Revision des Jagdgesetzes Der Weg scheint frei für eine Bestandesregulierung beim Wolf Tuesday, 18. January 2022 Als einen «Schritt in die richtige Richtung» bezeichnete der Bündner Bauernverband in einer Medienmitteilung den Entscheid der Umweltkommission des Nationalrates für eine neue Vorlage zur Änderung des Jagdgesetzes. Die BauernZeitung hat beim Präsidenten Thomas Roffler nachgefragt, welche Erwartungen er an das revidierte Jagdgesetz hat.

Der Bündner Bauernverband schrieb in der Mitteilung, man werde darauf bedacht sein, die politische Entwicklung eng zu begleiten. Wie will sich Ihr Verband in die Gespräche einbringen?

Thomas Roffler: Einerseits haben wir uns im Verbund mit anderen Kantonen sehr gut vorbereitet auf diesen politischen Weg. Unser Vorgehen wird gut koordiniert sein. Die Betroffenheit durch die Wolfsproblematik hat sich neben Graubünden ebenfalls in anderen Kantonen stark verschärft, und der Wille zum politischen Handeln ist gross.

Wir Bündner werden viel vom vorhandenen Wissen an andere Regionen weitergeben. Neben dieser kantonalen Zusammenarbeit werden wir sicher viele Einzelgespräche mit Parlamentsmitgliedern sowie Parteien und Verbänden führen und sie von der Notwendigkeit einer Gesetzes­revision überzeugen.

Welche Erwartungen haben Sie an das revidierte Jagdgesetz?

Wir wollen auf keinen Fall eine Alibiübung, die in einem unbrauchbaren Gesetz endet und suggeriert, dass etwas gemacht wurde, man es aber am Schluss nicht effizient einsetzen kann. Dies gilt es zu verhindern. Die Erwartungshaltung ist klar und unmissverständlich: Wir wollen eine Regulierung der Wolfsbestände, auch durch Abschüsse, und weniger Übergriffe auf die Nutztiere.

Ebenfalls muss erreicht werden, dass die Wolfspopulation nicht die Scheu vor den Menschen verliert oder es sogar zu schlimmen Übergriffen auf Menschen kommt. Die heutigen komplizierten, ineffizienten Verfahren müssen vereinfacht und verkürzt werden. Ein Eingreifen muss unbürokratischer möglich werden. Herdenschutz allein kann die Probleme nicht lösen.

Die geplante Gesetzesrevision, und damit ein flexibler Umgang mit dem Wolf, scheint zustande zu kommen. Wie ist die Stimmung bei den Landwirt(innen), insbesondere bei den Älpler(innen)?

Jede Verbesserung zur heutigen belastenden Situation ist ein geschätzter und willkommener Schritt. Sicher darf auch festgehalten werden, dass eine gewisse Erleichterung spürbar ist. Der politische Wille zum Handeln ist auch auf Eidgenössischer Ebene vorhanden und man versucht, die nötigen Gesetzesgrundlagen vorzubereiten.

Schon mehrfach erwähnten Sie, der letzte Alpsommer sei einzigartig gewesen. Können Sie das erläutern?

Noch nie gab es so viele Über- und Angriffe auf Rindvieh wie im letzten Sommer. Im Prättigau wurde zum Beispiel wenige Tage nach der Alpauffahrt eine grosse Alp entladen, da der Schutz der Tiere nicht mehr gewährleistet werden konnte. 

Ebenfalls ungewohnt war, dass ein Wolfsrudel Menschen gefährlich nahe kam. Wir merken sehr stark, dass Älpler(innen) sich seit dem letzten Sommer immer häufiger die Frage stellen: «Soll ich diese grosse Verantwortung gegenüber den anvertrauten Tieren noch übernehmen, in einer durch den Wolf so unsicher gewordenen Zeit?»

Wie hat sich die Wolfsproblematik im Kanton Graubünden verändert?

Die Anzahl Wölfe hat sich erhöht. Der Herdenschutz wurde sehr stark aufgerüstet, was viel Arbeit und hohe Kosten zur Folge hatte. Das Unverständnis über das zögerliche Handeln im Bundesamt für Umwelt ist stark gewachsen. Trotz grossem Einsatz von vielen, die Tiere zu schützen, gelang es nicht, tragische Übergriffe zu verhindern.

Ist eine Initiative gegen den Wolf, wie sie der Kanton Wallis letzten November angenommen hat, in Graubünden noch ein Thema?

Ja, jede Aktivität, mit der versucht wird, die Situation zu verbessern, ist für uns ein Thema. Wir haben verschiedene politische Szenarien angeschaut und uns entsprechende Überlegungen gemacht. Wir sind zum Schluss gekommen, dass der Weg über eine parlamentarische Initiative der effizienteste und zielführendste ist. Es braucht eine rasche Gesetzesänderung, um der Wolfsproblematik zu begegnen. Ansonsten werden die Probleme an allen Ecken und Enden immer schlimmer und unlösbarer. Es gibt sehr viele Verlierer, wenn der Gesetzgeber jetzt nicht handelt.

Was wünschen Sie sich für den Alpsommer 2022?

Wünsche habe ich viele: wenig Unfälle, keine Übergriffe durch den Wolf auf Menschen und Nutztiere, gutes, wüchsiges Wetter, zufriedenes Alppersonal, gut gesömmerte und gesunde Tiere, gute schmackhafte Alpprodukte und im Herbst schöne Alpabzüge.

Mein grösster Wunsch ist, dass die Bergbevölkerung ohne Angst und Schrecken um ihr Eigentum leben kann. Ich wünsche mir, dass die Jahrhunderte alte Tradition der Alpwirtschaft durch den Wolf nicht kaputt gemacht und so die Bergbevölkerung enteignet wird.

«Der Wolf ist eine Angriffswaffe» Glarner Bauernverband fordert eine Art Gerichtsprozess für Wölfe Monday, 24. January 2022 Abo Roman Marugg unterwegs mit seinen Schafen. Ob er auch nächstes Jahr auf die Alp Ferga-Cunn geht, ist im Moment ungewiss. (Bilder Ursina Conrad) Wolf Wölfe in Graubünden: Ein Alpleben in Unsicherheit Tuesday, 24. August 2021