Da geht es aber «zünftig obsi». Schweissgebadet und mit hohem Puls treffe ich inmitten von Nebelschwaden auf der Alp «Ober Hütte» ein. Diese Strecke, welche durch unwegsames Gelände im Abbruchgebiet vom Goldauer Bergsturz führt, sollen die schweren Braunviehkühe der Züchterfamilie Kennel zu Fuss bewältigt haben? Und das zusätzlich mit einer imposanten Fahrtreichel um den Hals, fragt sich der BauernZeitung-Reporter. «Ja, bis auf vier ältere Kühe und einige Kälber liefen alle 60 Alptiere mit», beantwortet Markus Kennel die Frage prompt und ergänzt: «Die erste Kuh am Alpgatter war Zinnia, welche heuer bereits ihren elften Alpsommer bestreitet.»
Stabile Kühe
Die eindrückliche Zaster Zinnia ist sehr leistungs- und gehaltsstark (Ø 7 Laktationen: 10 858 kg; 4,04 % Fett, 3,69 % Eiweiss ) und produzierte bereits 95 000 Kilogramm Milch. Dazu ist die Miss Schwyz der Jahre 2012 und 2013 mit Exzellent 95 eine der höchstpunktierten Braunviehkühe überhaupt. Vor allem ihre obere Linie, das Becken und das Fundament sind immer noch makellos. «Wir züchten schon seit jeher auf stabile Kühe mit einer starken oberen Linie, aber Zinnia ist schon aussergewöhnlich», schwärmt Markus Kennel von seiner Ausnahmekuh. Dass sich Tiere wie Zinnia auf den Alpen durchsetzen könnten, läge vor allem daran, dass diese bereits als Kälber gealpt würden. «Meine Jährlinge sind zwar im Herbst jeweils eher mager, haben aber dafür gelernt, Alpgras zu fressen», erklärt Markus Kennel sein Erfolgsrezept.
«Braunvieh darf nicht mehr grösser werden.»
Markus Kennel, Züchter und Schauexperte, möchte dafür Kühe mit mehr Körperbreite.
Breiter statt grösser
Zinnia ist über 150 cm gross. Dennoch gibt Markus Kennel, der auch als Schauexperte tätig ist, zu bedenken: «Die Braunviehkühe dürfen nicht mehr grösser werden. Und das betrifft nicht nur diejenigen, welche gealpt werden.» Zuchtanstrengungen sollten in Zukunft vermehrt im Merkmal Körperbreite gemacht werden. Denn unter breiten Kühen mit breiten Becken, hätten auch breite Euter Platz. Hohe und gut aufgehängte Euter seien bei seinen Milchleistungen sehr wichtig. «Gerade auf der Alp bleiben hohe Euter gesünder und sind so auch besser vor Schmutz geschützt.» Positive Resultate erzielte er mit Nesta-Sohn Joe. Und auch mit Holdrio, einem Arrow-Sohn aus der wohl bekanntesten Joe-Tochter Hanna, arbeitete er häufig.
Gute Infrastruktur auf Alp
Die Alp «Ober Hütte» ist zwar steil, aber «gutgräsig». Sie liegt unterhalb des Gnipens auf 1360 m ü. M. und umfasst knapp 42 Stösse. Bereits Mitte Mai zogen die Kennels mit 60 ihrer Tiere auf die Alp. «Einige Tage früher als normal», erklärt der Betriebsleiter. Um die drei Monate bleiben die Kühe oben. Das Jungvieh kann den Alpsommer meist bis Anfang Oktober geniessen. Die Weideflächen sind im Besitz der Unterallmeind Korporation Arth, die 18-jährige Alphütte mit Stall haben die Kennels im Baurecht erstellt. Bereits seit 50 Jahren geht die Steinerberger Familie auf die «Ober Hütte» z Alp. Erschlossen ist diese von Arth her. Die Milch kann dadurch während des Sommers an die Bergkäserei Rust auf dem Walchwilerberg geliefert werden, die Sammelstelle ist mit dem Jeep und Milchtank in 15 Minuten erreichbar. Der Preis für die rund 40 000 Liter Alpmilch ist, saisonal bedingt und mit dem Silofrei-Zuschlag, über die Sommermonate interessant. Die übrigen Monate liefert die Familie Kennel rund 200 000 kg Milch an die PMO Schwyzer Milch. Markus Kennel ist als Vorstandsmitglied dieser Produzenten-Milchverarbeitungs-Organisation nahe am Milchmarkt.
Liefermenge eingeschränkt
Die PMO Schwyzer Milch musste dieses Jahr während drei Frühlingsmonaten die Mengen von konventioneller Milch um fünf Prozent reduzieren. Das nach vielen Jahren, wo die Liefermengen kaum eingeschränkt waren.
Neuen Laufstall gebaut
Trotz dieser aktuell etwas angespannten Situation hat die Familie Kennel im vergangenen Jahr in einen imposanten neuen Laufstall investiert. Rund 90 Tiere finden in fünf Gruppen an der 60 Meter langen Futterachse Platz. Auf die Frage, ob das nicht eine etwas gewagte Investition gewesen sei, erklärt der Steinerberger Züchter: «Ich war schon immer optimistisch. Auch als wir vor 18 Jahren in eine moderne und zeitgemässe Alphütte investierten, gab es viele Skeptiker. Betrachtet man die heutige Situation, war die damalige Investition für die Zukunft unseres Betriebes entscheidend.»
Ein wichtiger Punkt, den Stallneubau in Angriff zu nehmen, war gemäss Markus Kennel sicher, dass die ganze Familie von der Milchviehhaltung und der Viehzucht begeistert ist. «Dazu kommt, dass ich dank des Neubaus nun selber auch noch einige Jahre von der grossen Arbeitserleichterung profitieren kann.»
Kein Tag der offenen Türen
Gerne würde die Familie Kennel ihren neuen Stall mit einem Tag der offenen Tür der breiten Öffentlichkeit zeigen. Dies ist infolge der Corona-Krise momentan aber nicht möglich. Markus Kennel sieht aber, ganz seinem Naturell entsprechend, auch Positives in der aktuellen Situation: «Unsere Schweizer Lebensmittel werden momentan wieder mehr geschätzt.» Reto Betschart
Hof Charenwäldli
Betriebsleiter: Regula und Markus Kennel
Lage: Steinerberg, 720 m ü. M., BZ I und II
Fläche: 25 ha LN, Alp mit 41,5 Stössen
Tierbestand: 30 Milchkühe und 55 Stück Jungvieh
Betriebszweige: Milchproduktion (240 000 kg), Tierverkauf (jährlich zirka zehn Stück)
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, Sohn Marco (angestellt), Unterstützung durch Familie und Aushilfen