Die Zufahrt zur Alp Riedhütte auf 1025 Meter über Meer, ob Lauerz am Rigihang unterhalb des Gätterlipasses, ist bequem mit dem Auto möglich. Die Aussicht hier oben beeindruckt, der Blick reicht zum Lauerzersee und vom Rossberg über den Wildspitz zum Sattel, Hochstuckli, zu den beiden Mythen und weiteren Schwyzer Alpen. Der sonnige Sonntagnachmittag trägt zur guten Stimmung bei. Herzlich ist der Empfang bei Vital Sigrist. Mein Nachbar ist hier oben Teilzeitälpler.
Viehzucht hoher Stellenwert
Die Alp wird von der Bauernfamilie Robert Dettling aus Lauerz betrieben, sie sömmern hier 27 Stück Jungvieh. Die Alpweiden erstrecken sich bis auf 1150 m ü. M. Eigentümerin ist die Oberallmeindkorporation Schwyz.
Dettlings führen im Talboden einen kleineren Betrieb, Milchwirtschaft mit 18 Kühen, eigenem Jungvieh und Vertragsrindern. Vater und Sohn sind engagierte Viehzüchter. Robert junior, der den Betrieb führt, ist im Nebenerwerb als Besamer bei Swissgenetics tätig.
Kein Heuen auf der Alp
Auf der Riedhütte wird lediglich geweidet, somit wird auch kein Heu produziert. Pflanzen werden nur zur Weideputzete und Unkrautbekämpfung geschnitten. Zur Alp gehören allerdings auch noch Riedflächen, die nicht beweidet, sondern ausschliesslich im Herbst gemäht werden dürfen. Das Mähgut wird als Streue auf dem Heimbetrieb verwendet. «Hier wird nur im Notfall gestallt, und es wird auch nichts zugefüttert», betont Vital Sigrist.
Später, aber sehr wüchsig
Die Alpsaison startete am 29. Mai, rund eine Woche später als andere Jahre. Nach einem etwas verhaltenen Beginn, auch mit kalten Tagen, sei das Graswachstum dann aber enorm schnell gewesen. Die milde Südlage und die wüchsigen Böden würden das Ihrige dazu beitragen. So kann das Vieh hier bis Anfang Oktober gesömmert werden.
Unter der Woche schauen Dettlings selber zu ihrem Vieh auf der Alp, das Wochenende über liegt die Betreuung bereits im dritten Jahr bei Vital Sigrist aus Meggen. Er kommt jeweils am Freitagnachmittag zur Riedhütte und kehrt am Montagmittag wieder heim. Der pensionierte Landwirt, 73-jährig, hat viele Jahre Alperfahrung. Während sieben Sommern von 2011 bis 2017 war er zusammen mit seiner Frau Agnes auf Oberpfifferswald im Luzerner Eigenthal tätig, jeweils vom 1. Mai bis 1. Oktober. Während der Sömmerung betreuten sie rund 40 Stück Vieh. Zu den Arbeiten gehörten auch Holzrüsten, neue Zäune erstellen, viele Flächen mähen, teils auch Vieh einstallen und zufüttern. Zudem betrieben sie ein kleines zunehmend stärker besuchtes Beizli, trotz sehr eingeschränkter Infrastruktur. Sie konnten zwar auf einige Helfer zählen, dennoch wurde die Arbeit zu viel.
Aus gesundheitlichen Gründen musste er kürzer treten, die strenge Arbeit auf der Alp tat dem lädierten Rücken gar nicht mehr gut. Nur schweren Herzens verzichtete vor allem Vital auf das Älplerleben im Eigenthal. In den Folgejahren musste er gleich zwei Mal den Rücken operieren, hat seither teils Lähmungserscheinungen, das Gehen oder auch zu lange Sitzen bereitet Mühe. Den Sommer über im Tal zu sein und auf das «landwirtschaftliche Feeling» zu verzichten, war aber gleichwohl nicht so sein Ding.
Alp-Feeling geniessen
Per Zufall hörten Vital und Agnes Sigrist bei einem Gespräch in einem Lauerzer Geschäft von der freien Teilzeitstelle als Alpbetreuer. So erkundigte er sich näher über diese Gelegenheit, auch vor Ort. Nach einigen Besprechungen mit seiner Frau entschied er sich schliesslich, ab 2019 wieder z Alp zu gehen, allein und nur mehr reduziert und teilzeitlich.
Im Umgang mit Tieren ist er als ehemaliger Viehzüchter seit Jahrzehnten sehr erfahren und will auch im Alter nicht davon lassen. «Das tut mir für das Gemüt und auch für die angeschlagene Gesundheit gut.» Schwere körperliche Arbeiten könne er nicht mehr verrichten, weder zäunen noch mähen. Und er möchte auch kein Beizli mehr führen. Aber zum Jungvieh schauen, die Koppelweiden nachhagen, das liege schon noch drin, meint Sigrist.
Die Ruhe tut gut
Alleine übers Wochenende auf der Alp, die Frau zu Hause, während sie früher auf Oberpfifferswald zusammen waren und wo auch mit dem Besenbeizli entlang des Wanderweges so viel los war, ist es einem da nicht zu langweilig? Überhaupt nicht, sagt Vital. So einsam sei es keineswegs, zwischendurch schaue ein Wanderer vorbei, man sei selbst unterwegs im Gelände, könne die Natur und die Ruhe geniessen, zum Vieh schauen. Er freut sich auch, dass sein Einstieg hier als Auswärtiger gelungen sei, dass seine guten Viehkenntnisse geschätzt werden und er inzwischen als Einheimischer bezeichnet werde.
Und überhaupt brauche man doch im Alter etwas mehr Ruhe und Erholungszeit. «Ich bin gerne bei meiner Frau, aber dieses Alpenleben übers Wochenende tut mir persönlich eben auch sehr gut.» Und hier lässt es sich auch bezüglich Infrastruktur gut leben. «Solange ich noch kann, möchte ich auch in den Folgejahren noch z Alp gehen, das ist für mich Erholung, wenn ich Tiere um mich herum habe.»