Die RAUS-Anforderung einer ungedeckten Auslauffläche für junge Kälber sind laut mehreren Kreisen aus der Direktzahlungsverordnung zu streichen. Das Anliegen, das ursprünglich Kälberspezialist Martin Kaske aufs Tapet brachte, lässt anscheinend hauptsächlich einen kalt: den Bund.

«Durchaus problematisch»

Abo Nutztiertagung Kälbergesundheitsdienst fordert Verzicht auf ungedeckte Fläche bei RAUS Friday, 23. June 2023 Martin Kaske, Leiter Präventiv- und Bestandesmedizin Kalb bei Rindergesundheit Schweiz (RGS), kann sein Anliegen begründen: «Aussenklimahaltung kann vorteilhaft sein, aber es ist nicht automatisch positiv.» Die Vorgaben des Bundes hält der Spezialist daher auch für «durchaus problematisch», wie er schon mehrfach erwähnte. 

Diese Ansicht teilt auch die Task Force «Kälber 2030». Ebenfalls mit im Boot scheint auch die Marktorganisation IP-Suisse zu sein. Zumindest ist man dort nicht davon abgeneigt, auf eine ungedeckte Fläche zu verzichten, obschon die Label-Organisation im Bereich der Mastkälber bislang darauf gesetzt hat.

Es gibt bislang kein BTS bei Kälbern 

«Wir waren in dieser Angelegenheit zusammen mit der Vetsuisse Fakultät vorstellig beim Bund», sagt Beat Hauser, vom Bereich Tierproduktion bei IP-Suisse. Hauser weist aber darauf hin, dass es im Bereich der Richtlinien für IP-Suisse von Bedeutung sei, dass keine Konkurrenz zu einem Bundesprogramm entstehe. Er glaubt, dass die IP-Suisse grundsätzlich offener gegenüber möglichen Änderungen sei, als man es beim Bund ist. «Dieser tut sich schwerer mit der Öffnung», sagt Hauser.

Er weist darauf hin, dass es bei den Kälbern bis heute kein BTS gibt. Dafür würden die Zweiflächenstallsysteme fehlen. Im Normalfall bestehe ein Stall aus reiner Tiefstreue. Für ein Zweiflächensystem bräuchte es eine Liegefläche und einen befestigten Laufgang, analog der Systeme für Kühe oder Rinder. Hauser ist jetzt elf Jahre bei IP-Suisse. Er erinnert sich daran, dass bei seinem Stellenantritt die Kälberställe «zum Teil nicht ideal waren in Bezug auf Stallklima und auf die Bedürfnisse der Kälber». Es sei oberstes Ziel gewesen, mithilfe von RAUS von diesen unbefriedigenden Aufstallungsformen wegzukommen und den Tieren mehr Platz zu geben. Ein Stall müsse verschiedene Komponenten erfüllen, wenn es den Tieren wohl sein sollte, weiss Hauser. Dazu gehöre genügend Frischluft und «dass das Kalb die Möglichkeit bekommt, dort zu sein, wo es ihm wohl ist», sagt er.

Kälber gehen meist vergessen

[IMG 2] Ein Hauptproblem ortet Beat Hauser darin, dass die Kälber beim Stallbau gerne vergessen gingen. «Man baut einen schönen Kuhstall», sagt er. Irgendwann merke man, dass es noch Platz für den Nachwuchs braucht. «Hier wäre es sinnvoll, wenn bei der Planung des Kuhstalls auch die ganze Aufzucht eine grössere Aufmerksamkeit erhält», sagt der IP-Suisse-Mitarbeiter. Für ihn ist klar: «Wir müssen uns längerfristig überlegen, wie man Kälber hält. Der Anfang wäre, dass wir dieser Tierkategorie ein wenig mehr Beachtung schenken.» In einem weiteren Schritt seien die Verordnungen und Rahmenbedingungen diesen Bedürfnissen anzupassen. «In diesem Sinne gehen wir mit Martin Kaske einig. Für uns ist aber auch wichtig, dass die Produzenten die Beiträge nicht verlieren», schliesst Hauser.

Es kommt zu einem Folgeprojekt von «Frischluftkalb»

Die IP-Suisse hat nach dem «Freiluftkalb» ein Folgeprojekt mit Vetsuisse Fakultät in der Pipeline. Dabei geht es laut Aussage von Beat Hauser «um die gute Planung eines Kälberstalls».

Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat zuletzt im Mai Stellung zur Thematik bezogen. Der Zugang zu verschiedenen Klimareizen sei erwiesenermassen gut für die Kälber, hiess es damals. Die Trockenhaltung und Isolation der Iglus sowie die Warmhaltung der Kälber sei indes möglich, auch bei einer teils ungedeckten Fläche und starkem Niederschlag. Dass die erfolgreiche RAUS-Kälberhaltung in den verschiedenen Zonen möglich sei, zeige sich an den Beteiligungszahlen. Diese liegen je nach Zone zwischen ca. 40 und 70 Prozent (2021). «Wir bekräftigen unsere Haltung», so Françoise Tschanz vom Fachbereich Kommunikation und Sprachdienste am BLW.

Infos zur Task Force «Kälber 2030»:

Die Task Force «Kälber 2030» wurde Anfang März im bernischen Zollikofen anlässlich eines Runden Tisches der Branche gegründet. Sie hat zum Ziel, dass Vertreter von Produzentenorganisationen, Händler, Tierärzte, der Detailhandel, Bundesämter und Rindergesundheit Schweiz gemeinsam konkrete Massnahmen zur Verbesserung der Kälbergesundheit voran-treiben und dadurch eine Verminderung des Einsatzes von Antibiotika erreicht werden kann.