Wie können Produzenten Marktmacht gewinnen, um bessere Preise für ihr Produkt durchzusetzen? Die Frage beschäftigt derzeit die Landwirtschaft. Der Antwort einen Schritt näher gekommen ist die Mooh-Genossenschaft – so das Fazit, das der Vorstand vergangene Woche an der Generalversammlung in der Vianco-Arena in Brunegg AG ziehen konnte. «Ziel war, den Milchmarkt zu stabilisieren», sagte Verwaltungsratspräsident Martin Hübscher dort. Und das sei trotz riesiger Herausforderungen gelungen. Mengenverluste bei Grosskunden und beim Milchpulver sowie tiefe Exportmengen der Sortenorganisationen hatten die Preise in der ersten Jahreshälfte unter Druck gesetzt. «Wir mussten für 50 Millionen Kilogramm neue Absatzmärkte suchen und das noch während der Frühlingsspitzen», rief Hübscher in Erinnerung. Eine dramatische Situation: «Wenn es in einem Sektor Absatzprobleme gibt, reisst das den Preis auch in den anderen Bereichen runter.»
Magermilch für Mitglieder
Um ein Überangebot am Markt zu verhindern, setzte Mooh auf die eigene Käserei Laubbach und dazu noch auf Partnerkäsereien. Diese stellten Käse her, den Mooh anschliessend auf eigene Faust exportierte. Zusätzlich stieg Mooh erstmals in die Herstellung von Magermilchpulver ein. Dieses konnte von den Mitgliedern in den milchschwachen Monaten zu vergünstigten Konditionen zurückgekauft und für die Kälber verwendet werden.
Auch beim Milchfett wurde Mooh aktiv. «Da haben wir gesehen, wie schnell der Markt drehen kann», sagte Martin Hübscher. Noch 2023 habe die Schweiz Butter importieren müssen, 2024 habe sich die Lage aber nicht zuletzt wegen des Rückgangs beim Export von Vollfettkäse komplett verändert. Mooh nahm deshalb eigene Rahmexporte auf.
So hatte das schwierige Jahr auch etwas Gutes: «Verwaltungsrat und Geschäftsstelle haben sich intensiv mit Strategie auseinandergesetzt», konnte Martin Hübscher berichten. Dabei habe sich gezeigt, wie wichtig eine unabhängige Vermarktungsorganisation sei. Für eine solche brauche es eine grosse Milchmenge, eine breite Sicht auf den Markt, eigene Exportkanäle und damit Alternativen im Verkauf, fasste Hübscher die «Learnings» zusammen. «Ohne Alternative im Verkauf und ohne breite Marktsicht sind wir nicht in der Lage, den Milchpreis nachhaltig zu beeinflussen – dann sind wir nur Restgeldempfänger». Umso wichtiger sei eine schlagkräftige Organisation, die schnell handeln könne.
Eigene Kapazitäten hochfahren
Mittlerweile habe Mooh im europäischen Raum eigene Absatzkompetenz und Netzwerke, ergänzte Geschäftsführer René Schwager. Er rechnet mit weiteren Herausforderungen. «Zentral ist, dass wir die Ausregulierung der Spitzen im Griff haben», sagte er. Früher sei dies vorwiegend über den Verkauf an die Milchpulverindustrie geschehen, doch diese baue weiter Kapazitäten ab, sagte Schwager auch mit Blick auf die für den Sommer geplante Schliessung des Werks Hochdorf. «Da fallen weitere Kapazitäten weg», warnte er. Mooh werde deshalb die eigenen Kapazitäten noch in diesem Jahr weiter hochfahren.
Ende Jahr überstiegen die von Mooh erzielten Preise die eigenen Annahmen. Die Mitglieder erhalten deshalb auf die im November gelieferte Menge eine Milchgeldnachzahlung von 1,5 Rappen pro Kilogramm ÖLN-Silomilch. Insgesamt fliessen 600 000 Franken an die Mitglieder zurück.
Mehr Einfluss für Produzenten
Die Milchbauern sollen in der Branchenorganisation Milch (BOM) mehr Gewicht erhalten. «Trotz der 400 Millionen Ausgaben des Bundes für den Milchmarkt ist die Branche nicht in der Lage, Milchverträge abzuschliessen, die den Milcherzeugern eine Zukunft geben», heisst es in der gemeinsamen Medienmitteilung von Uniterre, Big-M, dem Bernischen Bäuerlichen Komitee (BBK) und dem Bäuerlichen Zentrum Schweiz (BZS). Die vier Organisationen fordern, dass die der BOM gewährte Allgemeinverbindlichkeit nur unter Bedingungen verlängert wird, die den Einfluss der Milchproduzenten stärken. So soll die Produktionsseite zu 50 Prozent im Vorstand der BOM vertreten sein, wobei die Vertreter(innen) selbst in der Milchproduktion aktiv sein müssen und keine «Interessenkonflikte mit Verwaltungsratsmandaten haben» dürfen.
Die Wahl müsse in einem «transparenten und offenen demokratischen Prozess erfolgen», bei dem alle Milchproduzent(innen) ein Stimmrecht haben. Milchhandel, Käsereigewerbe, Milchindustrie und Detailhandel sollen sich die andere Hälfte der Mandate teilen. Alle Entscheidungen von Vorstand und Delegiertenversammlung sollen ausserdem mit einfachem Mehr getroffen werden, um zu verhindern, dass ein Sektor ein Veto einlegen kann. Weiter werden bessere Bedingungen in Bezug auf Mengen und Preise gefordert. Würden diese Bedingungen nicht eingehalten, solle der Bundesrat den Antrag auf Verlängerung der Allgemeinverbindlichkeit ablehnen, so die Forderung.