Wenn man unter Berufskollegen über die Milchviehfütterung spricht, fallen oft Begriffe wie Rationszusammensetzungen, Energiegehalte, Weideanteile und Kraftfuttermengen. Oftmals gerät das «Futtermittel Nummer Eins» etwas in den Hintergrund.

Dabei handelt es sich selbstverständlich um das Wasser. Denn eine uneingeschränkte Verfügbarkeit von qualitativ einwandfreiem Wasser ist eine Grundvoraussetzung für Tiergesundheit, Leistung und Wirtschaftlichkeit. Eine schlechte Wasserqualität kann ausserdem gesundheitliche Probleme wie die Verschlechterung der Eutergesundheit, Fruchtbarkeitsstörungen oder Darmerkrankungen hervorrufen.

Wasser ist wichtig für den Stoffwechsel und Umwandlung von Nährstoffen

Doch für was braucht das Rindvieh Wasser? Wasser ist an vielen lebensnotwendigen Prozessen im Körper beteiligt. Es spielt beispielsweise bei der Verdauung, beim Stoffwechsel, bei der Umwandlung und beim Transport von Nährstoffen innerhalb des Körpers eine wichtige Rolle. Aus­serdem benötigt ein Organismus Wasser für die Kot- und Harnausscheidung oder für die Regulation der Körpertemperatur. Ohne Wasser findet also weder die Erhaltung des Organismus noch Leistung in Form von Wachstum oder Milchproduktion statt.

Jungtiere brauchen ab dem ersten Lebenstag Wasser

Bereits den Jüngsten im Stall muss ab dem ersten Lebenstag einwandfreies Wasser zur Verfügung gestellt werden. Und dies nicht ohne Grund. Kälber, die freien Zugang zu Wasser genies­sen, trinken nicht weniger Milch, haben einen besseren Tageszuwachs und weniger Durchfall als andere Kälber.

Der Grund ist einfach. Wird das Tränkeangebot auf zwei Möglichkeiten pro Tag beschränkt, haben die Kälber gros­sen Durst und trinken die Milchration schnell und hastig, was vermehrt zu Verdauungsproblemen wie Durchfall führen kann. Zusätzlich fördert Wasser den Verzehr von festen Futtermitteln wie Heu, was eine optimale Entwicklung der Mägen begünstigt. Wichtig ist auch hier, dass das Wasser von einwandfreier Qualität ist und die Tränken oder Wasserbehälter regelmässig gereinigt werden. Die gleichen Vorteile einer optimalen Wasserversorgung bleiben auch in der Aufzucht von Rindvieh bestehen.

Fütterung beeinflusst Wasseraufnahme

Wie bereits erwähnt, wird Wasser für viele Stoffwechselvorgänge und die Erhaltung des Körpers benötigt. Doch wovon ist die benötigte Wassermenge abhängig? Einerseits vom Körpergewicht und vom Alter. Jüngere Tiere haben im Verhältnis einen höheren Wasserbedarf. Relevanter für die Milchviehhaltung ist der Einfluss der Fütterung, des Leistungsniveaus und der Umgebungstemperatur. Die Fütterung beeinflusst die Wasseraufnahme aufgrund des TS-Gehalts der Ration. Tiere, die an einer trockenen Ration (Heubetriebe) gefüttert werden, müssen zusätzlich mehr Wasser aufnehmen als Tiere, die überwiegend mit Silage gefüttert werden.

Wasserbedarf steigt mit Milchleistung

Zusätzlich steigt der Bedarf an Wasser aufgrund der Milchleistung. Pro Kilogramm produzierter Milch müssen ungefähr vier bis fünf Liter Wasser aufgenommen werden. Zu guter Letzt beeinflusst die Umgebungstemperatur die Wasseraufnahme. Bei höheren Temperaturen verliert die Kuh mehr Wasser durch Schwitzen. Dieses Wasser muss dem Organismus wieder zugeführt werden. Durch das Zusammenspielen dieser Faktoren kann der Tagesbedarf an Wasser bis auf 200 Liter ansteigen. Einen guten Überblick über die verschiedenen Einflüsse und den geschätzten Wasserbedarf liefert die Übersicht aus der Datensammlung Milchvieh von Beede (1992; siehe Tabelle).

  kg Körpergewicht 5°C 15°C 28°C
Kalb

90

180

8

14

9

17

13

23

Jungvieh

360

545

24

34

30

41

40

55

Galtkuh 630 37 46 62

Milchkuh, Milchleistung pro Tag

9

27

36

45

46

84

103

122

55

99

121

143

68

104

147

174

Geschätzter Wasserbedarf in Liter nach Umgebungstemperatur. (Quelle Datensammlung Milchvieh 2015; Original Beede 1992)

Wasser in Trinkwasserqualität wird verlangt

Um die Wasserzufuhr auf hohem Niveau zu halten, ist eine hohe Wasserqualität unerlässlich. Gemäss der Verordnung über die Hygiene bei der Milchproduktion (VHyMP) wird Trinkwasserqualität verlangt. Wird das Wasser vom öffentlichen Leitungsnetz bezogen, sollte das Wasser in der Regel den Vorschriften entsprechen. Wird das Wasser beispielsweise von einer privaten Quelle bezogen, gilt es, dieses Wasser regelmässig auf die Trinkwasserqualität zu überprüfen. Das Wasser soll klar sein und frei von Beigeschmack oder Geruch. Dies könnte die Wasseraufnahme negativ beeinflussen.

Für zugängliche Wasserflächen sorgen

Neben der Qualität des Wassers stellt auch das Angebot einen wichtigen Punkt dar. Grundsätzlich mögen Kühe frei zugängliche Wasserflächen, aus denen sie viel Wasser in kurzer Zeit aufnehmen können. Ausserdem nehmen Kühe Wasser gerne zusammen mit Artgenossinnen auf, was eine möglichst breite Tränke voraussetzt. Und auch für die rangniedrigen Tiere ist zu sorgen. Wasser sollte immer an mehreren Stellen im Stall angeboten werden. So kann ein rangniedriges Tier auch mal den anderen aus-weichen.

Fazit

Durch ein optimales Angebot von Wasser einwandfreier Qualität beugen Sie also gesundheitlichen Störungen in der Herde vor, ermöglichen den Jungtieren eine optimale Entwicklung und verbessern das Tierwohl. Wird nicht an den Tränken gespart, danken es Ihnen die Kühe mit einer besseren Leistungsbereitschaft.