Obwohl der verstärkte Kampf gegen die auszurottende Tierseuche Bovine Virus-Diarrhoe (BVD) Fortschritte zeigt, lässt ein aktueller Fall doch aufhorchen und einige Zweifel an den BVD-Tests aufkommen.
Noch Blut entnommen
So wurde Anfang März bei einem bekannten Züchter aus dem Neuenburger Jura ein Kalb positiv auf BVD getestet. Darauf wurde der ganze Viehbestand untersucht mit dem Resultat: Alle Tiere negativ. Bevor der Züchter sein «BVD-Kalb» einschläfern liess, entnahm er ihm noch Blut und liess es danach in der Kadaversammelstelle entsorgen. Im Kanton Neuenburg ist es üblich, dass in den Tierkörpersammelstellen allen toten Kälbern, zur BVD-Überwachung, eine Ohrstanzprobe entnommen wird. Dies war auch beim besagten Kalb der Fall. Zusammen mit der Blutprobe wurde die Ohrstanzprobe noch einmal auf BVD untersucht. Und siehe da: Beide Proben fielen plötzlich negativ aus.
Züchter will Anzeige erstatten
Verständlicherweise ist der Züchter ausser sich vor Wut und will den Fall so nicht hinnehmen. Mit einer Anzeige will er nun gerichtlich gegen die Behörden vorgehen. Erst recht, da sein wertvolles Kuhkalb aus einem teuren, importierten Embryo stammte. Die BauernZeitung wollte es genau wissen und fragte beim Neuenburger-Kantonstierarzt nach. Trotz schriftlicher Anfrage blieb diese bis heute unbeantwortet. Beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) heisst es nur so viel: «Die BVD-Tests sind grundsätzlich sehr gut und zuverlässig. Falsch-positive oder falsch-negative Testergebnisse können aber nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden», sagt die BLV-Mediensprecherin Nathalie Rochat. Die Gründe für die falschen Testergebnisse seien aber nicht nur beim Test selber zu suchen, sondern «Es kann sich auch um eine Probenverwechslung oder um einen Fehler in der Datenübermittlung handeln», heisst es vom BLV. Jedenfalls kommt jetzt bei diesem Kalb jede Hilfe zu spät.
BVD ist nicht immer nachweisbar
Gesamtschweizerisch sind immer noch 36 Betriebe wegen eines BVD-Falles oder -Verdachts gesperrt. Laut dem Bundesamt für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit (BLV) seien es zahlenmässig am meisten in den Kantonen Freiburg (zehn Betriebe) und in der Waadt (sieben). Weitere 219 Betriebe in der Schweiz haben einzelne gesperrte trächtige Tiere im Bestand. Rund 99,3% der Schweizer Rinderhaltungen sind BVD-frei.Dass die BVD-Tests nicht immer eindeutig sind, räumt auch das BLV ein. «Die Infektionsquelle eines BVD-positiven Tieres kann nicht immer nachgewiesen werden», bestätigt die BLV-Mediensprecherin Nathalie Rochat. Dies passiere beispielsweise, weil die Infektionsquelle (PI-Tiere) den Betrieb bereits wieder verlassen hat oder weil sich das Tier zum Beispiel an einem nicht untersuchten BVD-positiven Abort angesteckt hat. Auch vorübergehend mit dem BVD-Virus infizierte Tiere können eine Infektionsquelle darstellen. «Diese sogenannten transient-infizierten Tiere sind zu einem späteren Testzeitpunkt nicht mehr Virus-positiv, weisen jedoch im Blut oder der Milch Antikörper (Abwehrstoffe) gegen das Virus auf», sagt Rochat. Bei dem besagten Kalb im Kanton Neuenburg, könnte es sich auch um ein solches transientinfiziertes Tier gehandelt haben.
Strikte Überwachung wird fortgeführt
Laut dem BLV werde die Überwachung der BVD-freien Betriebe in den nächsten Jahren engmaschig fortgeführt. «Alle milchliefernden Betriebe werden halbjährlich, alle Nicht-milchliefernden Betriebe jährlich auf BVD untersucht», sagt Nathalie Rochat. Die letzten BVD-Infektionsketten müssen so schnell wie möglich erkannt und unterbrochen werden.