Trotz dem kalten Winterwetter läuft der Grossraumventilator im Stall der Familie Arnold in Bürglen UR beim Besuch der BauernZeitung. Es ist zwar kein Zugwind feststellbar, doch warm und gemütlich fühlt sich anders an. Die Kälber scheinen dieses Stallklima mit viel frischer Luft aber als angenehm zu empfinden, entspannt liegen sie in ihren Liegeboxen.
Seit 30 Jahren Kälbermäster
25 Mastkälber von 70 bis 230 Kilogramm stehen im Stall von Betriebsleiter Alois Arnold-Fassbind. «Viel frische Luft, eine intensive Tierbeobachtung und der direkte Kälberankauf aus dem Geburtsbetrieb sind für mich die wichtigsten Erfolgsfaktoren in der Kälbermast», erklärt der 58-Jährige. Seit bald 30 Jahren mästet er Kälber. Bei der Stallarbeit wird er von seiner ganzen Familie unterstützt, wodurch er auch seine verschiedenen politischen Mandate ausüben kann.
Das familieneigene Stallteam besteht mittlerweile bereits aus den drei Generationen Fini und Alois Arnold, Veronika und Christian Arnold und dem zweijährigen Jungbauer Samuel. Die mittlere Generation wird den Zweistufenbetrieb auf Anfang 2024 übernehmen. Mehrstufige Höfe sind bei den Urner Bauern keine Seltenheit. Speziell ist eher, dass das Vieh der Familie Arnold nur einmal pro Jahr zwischen den Betriebsstandorten gezügelt wird. Anfang Sommer werden, bis auf ein paar Kälber, alle Tiere vom Talbetrieb aus auf Alpen von anderen Landwirten transportiert. Rund drei Tiere gehen als Melkkühe auf den Urnerboden, die restlichen Kühe werden trockengestellt und verbringen die Sommermonate zusammen mit dem Jungvieh auf der Alp Fiseten.
Die Familie selber bleibt auf dem Heimbetrieb Obriedenmatte in Bürglen. Ist der Alpsommer vorbei, geht das Vieh direkt auf das Bergheimet auf dem Haldi, wo auch die beiden Familien bis etwa Mitte Februar wohnen. Ist der Grossteil des Futters verfüttert, zügeln Mensch und Tier wieder nach Bürglen.
Saisonal abkalben bringt Vorteile
Die Milchkühe der Arnolds kalben saisonal von Ende August bis in den Oktober hinein ab. Das bedingt, dass die Braunviehrinder bereits mit 24 Monaten abkalben. Das funktioniere gut. «Wir geben den Erstmelktieren dafür eine etwas längere Galtzeit, wo sie sich noch weiterentwickeln können», erklärt Alois Arnold. Die etwas längere Trockensteherzeit habe zudem einen positiven Einfluss auf die Eutergesundheit. Die Saisonalität bedinge aber, dass im Herbst genügend Tränker eingestallt werden können. «Wir arbeiten schon seit Jahren mit mehreren grösseren Milchviehbetrieben aus dem Kanton Zug zusammen, von welchen wir Kälber zukaufen können», so Alois Arnold weiter.
Hohe Milchpulverpreise verteuern Produktionskosten
Im Bergkanton Uri sei es um diese Jahreszeit nicht möglich, ausreichend Tiere zu finden. Anders sehe das im Vorwinter aus, wo die Mehrzahl der Urner Kühe abkalben. Im Moment bestehe auf dem Tränkermarkt eher ein Überangebot. Die aktuell hohen Milchpulverpreise würden die Kälbermast, insbesondere die Lohnmast, weniger interessant machen. Zudem hätten infolge des Preiseinbruchs während der Coronazeit einige Kälbermäster auf die Verkehrsmilchproduktion umgestellt, erklärt Christian Arnold, der in einem 80-Prozent-Pensum als Betriebsberater arbeitet. «Hat ein Mäster einmal auf die Verkehrsmilchproduktion umgestellt, findet dieser infolge der getätigten Investitionen selten wieder zur Kälbermast zurück.»
[IMG 2]
Viel messen und wägen
Bis auf die Kleinsten werden alle Mastkälber in Liegeboxen gehalten. Dieses System benötige viel weniger Stroh und auch die Staubbildung sei geringer. Die ersten beiden Wochen werden die zugekauften Tiere einzeln getränkt, damit die Milchaufnahme genau kontrolliert werden kann. Danach kommt ein Automat zum Einsatz. Kontrolliert wird nicht nur die Milchmenge, auch der Fiebermesser ist wichtig. «Es ist entscheidend, dass Krankheiten erkannt werden und schnell reagiert wird», so Alois Arnold. Bei Bedarf werden Einzeltiere antibiotisch behandelt. Grosse Beachtung wird auch der Versorgung mit Vitaminen und Spurenelementen geschenkt. Insbesondere Eisen und Selen seien bei der Kälbermast bedeutend. Um das Risiko durch Tierverluste zu minimieren, sind die Kälber ab zwei Lebensmonaten versichert.
«Ich glaube an zukünftig gute Kälberpreise.»
Christian Arnold, Meisterlandwirt und Kälbermäster.
Kurzer Transportweg für Schlachttiere
Gemessen werden nicht nur Milchmenge und Körpertemperatur, auch das Gewicht der Tiere haben Arnolds genau im Auge. Ab 180 kg werden die Tiere wöchentlich gewogen, damit der optimale Schlachttermin festgelegt werden kann. Insbesondere bei den hochpreisigen Masttypen sei es für eine hohe Wertschöpfung entscheidend, dass das Schlachtgewicht von 140 kg möglichst genau erreicht werden könne. 75 Prozent der Tiere stammen aus Mastrassen-Stieren, ein Viertel sind reine Milchrassenkälber.
Haben die Tiere rund 240 kg Lebendgewicht erreicht, gehen sie als QM-Kälber über einen Transporteur zur Reichmuth Fleischwaren AG in Schwyz. Mit diesem Marktpartner ist die Familie Arnold sehr zufrieden. Da dieser viel Kalbfleisch in die Gastronomie vermarkte, seien zwar die Anforderungen an die Fleischfarbe hoch, dafür hätten sie im Gewicht der Kälber etwas mehr Toleranz. Positiv sei zudem der kurze Transportweg. Im Schnitt vertränken sie pro Kalb 1500 Liter Milch, welche pro Liter mit 30 Gramm Milchpulver angereichert wird. Ihre Auswertungen zeigen, dass sie in den vergangenen Jahren je nach Marktlage und Tiergesundheit einen Milchpreis zwischen 60 und 80 Rappen erreichten. «Haben wir im Stall grössere Probleme mit Grippe oder Durchfall, kam auch bei mir schon der Gedanke auf, die Verkehrsmilchproduktion ins Auge zu fassen», so Alois Arnold.
Grossmehrheitlich ist er aber mit dem Betriebszweig Kälbermast sehr zufrieden. «Erfreulich sind momentan auch die Marktverhältnisse: Es herrschen Weihnachtspreise im Frühjahr.»
Kälbermast ist kein Wachstumsmarkt
Die Familie Arnold beurteilt die Zukunft der Kälbermast mehrheitlich positiv. «Junge Personen konsumieren zwar in den Privathaushalten weniger Kalbfleisch, viele leisten sich aber im Restaurant gerne ein feines Stück Fleisch», so Christian Arnold. Kalbfleisch werde auch zukünftig kein Wachstumsmarkt sein, durch das eher knappe Angebot glaubt er dennoch an gute Preise.
Betriebsspiegel Obriedenmatte
Betriebsleiter: Fini und Alois Arnold-Fassbind
Ort: Bürglen UR
Fläche: Je 6 Hektar LN auf dem Tal- und Bergbetrieb
Viehbestand: 15 Kühe, 14 Jungtiere, 40 Mastkälber/Jahr
Arbeitskräfte: Fini und Alois Arnold, Veronika und Christian Arnold
Nebenerwerb: Fini Arnold im Altersheim, Alois Arnold als Gemeinde- und Landrat, Veronika Arnold als Floristin, Christian Arnold als Betriebsberater.