«In einer Strommangellage könnte in unserer Gemeinde schnell die Wasserversorgung aussteigen», meint Franz Meier. Der Landwirt aus Märstetten TG hat seinen Betrieb vor etwa drei Jahren auf einen längeren Ausfall der Stromversorgung vorbereitet, einen grösseren Zapfwellengenerator angeschafft und die elektrische Installation auf dem Hof mit einem Netztrennschalter ausgerüstet. «Mir war damals klar geworden, dass ich ohne Strom mit meinen rund 80 Muttersauen und 40 Milchkühen ein Riesenproblem hätte», so seine Begründung. Nun habe er aber gemerkt, dass auch das Wasser zum Problem werden könnte.

Trinkwasser von unterschiedlicher Herkunft

«Unsere Gemeinde bezieht den Grossteil des Wassers aus dem Grundwasservorkommen im Thurtal, nur ein kleiner Teil davon ist Quellwasser», weiss der ehemalige Gemeinderat. Wie stark eine lokale Wasserversorgung auf Strom angewiesen ist, hängt nach Auskunft des Schweizerischen Vereins des Gas- und Wasserfaches (SVGW) von der Herkunft des Trinkwassers ab: «Fliesst Quellwasser ohne Pumpleistung in das Reservoir und ist keine Aufbereitung nötig, braucht es keinen Strom», erläutert Christos Bräunle, Leiter Kommunikation beim SVGW. Anders sehe es aus, wenn Rohwasser gepumpt und aufbereitet werden muss. «Dann sind teilweise grosse Strommengen nötig».

Wasser fliesst auch ohne Strom aus der Leitung

Versorgungen brauchen aber nicht permanent Strom, fährt Bräunle fort, sondern fördern Wasser in der Regel nachts, wenn die elektrische Energie günstig ist. Das gelte auch für die energieintensive Aufbereitung. Bei einem Stromausfall könnten diese Arbeiten zeitversetzt werden, weshalb ein kurzzeitiger Ausfall keinen Einfluss auf die Versorgung habe. «Für die Verteilung des Wassers an End- und Zwischenabnehmer ist kein Strom notwendig, das Trinkwasser fliesst über das natürliche Gefälle an die Entnahmestellen.»

Notstrom ist keine allgemeingültige Lösung

«Panik ist nicht angezeigt» Empfehlungen des Schweizer Bauernverbands zur drohenden Strommangellage Friday, 23. September 2022 Der Bundesrat schliesst nach wie vor nicht aus, dass es im bevorstehenden Winter zu einer Strommangellage kommt. Dann sei es grundsätzlich Sache der Kantone, die Trinkwasserversorgung sicherzustellen und dafür gebe es auch für alle Versorgungen entsprechende Massnahmenpläne. «Die mögliche Strommangellage beschäftigt natürlich auch die Wasserversorger», versichert man beim SVGW. Angesichts der Unterschiede sei eine Notstromversorgung aber keine für alle passende Lösung.

In einer Strommangellage ist die Abstimmung von Wasserversorgern mit hohem Energiebedarf mit ihrem Stromversorger sowie gegebenenfalls der Einsatz von Notstromaggregaten vorgesehen. «Die Versorgung der Bevölkerung und auch die Versorgung von Nutztieren mit Trinkwasser hat für alle Versorger oberste Priorität», ergänzt Christos Bräunle. Kein Strom bedeute aber nicht automatisch kein Wasser, hält der SVGW fest: Der Strom müsse über Tage ausfallen, bevor es auch die Trinkwasserversorgung täte.  

Bauernverband ist im Gespräch mit Wasserversorgern

Als Massnahme in einer Strommangellage nennt der Bundesrat u.a. rollierende Abschaltungen des Stromnetzes für maximal vier Stunden. Wie stark Landwirtschaftsbetriebe via einen Ausfall der Wasserversorgung betroffen sein könnten, ist unterschiedlich. «Gerade in Schweineställen, wo es vielfach keine Tröge, sondern nur noch Tränkenippel gibt, wäre das Versorgen der Tiere ohne Wasser aus dem Leitungsnetz praktisch unmöglich», gibt Franz Meier zu bedenken.

Je länger die Wasserversorgung ausfällt, desto problematischer, ist man sich beim Schweizer Bauernverband (SBV) bewusst. Wenn die Tränkesysteme nach maximal vier Stunden ohne Strom und Wasser wieder laufen, könnten die Schäden aber tief gehalten werden, schätzt Hannah von Ballmoos, Leiterin Energie und Umwelt beim SBV. Man sei im Austausch mit dem SVGW und erwarte, dass die Wasserversorger mögliche Risiken im Voraus bedenken sowie sich entsprechend ausrüsten, damit die Wasserversorgung gewährleistet ist.

Notstrom auch fürs Löschwasser

Bereits in seiner Zeit als Gemeinderat von Märstetten hat Franz Meier die Installation eines grossen Zapfwellengenerators zur Bedienung der Grundwasserpumpe vorangetrieben, der nun die Versorgung auch in einer Krise sicherstellen soll. «So kann auch die Löschwassersicherheit der Gemeinde aufrechterhalten werden», fügt Meier hinzu. Anderen Landwirten würde er raten, über die Wasserversorgung des eigenen Betriebs nachzudenken und Kontakt zu ihrer Gemeinde aufzunehmen.

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Wassertanks als Vorbereitung

Der SGVW empfiehlt Betriebsleitenden als Vorbereitung, sich mit dem Wasserversoger zu besprechen und wenn möglich einen Trinkwasser-Notvorrat für den Tierbestand bereit zu halten. Denkbar sei ausserdem, den Zeitpunkt für den Wasserbezug abzustimmen oder die Möglichkeiten für eine Kontingentierung auszuloten. Generelle Aussagen seien aber auch hier nicht sinnvoll, da die Ausgangslage sich jeweils unterscheidet.

Die Speicherung in einem Wassertank nennt auch der SBV als Möglichkeit zur Vorbereitung auf die Folgen einer Strommangellage auf die Wasserversorgung. «Jedoch darf es dann nicht zu kalt sein, damit das Wasser nicht gefriert», sagt Hannah von Ballmoos. Je nach Betriebstyp und Einrichtung müssten Massnahmen anders aussehen. «In jedem Fall muss eine Strom- bzw. Wasserknappheit so gut wie möglich vermieden werden».