Die Stellungnahmen in der Vernehmlassung zur revidierten Jagdverordnung (JSV) sind erwartungsgemäss kontrovers ausgefallen. Laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) hat rund die Hälfte der Stellungnehmenden verlangt, die Vorlage grundsätzlich zu überarbeiten. Die andere Hälfte stimme mit Vorbehalten und Änderungswüschen zu – ganz zufrieden war demnach niemand.
Der Sparhammer schlägt zu
Der augenfälligste Unterschied zwischen der nun verabschiedeten und der JSV in Vernehmlassung ist, dass das allgemeine Sparprogramm des Bundes nun auch hier durchdrückt. So beteiligt sich der Bund künftig nur noch zu maximal 50 Prozent an Massnahmen für den Herdenschutz (bisher waren es 80 Prozent). Das bedeutet, dass ab 2025 die Kantone ebenfalls 50 Prozent übernehmen müssen statt 20 Prozent. Die Mehrkosten werden auf rund 1–2 Millionen Franken pro Jahr geschätzt. Dafür würden die Kantone aber neu finanzielle Unterstützung vom Bund erhalten für die Vergütung von Biberschäden an Infrastrukturanlagen, die Biberschaden-Prävention und Jagdbanngebiete, hält der Bundesrat fest.
Neu leistet der Bund keine finanzielle Unterstützung für den Herdenschutz mehr an betroffene Landwirte, sondern an die Kantone. Diese sollen die Beiträge sodann für konkrete Massnahmen bei den Landwirten gemäss kantonalen Schwerpunkten einsetzen.
Weiterhin präventiv im Winter
2023 und 2024 haben die Wildhüter jeweils im Winter präventiv Wölfe geschossen. Voraussetzung für diese Eingriffe in den Wolfsbestand ist ein Risiko für Nutztiere und umgesetzte Herdenschutzmassnahmen – dann kann ein Teil der Jungwölfe eines Rudels geschossen werden. Der Abschuss ganzer Rudel ist nur zulässig, wenn die Tiere unerwünschtes Verhalten zeigen (z. B. fachgerechten Herdenschutz überwinden und Nutztiere töten, wiederholt Rinder oder Pferde angreifen und verletzen oder wenn es zu Rissen auf einem Hofareal kommt). Der Absatz zur Rudelregulierung hat in der Verordnungsrevision nach der Vernehmlassung einen Zusatz bekommen: «Bei der Regulierung sind die Anliegen des Tierschutzes, insbesondere des Schutzes der Jungtiere, zu berücksichtigen.»
Diesen Teil der JSV hat der Bundesrat bereits vergangenes Jahr in Kraft gesetzt, um vor dem nächsten Alpsommer in den hiesigen Wolfsbestand eingreifen zu lassen.
Rudel-Regulierungen durch die Kantone brauchen die Zustimmung des Bafu. Das gilt nicht für den Abschuss von Einzelwölfen, die eine Gefährdung für Menschen darstellen.
30'000 pro Rudel an die Kantone
Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Kantone durch Massnahmen zum Umgang mit dem Wolf mit Mehrkosten konfrontiert werden. Daher sind Finanzhilfen des Bundes an die Kantone vorgesehen, welche die JSV bei 30'000 Franken pro Rudel deckelt. Der tatsächliche Bundesbeitrag pro Rudel werde jeweils unter Berücksichtigung der Kosten der Kantone und der Haushaltslage des Bundes festgelegt.
Keine (nicht) zumutbar schützbaren Alpen mehr
Die Kantone werden verpflichtet, die Herdenschutzberatung in ihre landwirtschaftliche Beratung zu integrieren. Während für Ganzjahresbetriebe eine schriftliche Beratung (Versand von Informationen zu technischen Herdenschutzmassnahmen) ausreicht, ist für Sömmerungsbetriebe mit Schafen oder Ziegen eine Beratung vor Ort vorgesehen. Dabei sollen alle bestossenen Weideflächen «einzeln auf die möglichen, sinnvollen und zumutbaren Schutzmassnahmen überprüft werden», so der Bundesrat. Dazu gehört eine schriftliche Dokumentation durch den Kanton.
Die bisherige Einteilung von Alpen in «zumutbar schützbar» und «nicht zumutbar schützbar» ersetzt die JSV durch das einzelbetriebliche Herdenschutzkonzept. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Diskussionen gegeben, welche Alpen denn nun als schützbar gelten sollten und welche nicht. Im Rahmen des einzelbetrieblichen Herdenschutzkonzeptes werden alle Weideflächen auf ihre Schützbarkeit beurteilt und Notfallmassnahmen festgelegt, falls es zu Wolfsangriffen kommt (z. B. Wechsel auf eine schützbare Weide).
Bund zieht sich aus Hundezucht zurück, prüft aber die HSH
Mit der neuen JSV beschränkt sich der Bund in Sachen Anerkennung von Herdenschutzhunden (HSH) auf die Qualitätssicherung, indem er die Tiere vor ihrem Einsatz prüfen lässt. Die Bereiche Zucht, Ausbildung, Haltung und Einsatz überantwortet er den Kantonen. Sie können bestimmen, welche Hunderassen sie auf ihrem Kantonsgebiet als HSH zulassen wollen. Damit weicht die definitive Version der JSV von der Vernehmlassung ab und trägt der geäusserten Kritik Rechnung. Denn ursprünglich sollten die Kantone auch die Prüfung der HSH übernehmen.
Die revidierte JSV ersetzt die teilrevidierte Version, die per 1. Dezember 2023 befristet bis Ende Januar 2025 galt. Demnach treten die Neuregelungen am 1. Februar 2025 in Kraft.
Schadenstiftende Biber abschiessen, Biberdämme entfernen
Neben Wölfen führen auch Biber auf Landwirtschaftsland zunehmend zu Konflikten. Können Schäden durch Biber nicht dank zumutbarer Massnahmen verhindert werden, erlaubt die JSV den Abschuss von Einzeltieren, die «erheblichen Schaden» verursachen (z. B. Untergraben von Uferböschungen zum Hochwasserschutz oder von landwirtschaftlichen Erschliessungswegen, Rückstau von Drainagen) oder Menschen gefährden. Es gehe hier nicht um eine Bestandsregulierung, da das Revier schnell wieder von einem anderen Biber besiedelt werde. Vielmehr das Ziel die Entnahme schadenstiftender Biber – «bei Paaren oder Familien sind mehrere Tiere beteiligt und müssen folglich gesamthaft entfernt werden», heisst es in den Erläuterungen. Die Liste der zumutbaren Massnahmen, die vor einem Abschuss zu ergreifen sind, ist allerdings lang. Sie reicht von Drahtgittern an Einzelbäumen über Elektrozäune zum Schutz von Ackerkulturen bis zu Grabschutzgittern in Hochwasserdämmen oder Metallplatten gegen Einsturzgefahr über Biberbauten. Immerhin sieht die JSV Förderbeiträge zur Verhütung von Schäden durch Biber vor: Das Bafu beteiligt sich mit maximal 30 Prozent an den Kosten der Kantone.
Mit kantonaler Bewilligung sind Massnahmen an Biberdämmen – bis zur vollständigen Entfernung – zulässig bzw. gelten als zumutbar, falls das Aufstauen eines Gewässers erheblichen Schaden oder eine Gefährdung verursachen könnte.

