Abo Den Pachtvertrag haben Silas und Cindy Wyss schon viele Male durchgeblättert. Gutsbetrieb Hondrich-Pächter enttäuscht: «Für sie ist es nur ein Geschäft, für uns die ganze Existenz» Tuesday, 7. November 2023 Die Situation der Pächterfamilie Wyss ist verzwickt: Der Stall auf dem Hondrich entspricht nicht mehr den Tierschutzvorschriften, deshalb stehen ihre Kühe auf dem zweiten Pachtbetrieb in Spiez. Doch dieser Vertrag läuft Ende 2025 aus.

Das Amt für Grundstücke und Gebäude (AGG) des Kantons Bern als Eigentümer des Landwirtschaftsbetriebs auf dem Hondrich wusste um diese Situation und sicherte der Pächterfamilie schriftlich zu, den bestehenden Stall bis Ende 2025 zu sanieren. Doch der Kanton kann das Versprechen nicht halten.

«Nicht voraussehbar»

Das AGG habe im Jahr 2022 die Möglichkeiten zur Sanierung untersucht, erklärt Lorenz Held, Amtsvorsteher und Kantonsbaumeister, auf Nachfrage der BauernZeitung. In der Zwischenzeit habe sich eine Sanierung aber als nicht bewilligungsfähig herausgestellt. 

«Das war auch für das AGG nicht voraussehbar»

Lorenz Held vom AGG begründet das verzögerte Handeln.

Grund seien Geruchsemissionen zum angrenzenden Wohngebiet, die den Empfehlungen des Bundes zur gesetzlichen Luftreinhalteverordnung widersprechen. «Das AGG und ich persönlich bedauern die Umstände und die für die Pächterfamilie eingetretene Planungsunsicherheit», meint Held. Deshalb werde nun eine langfristige Lösung anvisiert. Ein Neubauvorhaben mit Laufstall und Melkroboteranlage befinde sich in Vorabklärung, erklärt er das geplante Vorgehen.

Alles hängt zusammen

Zuerst muss jedoch der Grosse Rat die finanziellen Mittel bewilligen, dann erst kann ein Baugesuch eingereicht werden. Mit diesem Zeitplan könne der neue Stall dann Mitte 2027 in Betrieb genommen werden, erläutert das AGG.

Inforama Inforama Nutzerstrategie scheitert im Grossen Rat des Kantons Bern Tuesday, 12. September 2023 Eine Unklarheit besteht weiterhin, denn das Bauvorhaben muss zusammen mit der neue Inforama-Strategie verabschiedet werden. Doch diese wurde im Herbst vom Grossen Rat zurückgewiesen – allerdings mit der Auflage, dass ohnehin vorgesehene und nicht direkt von der Strategie abhängige Investitionen wie geplant umgesetzt werden sollen. «Der Stallneubau könnte – falls die finanziellen Mittel bewilligt werden – als eine solche Investition betrachtet werden», macht Lorenz Held etwas Hoffnung. So könne der Baustart unabhängig von der Inforama-Strategie erfolgen. Doch diese Arbeitsschritte werden entsprechend Zeit benötigen, gibt der Kantonsbaumeister zu bedenken. Bis die Familie Wyss also erstmals im neuen Stall melken kann, muss noch einiges geschehen.

Vorwärts machen

Der Berner Bauernverband (BEBV) will sich nun dafür einsetzen, dass das Projekt schnell angepackt wird. «Wir fordern vom Kanton, dass er in dieser Sache vorwärts macht», meint die Geschäftsführerin Karin Oesch. Der Landwirtschaftsbetrieb auf dem Hondrich sei der wichtigste Partner für die erfolgreiche Führung eines Kompetenzzentrums für Alp- und Berglandwirtschaft am Inforama.

«Der Betrieb muss zukunftsgerichtet und standortgerecht bewirtschaftet werden.»

Karin Oesch vom Berner Bauernverband fordert ein schnelles Handeln.

Der BEBV hält das AGG auch an, eine durchgehende Lösung für die Pächterfamilie zu garantieren. Denn wo deren Milchkühe bis zum Einzug in den neuen Stall gemolken werden, ist noch nicht geklärt. Eine Möglichkeit sieht Lorenz Held in der Verlängerung der Pacht in Spiez. Dort befinde man sich nun in Verhandlungen mit der Burgergemeinde Bern.