Für einige Stiere bedeutet eine Zuchtwertschätzung das «Aus» ihrer Karriere, für die anderen beginnt sie erst. Auch bei der April-Zuchtwertschätzung ist dies nicht anders. «Insgesamt ist Swissgenetics mit der Zuchtwertschätzung zufrieden», sagt Samuel Krähenbühl, Teamleiter Produktentwicklung bei Swissgenetics.
Ein Softwarefehler beeinflusste den Gesamtzuchtwert
Die Entwicklung sei aber nicht bei allen Rassen gleich. «Etwas unschön ist, dass die Qualitas AG, die Firma, welche die Zuchtwertschätzung rechnet, zusätzlich zur Basisanpassung die Streuung der Zuchtwerte Milchleistung reduziert hat (Behebung eines Softwareproblems). Das hat dazu geführt, dass viele Stiere etwas an Gesamtzuchtwert verloren haben, ohne dass sie schlechter geworden sind», bedauert Krähenbühl. Nichtsdestotrotz konnte man mit Ausnahme bei den Simmental und dem Swiss Fleckvieh den einen oder gar mehrere überzeugende Stiere klassieren. Zudem bestätigten andere ihre genomischen Resultate. «Da das Vertrauen in die Jungstiere und damit auch deren Einsatz ständig steigt, braucht es schlicht auch zahlenmässig weniger Stiere auf dem Markt, die töchtergeprüft sind», hält Krähenbühl fest.
Auch die Fruchtbarkeit ist wichtig
Damit die Viehhalter und Züchter einen Stier einsetzen, muss er nicht nur ein gutes Exterieur, viel Milch und gute Gehaltswerte vererben, sondern er sollte auch eine gute Non-Return-Rate (NRR), also eine gute Fruchtbarkeit, vorweisen können. So bezeichnet die Non-Return-Rate den Prozentsatz jener Tiere, die in einer festgelegten Zeit nach der Erstbesamung (nach 28, 56 oder 90 Tagen) nicht noch einmal besamt werden müssen. Wird vom Altmeister Pickel fast jede Kuh tragend, hört man von den Züchtern, dass es schwer sei, vom kanadischen Red-Holstein-Spitzenstier Siemers Agent-ET eine Kuh tragend zu bekommen. Auch fragen sich viele Züchter, warum bei Agent keine NRR im Katalog ersichtlich sei. «Um eine gewisse statistische Sicherheit zu haben, wird die NRR eines Stieres erst ab einer Sicherheit von 50% publiziert und dies nur beim Einsatz mit konventionellen Dosen», sagt Samuel Krähenbühl.
Vor allem gesexte Dosen von Agent
Da Swissgenetics den Stier Agent nur gesext im Standardangebot anbiete und konventionelle Dosen nur über die Samenreservation vertreibe, erreiche er die Sicherheit von 50% noch nicht. «Der Einsatz von SeleXYon-Dosen ist bei Agent extrem viel höher, als von konventionellen Dosen, wo er nur bescheidene Verkaufszahlen erreicht», so der Teamleiter. Eine provisorische Auswertung ergebe aber Folgendes: «Was man klar sagen kann, ist, dass Agent keine wesentlich schlechtere männliche Fruchtbarkeit hat als die anderen momentan stark eingesetzten RH-Stiere», hält Krähenbühl fest. Dies zeige sich auch am nach wie vor ungebremsten Absatz gesexter Dosen. «Sorgen bereitet Agent uns nicht wegen seiner NRR, sondern wegen der Tatsache, dass er nicht mehr lebt und die verbliebenen Dosen voraussichtlich rasend schnell ausverkauft sein werden», so der Swissgenetics-Mitarbeiter.
Noch ein grosses Samenlager
Nicht ein kleines, sondern noch ein grosses Samenlager ist vom Swiss-Fleckvieh-Stier Hardy P vorhanden. Dieser Ladd-Sohn führt neu die Iset-Rangliste bei den SF-Stieren an. «Hardy P hat von einem hohen Niveau aus nochmals eine positive Entwicklung gemacht», sagt Samuel Krähenbühl. Namentlich auch dank seiner Topeuter und der natürlichen Hornlosigkeit bleibe er sehr beliebt und gehöre zu den am stärksten nachgefragten SF-Stieren. Das bei der April-Zuchtwertschätzung keine SF- oder Simmentaler-Stiere befördert wurden, begründet Krähenbühl wie folgt: «Man hätte durchaus Stiere gehabt mit dem Potenzial sie zu klassieren. Aber weil auf dem Markt bei diesen Rassen im Frühling aus saisonalen Gründen viel weniger läuft, wurde die Klassierung von starken Stieren auf den August traktandiert».
Kunden haben verschiedene Wünsche
Bei der Auswahl der Stiere sind die Kundenwünsche so verschieden wie das Stierenangebot. Da aber die Roboter-Melkbetriebe von Jahr zu Jahr zunehmen, werde das «Roboterlogo» immer wichtiger. «Solche Betriebe wollen auch Stiere mit tendenziell wieder etwas längeren Zitzen und einer weiteren Zitzenstellung», beobachtet Krähenbühl. Betriebe, welche eher für die Schauen züchten, wären diese «Roboterzitzen» vielleicht schon wieder zu lang. Auch stark zugenommen habe das Interesse an Stieren, welche den gesuchten Genotyp A2/A2 vererben. «Was man aber generell sagen kann, ist, dass viele Züchter heute vor allem eine ausgeglichene, problemlose Kuh wollen», hält der Teamleiter fest.