Schwein und Mensch sind sich biologisch näher als z. B. Kuh und Mensch. Denn im Gegensatz zu den Wiederkäuern haben sie nur einen Magen. Ihre Haut ist der unseren so ähnlich, dass sie zur Behandlung von Verbrennungen als vorübergehende Abdeckung der Wunde verwendet wird. Und die Augen eines Schweins erinnern mit ihren runden Pupillen an die unseren. Trotz äusseren Ähnlichkeiten nehmen diese Tiere ihre Umwelt aber ganz anders wahr – in erster Linie über Gerüche und Geräusche.

Düfte sorgen für Orientierung

Die grosse Schnauze mit Rüssel und Nasenscheibe lässt es erahnen: Der Hauptsinn von Schweinen ist das Riechen. 2'000-mal sensibler als unsere Nase soll die ihre sein und auch die für Gerüche zuständige Hirnregion ist stark entwickelt. Schweine können unter der Erde Verborgenes erschnüffeln, was bei der Trüffelsuche ausgenutzt wird. Auf einer Wiese duftet für sie jede Pflanze anders.

Die Tiere setzen ihr Riechvermögen nicht nur für die Nahrungssuche ein, sondern auch zur Kommunikation. Sie erkennen einander und auch ihre Betreuer am Geruch und stecken ihr Revier mit speziellen Drüsen olfaktorisch ab. Für die Mutter-Kind-Beziehung ist der Kontakt Nase zu Nase entscheidend, um Bindung zu schaffen. Später geborene Ferkel folgen den Lauten und der Geruchsspur ihrer Geschwister zu den Zitzen. Orientierung geschieht bei Schweinen generell über Gerüche.

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Nicht zuletzt ist der Duft eines Ebers wichtig für das Sexualverhalten von Sauen. Daher wird die Anwesenheit eines Ebers auch bei der künstlichen Befruchtung empfohlen, um den Besamungserfolg zu verbessern. Das funktionierte Studien zufolge zwar auch mit dem Duft alleine, ein leibhaftiges männliches Tier sei aber besser.

Sehr informatives Grunzen und Quieken

Hauschweine haben auch grosse Ohren. Handelt es sich um Hängeohren, stellen sie für die Wahrnehmung von Geräuschen zwar eher ein Hindernis dar, grosse stehende Ohrmuscheln helfen aber beim Auffangen von Schall. Der Hörbereich von Schweinen ist etwas anders als der menschliche. So können die Tiere tiefe Töne weniger gut hören, dafür aber auch Ultraschall-Klänge. Grunzen können Schweine auf sehr vielseitige und informative Art und Weise, denn ihre Laute unterscheiden sich je nach Situation. Forschende haben gezeigt, dass Ferkel mit ihrem Quieken den Grad der Gefahr kommunizieren und die Muttersau entsprechend reagiert. Man unterscheidet bei den Lautäusserungen z. B. Grunzen, Quieken, Schreien, Bellen oder Krächzen. Die besonders hohen Laute der Tiere nimmt das menschliche Gehör nicht wahr.

Angesichts dieses empfindlichen Hörsinns gelten (schlecht gewartete) laute Ventilatoren im Stall als Belastung. Ausserdem sind Schweine schreckhaft und kommen bei plötzlichem Lärm in Stress. Unnötiger Lärm im Stall sei nach Möglichkeit zu vermeiden, so die Empfehlung.

Allesfresser mit einer Vorliebe für Umami

Schweine sind per Definition Allesfresser und da macht es Sinn, dass ihr Geschmacksempfinden nur mässig ist – das macht sie weniger wählerisch. Aber wenn sie die Möglichkeit dazu haben, bevorzugen Schweine die Geschmacksrichtungen süss, fleischig und käsig (umami). Dabei wird Umami der Süsse sogar vorgezogen. Eine leichte Säure wie sie in Früchten vorkommt, ist für Schweine ebenfalls attraktiv, während Salziges verschmäht wird. Schwer haben es auch bittere Futtermittel, da dieses Aroma auf Giftstoffe hinweist. Die mässige Leistung des Geschmacksinns hat für die Haltung auch zur Folge, dass bei der Fütterung erhöhte Wachsamkeit empfohlen wird. Die Tiere fressen wenig selektiv, daher darf die Vorlage keine unbekömmlichen Komponenten enthalten. Wie manche Menschen sind auch Schweine dem Alkohol nicht abgeneigt. Daher seien sie früher in Brauereien als Verwerter für Abfallprodukte gehalten worden.

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Verschwommener Blick in zwei Farben

Blicken wir vom Schreibtisch auf und in die Ferne, sehen wir meist erst nach einem kurzen Moment scharf. In dieser Zeit arbeiten Muskeln im Auge und verformen die Linse leicht, um die Fernsicht zu verbessern. Schweineaugen haben keine flexiblen Linsen, weshalb die Tiere Gegenstände in unterschiedlicher Entfernung nicht scharf erkennen können. Sie sehen also in dieser Hinsicht wesentlich schlechter. Dafür haben sie ein breiteres – allerdings verschwommenes – Sichtfeld zur Seite, da ihre Augen seitlich am Kopf sitzen. Gegen vorne beschränkt die grosse Schnauze das Sehfeld eines Schweins, so dass es den Bereich direkt vor sich nicht wahrnehmen kann. Anatomisch bedingt ist es den Tieren nicht möglich, nach hinten zu sehen. Schliesslich können sie den Kopf nur sehr begrenzt drehen. Farben nehmen Schweine leicht anders war als Menschen: Zwar erkennen sie Blau und Grün, Rottöne erscheinen für sie aber als Abstufungen von grau.

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Dass der Sehsinn bei Hausschweinen nicht besonders stark entwickelt ist, dürfte auch mit der Lebensweise ihrer wilden Vorfahren bzw. Verwandten zusammenhängen. Diese leben im Dickicht von Wäldern und sind nachtaktiv. Eine Wildsau braucht daher nicht in die Ferne blicken zu können, hingegen wird Schweinen generell eine gute Nachtsicht nachgesagt. Zur Orientierung dienen aber vielmehr Geräusche und Gerüche als die visuelle Wahrnehmung. Eine restlichtverstärkende Schicht im Auge (Tapetum luciudum) wie bei Rindern haben Schweine nicht. Aber wie beim Rindvieh dauert bei ihnen die Umgewöhnung an neue Lichtverhältnisse länger als beim Menschen. Daher sollte man sie nicht in dunkle Bereiche treiben, so die Empfehlung.

Hochempfindliche Rüsselspitze

Was für Menschen ihre Fingerspitzen sind, ist für das Schwein seine Schnauze. Die bewegliche Rüsselscheibe an deren Spitze wird als feinfühlig beschreiben. Es sollen sich darauf so viele Tastsinneszellen befinden, wie an beiden Händen eines Menschen zusammen. hinzu kommen Tasthaare zum Befühlen auf nahe Distanz.

Der Vergleich einer Schweineschnauze mit menschlichen Händen passt noch in weiterer Hinsicht: Die Tiere nutzen dieses Körperteil auch zum Wühlen in der Erde, Muttersauen bauen sich damit ein Nest aus losem Material, Ferkel tasten sich am Bauch der Mutter entlang zur Zitze oder die Tiere massieren ihre Artgenossen als positive soziale Interaktion. Beim Graben kommt die starke Nackenmuskulatur zum Einsatz und es hilft die Tatsache, dass die Nasenlöcher verschliessbar sind.

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Quellen und weitere Informationen