«Es geht vor allem darum, beim Gesundungsvermögen anzusetzen», sagte Tierärztin Nicole Studer an einem Kurs zur Homöopathie bei Pferden, der kürzlich am Landwirtschaftlichen Zentrum (LZSG) St. Gallen in Flawil stattfand. «Die Aufgabe ist es nun, den Organismus mit dem passenden Arzneimittel in der Selbstheilung zu unterstützen», so Studer, Leiterin des Beratungsdienstes von Kometian, dem Verein für komplementäre Tiermedizin.

Akut oder chronisch?

Die Homöopathie kennt über 1000 Arzneimittel. Darunter sind etwa 60 Mittel, die sich für die Stallapotheke bewährt haben. Zur Selbstbehandlung eignet sich gemäss Nicole Studer die sogenannte «Kleine Homöopathie»: akute Erkrankungen, die oft eine bestimmte Ursache haben und schnell verlaufen. Zum Beispiel Verletzungen, Abszesse, Husten, Koliken oder Atemwegserkrankungen. Bei chronischen Erkrankungen, denen häufig eine tiefere Ursache (z. B. Immunschwäche) zugrunde liegt und die nicht selbstständig verschwinden können, sei es dagegen ratsam, eine Fachperson zu konsultieren. «Natürlich stellt sich auch im akuten Fall immer die Frage, wann man selbst behandeln kann und wann es tierärztliche Unterstützung braucht», betonte Studer.

Auf Aussergewöhnliches achten

Für Halter(innen), die ihre Tiere selbst behandeln wollen, stellte die Tierhomöopathin die Sechs-W-Regel vor, um Schritt für Schritt vorzugehen. Dabei sind folgende Fragen zu klären:

  1. Was ist es (Diagnose)?
  2. Wie sind die Chancen (Prognose)?
  3. Wer? Selbst behandeln oder den Tierarzt konsultieren?
  4. Wo gibt es Informationen?
  5. Welches Mittel? Gibt es dazu Beschreibungen im Buch?
  6. Wann ist eine Besserung zu erwarten?

Anders als in der Schulmedizin lassen sich die verschiedenen Arzneimittel nicht einer bestimmten Krankheit oder einem bestimmten Erreger zuordnen. Welches Mittel sich am besten eignet, hängt vom Zusammenspiel der jeweiligen Symptome ab. Daher ist Beobachten so wichtig: «Es hilft, wenn man sein Tier kennt», sagte Nicole Studer. Doch für eine homöopathische Behandlung sei nicht nur entscheidend, dass man wisse, was typisch sei. Auch auf das Aussergewöhnliche sei zu achten. Laut der Fachfrau geht es dabei zum einen um äussere Befunde wie Körpertemperatur, Atmung, Farbe der Schleimhaut wie auch um das Befinden des Pferdes. Zum Beispiel in Bezug auf Appetit, Durst, Schmerzanzeichen und Körperhaltung. Dazu kommen individuelle Symptome: Bevorzugt das Pferd Wärme? Reagiert es besonders, beispielsweise auf Artgenossen oder Menschen?

Wichtige Arzneimittel

Wer Homöopathie im Stall einsetzen wolle, solle die wichtigsten Akutmittel kennen, rät Nicole Studer. Sie nannte Beispiele:

  • Arnica: Das Erste-Hilfe-Mittel Nr. 1 bei Verletzungen. Für Arnica spricht, wenn das Tier Ruhe und Wärme bevorzugt, Bewegung dagegen zur Verschlechterung führt. Zudem kann es eine Furcht vor Berührung zeigen.
  • Calendula: Ebenfalls ein wichtigstes Mittel bei Verletzungen. Vor allem bei Risswunden und alten Wunden. Für Calendula spricht, wenn sich die Symptome durch Wärme verbessern.
  • Hypericum: «Arnica» für die Nerven. Es hilft bei Nervenschmerzen, z. B. durch Prellungen, Hufabszess.
  • Apis: Stichverletzung (z. B. Bienenstich mit Schwellung, Ödem). Für Apis spricht, wenn Kälte zur Besserung führt, Wärme und Berührungen dagegen zur Verschlechterung.
  • Pulsatilla: Kolik durch Fütterungsfehler oder Überfressen mit jungem Gras. Für Pulsatilla spricht, wenn das Tier durstlos ist, Besserung durch langsames Laufen, eventuell auch durch Putzen eintritt.

Tipps zum Verabreichen

Pro Mal erhält ein Tier ca. 5 Globuli. Diese können direkt ins Maul gegeben werden, sofern die Hände sauber und trocken sind. Besser eignet sich die Verabreichung mittels Split: Dazu werden 5 Globuli in 1 bis 2 dl Wasser in einem Glas oder in einer Sprühflasche aufgelöst. Wichtig: Das Wasser sollte regelmässig verschüttelt werden, damit die Wirkstoffe bei jeder Verabreichung neue Energie erhalten. Der Split ist einige Tage haltbar. Für eine längere Haltbarkeit kann ein Löffel Alkohol (z. B. Obstbranntwein) dazu gegeben werden. Das Tier sollte fünf Minuten vor bis fünf Minuten nach der Verabreichung nichts fressen.

Handbuch für den Stall

Das «Handbuch zur homöopathischen Stallapotheke» hilft nicht nur bei der Selbstbehandlung von Rindern weiter, sondern auch bei Equiden. Es beschreibt häufige Krankheiten und stellt 64 Arzneimittel vor. Kosten ca. Fr. 77.–.

Bestellbar über den Buchhandel oder via www.omida.ch