Sechs bis sieben Mal pro Jahr ein Stromausfall über mehrere Stunden. Das ist nicht ein Worst-Case-Szenario angesichts der drohenden Energieknappheit, sondern für Roland Meier Realität. Der Landwirt ist in einem Weiler ausserhalb von Bachs, ca. zehn Kilometer von Bülach entfernt, zu Hause. «Wir sind ganz am Ende der Leitung. Wenn irgendwo etwas an der Stromleitung passiert durch Bäume, Sturm, Schnee, etc. hat man keinen Strom. Das ist normal», erzählt Meier. Weil das Stromnetz heutzutage durch verschiedene Stromquellen und viele Anlagen gespeist wird, sind die Frequenzschwankungen heute stärker und deshalb fällt der Strom öfters aus als früher. Das betrifft dann sechs Haushalte und drei Bauernhöfe.
Stundenlanges Warten
In solchen Fällen bleibt Roland Meier nichts anderes übrig, als zu warten, bis der Strom wieder fliesst. Das kann gut und gerne vier bis fünf Stunden dauern. Für Meier ist das vor allem wegen dem Melken und der Heubelüftung ein Problem.
«Als wir einmal nach einem Stromausfall erst nachts um zwölf im Stall fertig waren, war für mich klar, jetzt muss etwas gehen.»
Roland Meier, Landwirt
Er informierte sich, was für seinen Betrieb geeignet wäre. «Eine Solaranlage kam nicht in Frage, da wir im Winter bereits am Mittag Schatten auf dem Dach haben und für Inselbetrieb noch Batterien notwendig wären.» Weitere Optionen waren ein Zapfwellengenerator oder ein Windrad. Letzteres wäre aus Gründen des Landschaftsschutzes wahrscheinlich schwierig zu realisieren gewesen. Also blieb nur der Generator übrig.
Als Nächstes musste Meier seinen Stromverbrauch berechnen. Dieser beträgt für den gesamten Betrieb jährlich 27'000 Kilowattstunden (kWh). «Im Notfall müssen Melkmaschine und Heubelüftung miteinander laufen können», erklärt er. Um deren Strombedarf zu decken, braucht es eine elektrische Leistung von 40 Kilovoltampere (kVA).
Betriebsspiegel
Fläche: 22 ha LN; 2,8 ha Ackerbau, 13,2 ha Futterbau, 6 ha Naturschutzflächen, 6 ha Wald
Viehbestand: 16 Milchkühe plus Kälber und Aufzucht (ca. 16 Tiere)
Milchmenge: 100'000 l/Jahr, Abnehmer Mittellandmolkerei AG
Weitere Betriebszweige: Lohnarbeiten, im Winter Waldarbeit im Akkord
Ein Zapfwellengenerator wäre mit ca. 6000 Franken die günstigste Lösung. Um diesen zu betreiben, müsste Meier einen 110 PS-Traktor haben, sein grösster Traktor hat 95 PS. Ebenfalls gegen diese Variante sprach, dass der Traktor dann «besetzt» wäre. Also standen am Schluss noch ein Benzin- oder ein Dieselaggregat zur Auswahl. Einen Dieseltank hat Meier sowieso auf dem Betrieb, also war diese Anschaffung am naheliegendsten.
Investition war eine Notwendigkeit
Roland Meier sah sich nach verschiedenen Occasionsmodellen um, auch im Ausland. Dann kam 2020 Corona und der Lockdown, Grossanlässe und Feste wurden abgesagt. So kam es, dass er ein Occasionsgerät mit einer Leistung von 120 kVA für 10'000 Franken kaufen konnte. «Der Generator ist für unseren Betrieb überdimensioniert», sagt der 53-Jährige, der als Erstberuf Automechaniker gelernt hat. «Dafür muss ich mir keine Gedanken machen, was ich in welcher Reihenfolge einschalte. Und der Generator läuft nie unter Volllast, damit ist der Verbrauch auch tiefer.» Die Investition hat sich für ihn bereits im ersten Jahr gelohnt.
«Ich brauche den Generator sicher fünfmal im Jahr.»
Roland Meier zur Einsatzhäufigkeit des Generators
Fällt der Strom aus, stellt Meier im Schaltkasten den Trennschalter von «Netz» auf «Notstrom» um. Dann wird der Generator mittels Verlängerungskabel mit dem Schaltkasten verbunden. Wäre der Generator fest angeschlossen, gäbe es eine jährliche Elektrokontrolle. Das ist der einzige Grund, weshalb Meier die Steckdose installiert hat, fürs Anspringen benötigt der Generator keinen Strom.
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Meier empfiehlt jedem Betrieb, einen solchen Netztrennschalter mit Steckdose zu installieren. «Das kostet einmalig 500 bis 900 Franken und dann ist sie einfach vorhanden, falls mal etwas passieren würde.» Mittlerweile habe sich auch sein Nachbar, ein Gemüsebauer, ein Stromaggregat angeschafft.
Lieber vorsorgen als ohne Strom dastehen
Die Abhängigkeit vom Strom ist heute enorm gross, stellt Roland Meier fest. Strommangel sei seit den 70er-Jahren im Flach- und Mittelland kein Thema mehr gewesen. Er sagt: «Strom war immer da und die Grundversorgung gewährleistet.» Wer davon nicht selber betroffen sei, mache sich kaum Gedanken, was passieren könnte, wenn der Strom über Stunden weg ist, bemerkt er. Dass der Strom in der Schweiz knapp werden könnte, sei schon vor dem Krieg in der Ukraine ein Thema gewesen, man habe es einfach nicht wahrhaben wollen.
Gemäss Energiefachleuten wird sich mit der beschlossenen Energiewende der Stromverbrauch in der Schweiz bis 2035 verdoppeln. Meier sagt: «Ein paar Solaranlagen mehr reichen nie, um diesen Bedarf decken und die Atomkraftwerke ersetzen zu können.» Meier will sich nicht damit brüsten, dass er schon vorgesorgt hat, sondern seine Berufskollegen wachrütteln. «Bei mir war es eine notwendige Investition. Es muss ja nicht jeder Betrieb gleich ein Notstromaggregat anschaffen.» Aber man sollte vorsorgen, findet er, z.B. mit einem Netztrennschalter mit Steckdose für die Fremdeinspeisung. Sollte der Strom ausfallen, könnte man einen Generator wie er bei Meier steht, zum Betrieb transportieren, einstecken und schon hat man wieder Strom.
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