensentscheid
Sie und ihr Bruder seien ein super Team, man ergänze sich gut. Antonia Ruckli kennt viele Tierhaltungen europaweit und hat den Blick von aussen. «Grundsätzlich machen alle drei alle Arbeiten im Stall.» So müssten an den Wochenenden auch nicht alle drei in den Stall und jeder sei ersetzbar. Ihre Lieblingsarbeiten sind im Abferkelstall, aber auch das Rauswaschen von Ställen mache Freude. Man sei flexibel innerhalb der Familie, was sie schätze. «Einen Betrieb zu übernehmen ist ein Lebensentscheid.» Risiken teilen und Ideen gemeinsam entwickeln auf dem Hof sind Motivation.
Und was in 30 Jahren sei, wisse niemand. Stimmen müssen es im Moment und mittelfristig. Und das tut es.
Fünf Fragen
Welches Ihrer Talente kennt man nicht?
Salsa tanzen.
Wen würden Sie zu einer vierköpfigen Diskussionsrunde einladen?
Christine Leeb (Universität für Bodenkultur, Wien), Mirjam Holinger (FiBL), Alexandra Harlander (Universität Guelph, Kanada), Davide Bochicchio (CREA, Bologna, Italien).
Welche Region möchten Sie unbedingt noch bereisen?
Südamerika.
Welchen Posten würden Sie keinesfalls übernehmen?
… sag niemals nie.
Welches Kompliment würde Sie besonders freuen?
Schweineflüsterin.
Gruppensäuge-System mit Laktationsrausche
- Die Sauen (F1) aus dem CH-Zuchtprogramm ferkeln in Einzelbuchten ab (7 m²). Davon gibt es 26 auf dem Betrieb.
- Nach rund 25 Tagen kommen die Muttertiere mit Ferkeln jeweils zu viert in eine Bucht zum Gruppensäugen.
- Dort gehen die Sauen noch während der fünften Säugezeitwoche tagsüber zum Eber. Nach einer Woche kommen sie so in die Rausche und verbleiben nach der Belegung wieder den ganzen Tag bei den Ferkeln.
- Sämtliche Sauen werden von zwei Duroc-Ebern und einem Edelschwein (Premo) per Natursprung gedeckt.
- Die Säugezeit beträgt rund acht Wochen.
- In der anschliessenden grossen Galtsauengruppe läuft wegen allfälligen Umrauschern auch ein Eber mit.