Vor rund zwei Monaten schenkte die Bevölkerung der Landwirtschaft ihr Vertrauen, indem sie Nein zur Biodiversitäts-Initiative sagte. Dass das Thema damit nicht vom Tisch ist, zeigt der Zürcher Bauernverband. Am 11. November 2024 präsentierte er in Dübendorf im Rahmen der jährlichen Martini-Pressekonferenz einen «Plan B». «Wir halten Wort und möchten uns um die Biodiversität kümmern, stellte Präsident Martin Haab klar. Allerdings nicht so, wie es das Gesetz in den letzten 25 Jahren vorsah, sondern wie es die Bauern für richtig hielten.
Vermehrt Fokus auf die Qualität
Zwar betrage der Anteil der Biodiversitätsförderflächen an der landwirtschaftlichen Nutzfläche schweizweit bereits rund 19 Prozent, also fast dreimal mehr als das festgelegte Minimum von 7 Prozent. Dennoch würden die Qualitätsziele nicht erreicht. «Daher ist es an der Zeit, mehr über Qualität zu reden als über Quantität», so Geschäftsführer Ferdi Hodel.
Der Schlüssel zum Erfolg besteht laut Ferdi Hodel darin, dass Landwirte Massnahmen zur Biodiversitätsförderung ergreifen, ohne dabei gleichzeitig die Produktion zu schwächen. Gefragt ist Eigenmotivation und Eigenverantwortung. Konkret läuft «Plan B» so ab: Wer mitmachen will, kann sich beim ZBV melden. Eigene Ideen sind willkommen, zudem steht ein Katalog mit Fördermassnahmen zu Verfügung, deren ökologischer Nutzen wissenschaftlich erwiesen ist. Martin Streit, Leiter Umwelt beim ZBV, stellte Beispiele vor:
- Einzelbäume/Allee: Dabei sind landschaftsprägende Einzelbäume wie Eichen oder Linden gemeint (Obstbäume werden nicht dazu gerechnet). Pro 1 – 2 Bäume/ha kommt es zu einer Verdoppelung der Anzahl Vogelarten. Bei 3 – 5 Bäumen/ha verdoppelt sich die Anzahl Fledermausarten.
- Hofareal: Rund um den Hof gibt es viele Möglichkeiten, um Kleintiere und Pflanzen zu fördern. Z.B. Holzbeigen, Trockensteinmauern oder Ruderalflächen.
- Künstliche Nisthilfen: Für verschiedene Vögel, Fledermäuse oder Wildbienen können entsprechende Nisthilfen angebracht werden (z.B. an Bäumen oder an Gebäuden).
- Aufgewertete QI-Flächen: Bei BFF-Flächen der Qualitätsstufe 1 (QI) lassen sich Verschiedenes aufwerten. Etwa mit Dornensträuchern als Lebensraum für Neuntöter, Ast- und Steinhaufen für Kleintiere, Wieselburgen oder offenen Bodenstellen als Nistmöglichkeit für Wildbienen.
Vertrag für 10 Jahre abschliessen
In einem Beratungsgespräch wird erörtert, welche Massnahmen am besten zu einem Betrieb passen. Nicht alles macht überall Sinn: «Zum Beispiel ist es nicht empfehlenswert, ein Biotop anzulegen, wenn die Wasserversorgung nicht optimal ist», stellte Livia Lehmann, Umweltberaterin beim ZBV, fest. Wichtig sei: Lieber fokussiere man sich auf wenige, dafür auf hochwertige Massnahmen. Zudem stelle der ZBV auch das Wissen zur Umsetzung zur Verfügung, etwa in Form von Anleitungen zum Bau von Nistkästen.
Massnahmen sind auf digitaler Karte sichtbar
Entscheidet sich ein Betrieb zur Teilnahme an «Plan B», kommt es zu einer vertraglichen Vereinbarung. Die Leistungserbringer verpflichten sich dabei, die entsprechenden Massnahmen während zehn Jahren zu pflegen. In den ersten vier Jahren erhalten sie dafür Geld. Ab dem sechsten Jahr soll der Unterhalt auf eigene Kosten weitergeführt werden.
«Statt auf Kontrolle der Umsetzung setzen wir auf Sichtbarmachen», so Ferdi Hodel. Jede Massnahme werde vor Ort gekennzeichnet sowie mit einem QR-Code versehen. So liessen sich auf einer digitalen Karte sämtliche Massnahmen und ihre Standorte überblicken.
Der ZBV will eine Bewegung auslösen
Gemüsebauer Thomas Beerstecher, auf dessen Betrieb die Martinikonferenz stattfand, konnte bereits für das Projekt gewonnen werden. So möchte er etwa das Hofareal mit Kleinstrukturen aufwerten und Nistkästen für Turmfalken einrichten. «Mir ist es wichtig, dass ich eigene Ideen einbringen kann und nicht einfach Vorschriften aufgedrückt bekomme», sagte Beerstecher. Er sei überzeugt, dass dies der richtige Weg sei, um die Biodiversität vermehrt zu fördern.
Für die Finanzierung von «Plan B» ist der ZBV auf der Suche nach einem Projektpartner. Das Geld, das der Verband auch mithilfe weiterer Sponsoren zusammentragen will, soll laut Geschäftsführer Ferdi Hodel direkt an die teilnehmenden Bauern abgegolten werden. Mit einer Million Franken sei es schätzungsweise möglich, mehr als 4000 Massnahmen umzusetzen.
«Wir möchten mit dem Projekt eine Bewegung auslösen, die auch das Bewusstsein der Gesamtgesellschaft schärft», so Hodel. Dabei sei es erwünscht, dass sich auch die Bevölkerung, etwa Schulklassen, an Aktionen beteilige. Der Projektstart mit der Umsetzung der ersten Massnahmen soll Anfang 2025 erfolgen.
