Kühe, die grosse Schauen gewinnen können sind keine normalen Kühe, es sind Champions, die fast so selten sind wie schwarzer Schnee. Und solche Siegerkühe gehören meistens nicht einem Einzelnen, sondern mehreren Landwirten und Investoren.

Eine Kuh - vier Eigentümer

Auch die amtierende nationale Holsteinsiegerin Au Parchy Doorman Jolie ist eine davon. Sie gehört sage und schreibe vier Eigentümern. Dies sind: Gobeli Holstein, Ruedi Gasser, Hansjörg Räz und dem neu dazugekommenen Betrieb Hullcrest Holsteins aus Holland. Solche Investitionen können sich aber nicht viele "normale" Landwirte leisten. Neid und Missgunst unter den Züchtern und Berufskollegen sind daher keine Seltenheit. Denn diese Kühe holen sich meistens den Sieg an grossen Ausstellungen und die anderen gehen leer aus.

Dumme Sprüche

Auch Hansjörg Räz, Landwirt und Eigentümer eines Baugeschäfts aus Wierezwil BE, sowie Ruedi Gasser, Mitinhaber von Gasser Ceramic, Rapperswil BE, mussten Neid und dumme Bemerkungen schon über sich ergehen lassen.

Zusammen mit Gobeli Holstein haben sie seinerzeit Doorman Jolie Doorman als Erstlingskuh von einem Händler gekauft. Seither feiern sie einen Erfolg nach dem anderen mit ihrer Schaudiva und ein Ende scheint nicht in Sicht. "Klar hören wir oft: Nur wer Geld hat, kann sich solche Kühe leisten."

Kaufen reicht nicht

Mit dem Kauf sei es aber nicht getan: Für den Erfolg brauche es zusätzlich die richtige Fütterung, die richtige Haltung und auch die Betreuung und Pflege solcher Schaukühe sei ebenso wichtig wie am Schluss das Quäntchen Glück um zuoberst auf dem Podest stehen zu können.

Natürlich können die beiden Investoren die Missgunst zum Teil nachvollziehen. "Sicher ist es einfacher, eine solche Kuh zu kaufen, statt sie selber zu züchten. Schlussendlich verdient aber auch der Bauer, der solche Kühe verkaufen kann, einen ordentlichen Geldbetrag", halten sie fest.

Im Grossen und Ganzen gehen Gasser und Räz mit der Kritik gelassen um: "Neid muss man sich zuerst erschaffen, auch in der Landwirtschaft. Und wer selber immer neidisch und mürrisch ist auf andere, der kommt auch auf seinem Betrieb nicht weiter", sind sich die Kuhliebhaber einig.

Dicke Freunde

Hansjörg Räz und Ruedi Gasser kennen sich schon seit der Jugendzeit und haben zusammen schon die erste Schulklasse absolviert. Seither gehen sie durch dick und dünn. Geblieben ist nicht nur ihre Freundschaft, sondern auch die Faszination zu schönen Kühen. "Wir wollten einfach mal eine schöne Kuh kaufen, ein Gemeinschaftsprojekt sozusagen."

Dabei wurden sie unterstützt und beraten vom Viehzuchtkenner und Bauunternehmer Alex Gobeli aus Saanen BE. Und diese drei waren es auch, die schlussendlich Au Parchy Doorman Jolie kauften.

"Es ist wie an der Börse"

Jolie war nicht die erste Kuh von Gasser und Räz. Vorgängig hatten sie schon einmal zwei Goldwyn-Töchter gekauft. "Zwei schöne Kühe, die es aber nicht ganz an die Spitze schafften. Schlussendlich waren diese beiden Kühe für uns eher ein Verlustgeschäft", geben sie unumwunden zu. "Einer, der sein Geld an der Börse angelegt hat, muss auch mit Verlusten rechnen", lacht Gasser rückblickend.

Mit Doorman Jolie hatte das Team nicht nur eine super Kuh im Stall, sondern mit ihr ist auch der ersehnte Erfolg eingekehrt und es soll bald noch mehr werden: Denn dieses Wochenende findet im belgischen Libramont die Europameisterschaft der Red Holstein und Holsteinkühe statt, mit dabei ist auch Jolie. "Wir hoffen natürlich auf eine gute Platzierung." Ob es am Schluss zum ganz grossen Sieg reichen wird,
getrauen sich die Mitinhaber nicht zu sagen. "Wer weiss, möglich ist alles. Wichtig ist, dass es ihr an der Ausstellung gut geht und Jolie wieder gesund nach Hause kommt."

"Viehzucht ist zum Spitzensport geworden."

Nur einfach so eine Ausstellung gewinnen können, sei heute ein Ding der Unmöglichkeit, dass geben auch die beiden Kuhfanatiker zu. "Viehzucht ist zum Spitzensport geworden." Die Professionalität, wie das Zurechtmachen der Kühe und die ganze Vorbereitung, dazu brauche es heutzutage ein eingespieltes Team.

"Wir vergleichen Viehzucht gerne mit einem Fussballklub oder einer Eishockeymannschaft. Dort steht auch ein ganzer Betreuungsstab im Hintergrund, der auf jedes kleinste Detail achtet. Dies ist auch bei den grossen Viehausstellungen nicht anders."

Das Gefühl ist gewaltig

Dieses Gefühl, wenn die eigene Kuh am Schluss zuoberst auf dem Podest steht und die Ausstellung gewinnen kann, sei unbeschreiblich. "Bis es soweit ist, wenn deine Kuh während der Rangierung durch den Ring marschiert, zerreisst man innerlich fast vor Anspannung", lacht Ruedi Gasser.

"Die Freude, das Glücksgefühl, ja die Tränen sind dann einfach zuvorderst", doppelt Hansjörg Räz nach. Entwickelt man denn die gleiche Freude, obwohl man die Kuh nicht selber gezüchtet hat? "Klar. Dies fühlt sich genau so gut an, ob gekauft oder nicht. Ich vergleiche einen solchen Sieg gerne mit einem potenziellen Kunden, den ich nach jahrelanger Bearbeitung endlich von meinen Produkten überzeugen konnte", hält Gasser fest.

Eine zweite Kuh kam dazu

Den Ärmel hat es den beiden Unternehmern nun endgültig reingerissen. Zusammen mit Gobeli Holstein, bei welchem die Kühe untergebracht sind, kauften sie letztes Jahr mit All-Star Agent Elegance eine weitere Schönheit, diesmal eine rote Kuh, dazu. Und mit Elegance konnte das Dreier-Team schon in kurzer Zeit grosse Triumphe feiern: So gewann Elegance jeweils den Titel bei den jungen Kühen an der Swiss Expo wie auch an der Expo Bulle. Obwohl Elegance schon für Furore sorgte, wurde sie zum Erstaunen der Besitzer nicht für die Europaschau in Libramont selektioniert.

Weiter auf der Suche

Ein Ende scheint also nicht in Sicht: So ist das Team auf der Suche nach einer dritten Schaukuh. "Wir fokussieren uns aber auf eine junge Kuh, nicht eine, die schon einen Grand Championtitel gewonnen hat", halten die Viehzuchtbegeisterten fest.

Hansjörg Räz und Ruedi Gasser wollen aber nicht nur Geld für schöne Kühe ausgeben, sondern mit ihnen auch etwas verdienen. Daher soll nach der Europaschau Doorman Jolie gespült werden. "Es herrscht eine grosse Nachfrage nach Embryonen von ihr", sagt Hansjörg Räz. Nach ihrem Sieg an der Expo Bulle, zeigte sogar ein Amerikaner Kaufgelüste an der Topkuh. "Wenn der Preis stimmt, ist jede Kuh bei uns verkäuflich", sagen die Geschäftsmänner nickend.

Tierschutz macht Druck

Besteht aber nicht die Gefahr, dass durch Investoren und kaufkräftige Landwirte immer die gleichen Aussteller mit ihren Kühen gewinnen? "Sicher ist dies nicht förderlich", geben Räz und Gasser zu. "Aber wenn man sieht, wie gross das Interesse und die Begeisterung an Viehschauen ist, haben wir keine Angst, dass diese nicht mehr besucht werden."

Auch die Teilnahme von jungen Züchterinnen und Züchtern sei immer wieder bemerkenswert. "Klar, wer heute mitmachen will, braucht ein Team im Hintergrund und das können sich nicht alle leisten." Ob es in zehn oder 20 Jahren noch Schauen geben wird, sei schwer vorherzusagen. "Hoffen tun wir es jedenfalls. Vielleicht in einer anderen Form, nicht zuletzt auf Druck des Tierschutzes", sagen Räz und Gasser. Aber eines ist klar: Ihre Liebe zu schönen Kühen bleibt bestehen, mit oder ohne Schauen.