Am 18. Juni 2023 stimmt das Schweizer Stimmvolk über das Klimaschutzgesetz ab. Am selben Tag stimmen die Thurgauer(innen) über eine kantonale Energievorlage ab: Nämlich über die Änderung des Energienutzungsgesetzes (ENG) – kurz flexibler Energiefonds. Am 13. April lancierte das überparteiliche Ja-Komitee mit einer Presskonferenz den Abstimmungskampf. Co-Präsident Stefan Leuthold (GLP) betonte, dass die Änderung des kantonalen ENG und das nationale Klimaschutzgesetz zwei wichtige Bausteine sind, «damit wir unseren Energiebedarf auch in Zukunft sichern können, ohne dabei unsere Umwelt weiter zu zerstören».
Das will die Initiative
Am 11. Januar 2023 debattierte der Thurgauer Grosse Rat über die parlamentarische Initiative «Flexibler Energiefonds». Dagegen ergriff die SVP als einzige Partei das Referendum, weshalb nun das Thurgauer Stimmvolk am 18. Juni über die Änderung des Gesetzes über die Energienutzung (ENG) abstimmt. Die Initiative fordert folgende Änderung im Gesetzestext: Die Fördersumme für den Fondsbestand soll nicht mehr durch 12 bis 22 Mio Franken begrenzt sein, sondern mindestens 12 Mio Franken betragen. Der Grosse Rat wird weiterhin den Betrag festlegen, der in den Energiefonds übertragen wird.
Auf Mangellage nicht vorbereitet
Landwirt Josef Gemperle (Mitte) hob in seinem Plädoyer hervor, wie wichtig die Versorgungssicherheit bei der Energie ist. «Heute sind wir bei der Energie zu 70 Prozent vom Ausland abhängig. Das ist vielen nicht bewusst.» Er hielt fest, dass es Zufall war, dass die Strommangellage diesen Winter nicht eingetreten ist. «Das haben wir dem milden Winter und den vielen Sonnentagen zu verdanken, an denen viel Solarenergie produziert werden konnte.» Gemperle warnte, die Schweiz sei absolut nicht vorbereitet auf eine Mangellage. Deshalb brauche es mehr Investitionen in erneuerbare Energien.
«Der Energiefonds ist ein Instrument, das uns solche Investitionen ermöglicht. Dass der Fonds heute gedeckelt ist, bremst uns in unserem Handeln.»
Josef Gemperle, Landwirt und Thurgauer Mitte-Kantonsrat
Heute können die Thurgauerinnen und Thurgauer aus dem Fonds eine Fördersumme von 12 bis maximal 22 Mio Franken ausschöpfen. Co-Präsident des Komitees, Toni Kappeler (Pro Natura), erläuterte: «Die Änderung besteht darin, dass es jährlich mindestens 12 Millionen sind, ohne Begrenzung nach oben.» Damit sei noch kein Franken mehr an Fördergeldern gesprochen. Nach wie vor wird der Grosse Rat den Betrag festlegen, der in den Energiefonds übertragen wird. «Mit der Änderung haben Regierung und Grosser Rat die Möglichkeit, bei Bedarf und bei guten Jahresabschlüssen, den Energiefonds stärker zu äufnen und damit flexibler auf die Energie- und klimapolitische Situation zu reagieren.»
Lokales Gewerbe profitiert
Gabriel Macedo (FDP) stellte den volkswirtschaftlichen Nutzen in den Vordergrund.
«Der Fonds schafft Anreize. Der Fokus liegt auf der Wirkung und nicht darauf, nach dem Giesskannen-Prinzip Geld zu verteilen.»
Gabriel Macedo, Kantonsrat und Präsident FDP Thurgau
2021 lösten die Förderbeiträge laut Macedo Investitionen von 120 Mio Franken aus. Ein erheblicher Teil davon, rund 100 Mio Franken, kam der lokalen Wirtschaft zugute. Aber auch die Mieter und Hauseigentümer würden profitieren mit spürbar tieferen Energiekosten.
Daran knüpfte Elina Müller (SP) an. Sie sieht die grösste Hebelwirkung zur Verbesserung der Energieeffizienz im Bausektor. Aber auch bei den erneuerbaren Energiequellen gebe es noch viel Potenzial. «Letztes Jahr wurde der Fonds komplett ausgeschöpft, was zur Folge hatte, dass einzelne Beiträge gesenkt wurden.» Das sei schade und bremse die Entwicklung hin zur Klimaneutralität.
Klimaneutralität war das Stichwort für Simon Vogel (Grüne). Der Energiefonds und das Förderprogramm leisteten einen wichtigen Beitrag und seien ein zentraler Teil der Thurgauer Klimapolitik, so Vogel. «Die Aufhebung der Obergrenze ermöglicht es, flexibel zu reagieren und Investitionen in eine klimaneutrale Zukunft zu unterstützen.» Nicht an der PK dabei war Christian Stricker von der EVP. Seine Partei unterstützt die Initiative ebenfalls, womit alle grossen Parteien ausser der SVP im Initiativ-Komitee vertreten sind.
Auch die Landwirtschaft profitiert
2022 wurden im Kanton Thurgau 4500 Gesuche für Beiträge aus dem Energiefonds eingereicht. In die Landwirtschaft sind gemäss Kanton Fördergelder in der Höhe von ca. 3,8 Mio Franken zugesichert worden. Das sind rund 8,75 Prozent der Gesamtsumme der Förderzusagen im Jahr 2022. Auf Nachfrage der BauernZeitung, für welche Massnahmen und Investitionen Gelder in die Landwirtschaft flossen, antwortet Sven Arnold vom Amt für Energie: «Zu den Zahlen in Bezug auf Fördergelder können keine genauen Daten ausgewertet werden.» Bei den Förderkategorien Holzfeuerungen, Wärmenetzprojekte, Solarstromanlagen, Machbarkeitsstudien, Biogasanlagen, Wärmekraftkopplungen und Spezialprojekte konnten die Förderzusagen auf die Landwirtschaft bezogen werden. Die weiteren Förderkategorien mit Bezug zur Landwirtschaft, beispielsweise Gebäudesanierungen, Wärmpumpen usw., wurden abgeschätzt.

