Wer seine genomischen Zuchtwerte berechnen lassen will, kann beim Rindvieh-Zuchtverband über die Onlineplattformen einen Auftrag erfassen. Anschliessend wird dem Landwirt oder der Landwirtin eine Haarkarte zugestellt.

Für die Genotypisierung benötigt man Körperzellen mit Erbinformationen. Diese Erbinformationen sind in den Haarwurzeln vorhanden. Haare alleine bestehen aus toten Haarzellen und enthalten deshalb keine Erbinformation mehr.

Gewebeprobe vom Ohr

In die Haarkarte werden zirka 50 bis 100 Haare hineingeklebt. Die Haare sollten beim sauberen Schwanz gegen die Wuchsrichtung ausgerissen werden. Das saubere Arbeiten dabei ist wichtig, da verschmutzte Proben nicht analysiert werden können.

Eine weitere Möglichkeit ist das Beschaffen der Erbinformationen mithilfe einer Stanzohrenmarke. Mit der Zange wird eine Gewebeprobe entnommen, die ebenfalls die gewünschten Informationen enthält. Mit der beigelegten Luftpolstertasche kann die Probe eingesendet werden. Die dafür notwendigen Ohrmarken können über die Tierverkehrsdatenbank der Identitas AG bestellt werden. Für diese Ohrmarken wird eine spezielle Zange benötigt.

Daten aus dem Erbgut

Über die genaue Lage und die Wirkung der Gene ist bis heute wenig bekannt. Deshalb werden im Erbgut die SNPs untersucht. SNPs (Single Nucleotid Polymorphisms) sind Unterschiede zwischen zwei Tieren an einer vorgegebenen Position im Erbgut. Dabei werden die Tiere aufgrund ihrer Erscheinungsform gruppiert, zum Beispiel hohe und tiefe Milchleistung.

Bei diesen zwei Gruppen werden dann die SNPs untersucht, um festzustellen, ob sich verschiedene Genregionen im Erbgut zwischen diesen zwei Gruppen unterscheiden. Die SNPs können nicht direkt Auskunft zu einer Erbinformation geben. Aber gewisse SNPs liegen nahe an Genen und werden mit diesen Erbgutabschnitten weitergegeben.

Durch die SNPs können Informationen aus dem Erbgut in einem grossen Umfang ausgewertet werden. Im Erbgut sind sehr viel SNPs enthalten und diese sind über das gesamte Erbgut verteilt.

Für die Genotypisierung werden Chips mit verschiedenen Anzahl SNPs verwendet. Für jeden SNP gibt es einen definierten Bereich auf dem Chip. Dieser sendet je nach Ausprägung des SNPs ein Farbsignal. Dadurch kann die Typisierung des Tieres abgelesen werden. SNPs, die bei den unterschiedlichen Chips typisiert werden, stimmen nicht vollständig überein. So sind bei einem 50k- und einem 80k-Chip nur etwa 28 000 SNPs identisch.

Bis zu 75 Prozent Sicherheit

Bei genomischen Zuchtwerten werden vorhandene Leistungsdaten von genotypisierten Kühen und Stieren als Referenz verwendet. Dabei werden die Leistungsunterschiede der Tiere mit den unterschiedlichen SNPs gegenübergestellt. Für jeden Unterschied im Erbgut wird ein Wert aufgrund der Referenztiere berechnet. Wie genau dieser berechnete Zuchtwert ist, wird mit dem der Sicherheit (S %) bzw. dem Bestimmtheitsmass (B %) angegeben. Je höher der Wert, desto genauer gibt der Zuchtwert die Erbinformationen vom Tier wieder. Je mehr Daten von guter Qualität vorhanden sind, desto genauer kann ein Zuchtwert berechnet werden.

Beim Abstammungszuchtwert (A) werden die Hälfte vom Zuchtwert des Vaters und die Hälfte des Zuchtwerts der Mutter zusammengerechnet. Dieser Zuchtwert ist sehr ungenau und hat deshalb nur eine Sicherheit von 30 bis 40 %. Wird ein Tier genotypisiert, wird der Abstammungszuchtwert mit dem genomischen Zuchtwert kombiniert. Durch mehr Daten ergibt dies eine höhere Sicherheit von 50 bis 75 %. Welche Informationen zur Schätzung des Zuchtwerts verwendet wurden, kann oberhalb der Zuchtwerte aus der Codierung entnommen werden.

Nutzen der Genotypisierung

Mit der Genotypisierung hat man schon früh im Leben des Kalbes einen genaueren Zuchtwert für die Selektion, Feststellen von Erbfehlern sowie gezieltere Anpaarung bei der ersten Besamung. Dies ist für Betriebe vorteilhaft, die mehr Zuchtanpaarungen vornehmen, als sie für die eigene Nachzucht benötigen, und deshalb viel Jung- oder Nutzvieh verkaufen. Es bedingt jedoch einer Typisierung aller Kälber, um einen gleichwertigen Selektionsentscheid treffen zu können.

Die Kosten für die Genotypisierung liegen zwischen zirka 20 und 100 Franken je nach Art der Mitgliedschaft beim Zuchtverband und der gewünschten Chipgrösse.

Ob dies im Einzelfall interessant genug ist, sollte gut geklärt werden. Spannend ist aber sicher der Gedanke, dass so eine gezieltere Selektion und ein damit verbunden schnellerer Zuchtfortschritt möglich wären.