«Ich habe ein Kalb, das ständig den Urin der anderen trinkt. Hat das irgendeinen Mangel? Was kann ich dagegen tun?» Kürzlich wurde in einer bäuerlichen Facebook-Gruppe über das Phänomen harnsaufender Kälber und mögliche Gründe dafür diskutiert. Fragt man das Internet, stolpert man über die Antwort, dass diese Frage nicht so einfach zu beantworten sei, weil die definitiven Ursachen nicht vollständig geklärt seien.

Begriff abgrenzen

Die BauernZeitung fragte beim Kälbergesundheitsdienst nach: «Man muss den Begriff zunächst abgrenzen», sagt Geschäftsführer und Tierarzt Martin Kaske. So könne es sein, dass Kälber beim gegenseitigen Besaugen direkt Harn aufnehmen – dann sei die fehlende Befriedigung des Saugbedürfnisses der Tiere ursächlich.

Fütterungsbedingte Ursachen abklären

Es gebe aber auch Kälber, die gezielt zu einer Urinlache gehen und dort trinken. Häufig lecken die Tiere auch intensiv an Wänden und Stalleinrichtungen. Eine reine Verhaltensstörung sei das nicht: «Man geht schon davon aus, dass sie etwas suchen.»

Zunächst gelte es, fütterungsbedingte Ursachen abzuklären. Hier stehe vor allem die Wasserversorgung hinsichtlich Qualität und Quantität im Fokus, man müsse aber auch an die Verfügbarkeit von Viehsalz und Spurenelementen denken.

«Bei einer Lecksucht saugen und knabbern Rinder alles Mögliche an»

Martin Kaske

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Stress und Langeweile

Aber auch Stress, Langeweile und eine zu knappe Rohfaserversorgung könnten eine Ursache sein, zum Beispiel wegen hohen Tierbestands, knapper Platzverhältnisse und schlechter Ausweichmöglichkeiten. «Bei einer derartigen Lecksucht saugen und knabbern Rinder alles Mögliche an», erklärt Martin Kaske. Auch im Zusammenhang mit einem Kupfermangel würde dieses Phänomen beobachtet. «An einen alleinigen Mangel an Kochsalz als Ursache glaube ich hingegen nicht.»

Sicher müsse man die Verfügbarkeit von Spurenelementen über das Mineralfutter sicherstellen und dafür sorgen, dass die Tiere Zugang zu einem Salzleckstein hätten.

Wie viele Tiere zeigen das Verhalten?

Darüber hinaus gelte es, die spezifische Situation auf dem Betrieb zu beurteilen: «Der Tierarzt wird sicher schauen, ob nur einzelne Tiere das Verhalten zeigen oder mehrere, ob das Verhalten sporadisch vorkommt oder verbreitet. Dann sollte man das Problem eigentlich in den Griff bekommen. Ich kenne aber auch Betriebe, wo sich eine nachhaltige Lösung des Problems als sehr schwierig erwiesen hat.»