Es kann nicht funktionieren, wenn ein Instrument, das als Kontrolle empfunden wird, gleichzeitig noch der administrativen Vereinfachung dienen soll und wenn es auch noch mit mehreren Schnittstellen über Agate mit der Aufzeichnungspflicht für die Direktzahlungsordnung verknüpft wird. Aber so geschehen mit der Plattform Digiflux.

Entstanden ist ein «Bürokratiemonster», wie oft in der Branche kolportiert. Viele Lohnunternehmen und Händler haben sich dem Verein «nichtszumelden.ch» angeschlossen und verweigern von vornherein jegliche Mitteilungspflicht. Aber auch sie müssten eigentlich, wenn es streng nach dem Fahrplan des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) geht, ab 2026 ihre Verkäufe von Pflanzenschutzmitteln, Kraftfutter, Dünger sowie Hof- und Recyclingdüngern melden.

Hoffen auf die Politik

Der Handel setzt auf die Politik. So fordern denn auch mehrere Standesinitiativen eine Vereinfachung von Digiflux. Auch die Bauern erhoffen sich mit der Motion von Nationalrat Nicolas Kolly (SVP, FR) eine Befreiung von der Mitteilungspflicht, die für die Landwirte ab 2027 vorgesehen wäre.

Dennoch arbeitet das BLW an Digiflux weiter. Sistiert seien bis zum Entscheid über die Motion Kolly einzig die Arbeiten an der Digiflux-Meldepflicht-Plattform für die Landwirte, sagte BLW-Vizedirektor Bernard Belk an einer vor zehn Tagen durchgeführten Infoveranstaltung. Die Motion Kolly wird zuerst in der ständerätlichen Kommission vorberaten und anschliessend im Ständerat selbst behandelt. Es ist laut Parlamentsdienst noch offen, wann die Motion traktandiert wird.

Für jeden etwas dabei

An der BLW-Infoveranstaltung stellte Johannes Hunkeler, Projektleiter Digiflux, vor, wie Firmen und Händler ihre Meldungen an Digiflux zu übermitteln haben. Dafür stehen drei Varianten zur Verfügung.

  • Webanwendung für die manuelle Eingabe von Daten
  • Datei-Upload für ein gebündeltes Hochladen von Verkaufsdaten mittels einer Dateivorlage des BLW
  • Programmierschnittstelle (API) für den automatisierten Datentransfer direkt aus firmeneigenen IT-Systemen

[IMG 2]

Für die Eingabe der Daten muss sich der Händler bei Agate als Nutzer anmelden und «Betrieb/Standort» in Digiflux eröffnen. Pflanzenschutzmittel und Dünger sind in einem Produktkatalog vorgegeben. Hingegen handelt es sich bei Hof- und Recyclingdünger sowie Kraftfutter um betriebsspezifische Produkte, die der Händler anlegen und bewirtschaften muss. Melden muss man Düngerprodukte und Kraftfutter, die Stickstoff und Phosphor enthalten. Anzugeben sind von den Händlern die ID (Produktname), die Menge, das Datum und der Kunde.

Gänzlich befreit sind die Landwirte auch 2026 nicht, wenn der Handel Daten liefern muss. Laut BLW müssen sie in Übereinstimmung mit den aus Hoduflu bekannten Prozessen die Lieferung bestätigen oder ablehnen. Vor allem bei Hof- oder Recyclingdüngern sei diese Option aufgrund der Gehalte wichtig. Zudem werde es auch eine Möglichkeit geben, die Annahme von Lieferungen automatisch bestätigen zu lassen.

Betriebs- und Initialkosten

Die Webanwendung sei geeignet für kleinere Betriebe wie Lohnunternehmen oder auch Einkaufsgemeinschaften und sie sei gratis. Der Arbeitsaufwand ist allerdings auch für kleine nicht zu unterschätzen.

Mit einem grösseren Initialaufwand sind der Datei-Upload und die Programmierschnittstelle für den automatisierten Datentransfer verbunden. Das BLW stellt dafür Codes für die Schnittstellen zur Verfügung, sodass die Firmen sehr genaue Vorgaben hätten, wie sie ihre IT-Systeme anpassen könnten.

Wichtig sei, dass die Firmen frühzeitig mit ihren Softwarepartnern in Kontakt treten und Umfang und Kosten für die betriebseigenen IT-Systeme abklären. Auch ist nicht mit einer einmaligen Programmierung zu rechnen, denn für solche IT-Systeme sind regelmässige Updates nötig. Für die Pilotphase zum Austesten der Digiflux-Plattform sucht das BLW noch Pilotbetriebe.

Bisher hat sich dafür ein einziger Betrieb aus dem Jura zur Verfügung gestellt (siehe unten) – nicht aber die Fenaco als wichtigster Handelspartner der Landwirte.

Fenaco in der Warteschlaufe

Abo Analyse Digiflux und das Einhalten von Versprechen Sunday, 6. October 2024 2022 hatte sich seitens der Fenaco auch die Landi Reba an Digiflux-Basistests beteiligt. Es war dann auch inoffiziell zu hören, dass die Fenaco für Digiflux bereitstünde. Inzwischen hat die Fenaco, die unter anderem mit Agroline, der UFA AG, Melior, Landor und den regionalen Landi von der Mitteilungspflicht betroffen ist, scheinbar eine Kehrtwende vollzogen. Auf Nachfrage seitens der BauernZeitung sagt Samuel Eckstein von der Fenaco-Medienstelle: «Seitens Fenaco sind die Projektarbeiten seit Anfang 2024 sistiert, bis mehr Klarheit herrscht.» Da die Mitteilungspflicht für den Handel 2026 eingeführt werden soll, muss aber auch die Fenaco für 2025 Mittel für IT-Kapazitäten budgetieren. Dazu Samuel Eckstein: «Wir geben grundsätzlich keine Budgetzahlen bekannt.» Bis dato habe die Fenaco noch keine genauen Anforderungen vom BLW erhalten, ausserdem seien politische Motionen hängig, die einen Einfluss auf die Ausgestaltung der Massnahmen haben könnten. «Wegen dieser fehlenden Grundlage haben wir 2025 noch nichts für Digiflux budgetiert», so Eckstein von der Fenaco-Medienstelle.

Wettbewerbsnachteil für kleine Unternehmen

Fein raus sind die internationalen Firmen wie BASF, Syngenta oder Bayer. Sie liefern ihre Verkaufsdaten schon seit vielen Jahren an das BLW. «Aber wir befürchten, dass der hohe administrative Aufwand zu einem beträchtlichen Wettbewerbsnachteil für die kleineren Händler führen kann», sagt Uwe Kasten, Landesleiter Pflanzenschutz BASF Schweiz.

Es schleckt denn auch keine Geiss weg, dass Systemanpassungen je nach Unternehmen sehr, sehr teuer werden können. Das können sich Agrarkonzerne leisten. Aber kleinere Handelsfirmen oder Einkaufsgemeinschaften kommen in die Bredouille und könnten aus dem Markt gedrängt werden, selbst wenn mit den drei Übermittlungsvarianten laut Bundesamt für Landwirtschaft für jede Grösse eines Unternehmens etwas dabei ist. Aber selbst die Gratisvariante via Web kostet Zeit – und Zeit ist Geld.

Parallelimporte erfassen

Mit Digiflux sollen alle Schlupflöcher gestopft werden – auch was Parallelimporte betrifft. Im Rahmen des Verordnungspakets 24/22+ will das BLW die Fachverordnungen so anpassen, dass Einkäufer beziehungsweise Anwender ihre Einkäufe im Ausland von PSM, Dünger oder Futtermittel selbst erfassen müssen, auch jene, die sie von ausländischen Händlern übernommen haben. Darüber entscheidet der Bundesrat im Herbst.

Raufutter auf freiwilliger Basis

Raufutterlieferungen sind nicht mitteilungspflichtig, aber auf freiwilliger Basis kann man diese optional im System Digiflux erfassen. Dadurch können laut BLW Landwirte ihre Stoffflüsse an einem einzigen Ort digital dokumentieren und damit von der einmaligen Erfassung und von Synergien profitieren (z. B. bei der digitalen Nährstoffbilanz). «Oder in anderen Worten: Raufutterverschiebungen können in Digiflux erfasst werden, damit diese Informationen direkt an die digitale Nährstoffbilanz weitergegeben werden können», so das Bundesamt für Landwirtschaft.

Eine nächste Informationsveranstaltung plant das BLW im Februar 2025. Man darf gespannt sein. Die Aufzeichnung des Online-Infoanlasses kann man aber anschauen. Siehe  www.digiflux.ch.


Nachgefragt bei Didier Charmillot

«Gut, startet man mit einer Pilotphase»

Warum stellen Sie sich als Pilotbetrieb für Digiflux zur Verfügung?

Didier Charmillot: Ich bin der Meinung, dass die Mitteilungspflicht via Digiflux früher oder später in Kraft treten wird. [IMG 3] Klar, wäre ich froh, wenn es nicht käme und uns dadurch kein zusätzlicher Aufwand entstehen würde. Aber rein betriebswirtschaftlich ergibt es Sinn, sich als Pilotbetrieb zu beteiligen. So kann ich den zeitlichen und technischen Aufwand sowie die damit verbundenen Kosten einschätzen. Ich will keine bösen Überraschungen bei der Einführung der Mitteilungspflicht erleben. Lieber dabei sein, statt die Faust im Sack zu machen.

Welche der drei Übermittlungsvarianten werden Sie austesten?

Ausgeschlossen ist die sogenannte API-Schnittstelle, das können sich nur grosse Firmen leisten. Ich gehe davon aus, dass wir die Onlineerfassung und Übermittlung via Upload testen können. Gut, startet das BLW mit einer Pilotphase und ermöglicht uns dadurch, Rückmeldungen betreffend Vereinfachungen zu machen – immer in der Hoffnung, dass diese berücksichtigt werden. Davon können auch meine Kollegen profitieren.

Entstehen Ihnen durch die Pilotphase auch schon Kosten?

Das werden wir erst sehen, wenn es so weit ist. Bis dato haben wir noch keine Vereinbarung mit dem BLW. Das wird im November in einer Sitzung geklärt. Mein Ziel ist es, die Kosten so gering wie möglich zu halten.

Sie haben von Ihren Kollegen gesprochen. Arbeiten Sie mit anderen Firmen zusammen?

Wir sind sechs, bald sieben Mühlen, die das gleiche IT-System nutzen. Es sollte nur eine einmalige Programmierung nötig sein, damit jeder von uns die Datenübermittlung via Digiflux nutzen kann. So können wir die Kosten für den Programmieraufwand unter uns aufteilen. Aber ich sehe auch über den Tellerrand hinaus und hoffe, meine Erfahrungen auch anderen kleinen Firmen und Händlern zur Verfügung stellen zu können.