Die Verabreichung von Antibiotika kann Resistenzen fördern. Dadurch verlieren sie ihre Wirkung. «Deshalb ist es wichtig, dass Antibiotika richtig eingesetzt werden», schreibt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Eine antibiotikafreie Tierhaltung sei allerdings dabei nicht das Ziel, «denn Tiere können selbst bei bester Haltung an einer bakteriellen Infektion erkranken und haben grundsätzlich Anrecht auf eine korrekte Behandlung», so das BLV.

Politischer Druck

Der politische Druck auf einen Rückgang dieser Behandlungen mit Antibiotika ist gross. Auch im Text der Trinkwasser-Initiative, die am 13. Juni an der Urne scheiterte, war ein Abschnitt den Antibiotika gewidmet. «Der Bund schliesst Landwirtschaftsbetriebe von Direktzahlungen aus, die Antibiotika in der Tierhaltung prophylaktisch einsetzen oder deren Produktionssystem einen regelmässigen Einsatz von Antibiotika nötig macht», wurde darin gefordert. Immer wieder wird das Thema auch medial bearbeitet. Die Branche hat reagiert und die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Innert zehn Jahren (2009 bis 2019) wurde der Antibiotikaeinsatz im veterinärmedizinischen Bereich um 54 % reduziert. Beim Einsatz von Reserveantibiotika konnte im Bereich der Veterinärmedizin gar eine Reduktion von 70 % erwirkt werden.

Resistenzen nehmen zu

Die Antibiotikaresistenzen in der Humanmedizin nehmen zu. Allgemein wird davon ausgegangen, dass ein Zusammenhang mit dem Einsatz in der Tiermedizin besteht. Das ist auch der Grund, weshalb ein Antibiotika-Monitoring gefordert wurde. «Die Veterinärmedizin hat ihre Aufgabe gemacht», sagt Xaver Sidler, Abteilungsleiter Schweinemedizin von der Vetsuisse-Fakultät, Departement für Nutztiere in Zürich. Er war vergangene Woche zu Gast an der Delegiertenversammlung des Kälbergesundheitsdiensts. Während der Experte von über 50 % Rückgang im Bereich Veterinärmedizin berichten konnte, teilte er mit, dass in der gleichen Zeit der Antibiotikaverbrauch in der Humanmedizin um 13 % angestiegen ist. Und Corona dürfte daran wenig ändern. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass bis zu 15 % aller Covid-19-Patienten mit einem schweren Krankheitsverlauf zusätzlich eine bakterielle Koinfektion entwickeln und auf Antibiotika angewiesen sein könnten. Tatsächlich erhalten aber 75 % aller Covid-19-Patienten Antibiotika. Wie Xaver Sidler ausführt, zeigen die Zahlen, dass rund 2/3 der Resistenzen in der Humanmedizin hausgemacht und daher nicht auf den Einsatz von Antibiotika in der Veterinärmedizin zurückzuführen seien.

Viel ist nicht schlecht

Dennoch werden in der Tierhaltung weitere Anstrengungen unternommen. «Antibiotika-Reduktion ist im Gesundheitsprogramm der Treiber für Innovation», sagt Xaver Sidler. Bei den Schweinen würden 4 % der Betriebe rund 29 % der gesamten Antibiotika verbrauchen. Hier stehen darum auch vermehrt risikobasierte Kontrollen an. Aber Sidler gab auch zu bedenken, dass diese sogenannten Vielverbraucher nicht einfach «schlechte Betriebe» sind. «Was ist nun besser? Ein Betrieb mit einem hohen Antibiotika-Einsatz und einer tiefer Mortalität? Oder eben einer, der wenig braucht, dafür viele tote Tiere zu verzeichnen hat?», fragte Sidler und wies darauf hin, dass auch im Bereich der Biosicherheit vermehrt Anstrengungen zu unternehmen seien. Denn diese sei in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt worden, wie er meint und nannte das Beispiel der Tierärzte, die von Betrieb zu Betrieb fahren und dadurch auch zur Verbreitung von Krankheiten beitragen können.