Das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) wird insbesondere dann zum Thema, wenn eine Hofübergabe ansteht. Angesichts des Durchschnittsalters der heutigen Betriebsleiter zeichnet sich ab, dass sich in den nächsten Jahren immer mehr Familien und Hofsuchende in der Schweiz mit dem BGBB befassen müssen. Das Parlament hat dem Bundesrat den Auftrag erteilt, das BGBB an die heutigen Verhältnisse anzupassen, die Selbstbewirtschaftung, die Position des Ehepartners und das Unternehmertum zu stärken. Vergangene Woche hat das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) die Vorschläge präsentiert (wir berichteten).

Der Schweizer Bauernverband und Agriexpert waren in der Begleitgruppe vertreten und haben an der Überarbeitung des BGBB mitgearbeitet. Im Interview erklärt Agriexpert-Leiter Martin Goldenberger, welche Auswirkungen einzelne Punkte der vorgeschlagenen Änderungen seiner Meinung nach haben werden.

Hohe Preise sind bereits heute ein grosses Hindernis bei Hofkäufen. Würden sie durch eine verlängerte Abschreibedauer (wie sie zur Stärkung der Ehepartner vorgeschlagen ist) noch steigen?

[IMG 2]Martin Goldenberger: Die familieninternen Hofübergaben werden durch diese Massnahme verteuert. Bei den ausserfamiliären Hofübergaben, die kein Anrecht zum Ertragswert plus Erhöhung des Anrechnungswertes haben, ergibt sich kein höherer Kaufpreis bzw. Verkehrswert. Die Höchstpreisgrenze ist im bäuerlichen Bodenrecht, Art. 66, definiert und wird nicht angepasst.

Steigt das Risiko für eine jahrzehntelange Verschuldung, wenn die Belastungsgrenze auf 150 % des Ertragswerts angehoben wird?

Das BLW hat keine Studie zu dieser Frage gemacht. Der Anstieg wird auch mit der Teuerung begründet. Bei der Antwort kann man nur mutmassen, ein Nachweis ist mit der aktuellen Faktenlage nicht möglich. Im Mittelland liegt der Verkehrswert im Vergleich zum landwirtschaftlichen Ertragswert bei Faktor 4 bis 6. Der Marktwert einer Liegenschaft ist also immer noch das doppelte und mehr wert. Die Banken gehen im Mittelland unverändert kein Risiko ein. In den Randgebieten wie Jura sieht dies anders aus, da liegt teilweise der Verkehrswert im Bereich des Faktors 2 und damit ist die Differenz von Belastungsgrenze und Verkehrswert nicht mehr gross. Schon heute und in Zukunft noch mehr wird nicht die Finanzierung das Problem darstellen, sondern die Tragbarkeit der Investition. Erfolgen diese überlegt und zusammen mit einer Drittmeinung der finanziellen Situation, sollten Überschuldungen vorausgesehen und verhindert werden können.

Die Pachtlandflächen nehmen seit Jahren zu. Welchen Einfluss hat das auf die Schweizer Landwirtschaft als Ganzes?

Die Zupachtflächen führen zum Wachstum der Betriebe und sind für die Betriebsleiter erwünscht, weil in der Regel ohne weitere grosse Investitionen in Gebäude und Maschinenpark eine grössere Fläche bewirtschaftet werden kann und damit die Wirtschaftlichkeit verbessert wird. Land von Drittpersonen zu kaufen, ist für die Betriebe immer teurer als Land zu pachten. Natürlich ist Zupachtland immer ein Risiko, da jedes Pachtverhältnis einmal endet.

Abo Vernehmlassung startet Anpassung des Bäuerlichen Bodenrechts: Das liegt auf dem Tisch Monday, 30. September 2024 Heikel wird es, wenn auf Betrieben mit grossen Zupachtflächen in Gebäude investiert werden muss. Bei solchen Verhältnissen verlangen aber die landwirtschaftlichen Kreditkassen Pachtverträge, die länger als nur sechs Jahre dauern, um die Sicherheit zu erhöhen.

Denken Sie, dass mit der Klärung des Umgangs mit juristischen Personen beim Landkauf (nur für AG und GmbH) deren Anzahl in der Landwirtschaft steigen wird?

Ja, davon ist auszugehen, wenn auch nur sehr langsam. Ein Wachstum zeichnet sich aber auch mit der bestehenden Regelung ab, weil mit den juristischen Personen vor allem auch die Risiken auf die Geschäftsliegenschaft begrenzt werden können und nicht das ganze Privatvermögen als Sicherheit dient, wie es bei den klassischen Familienbetrieben der Fall ist. Auch bieten juristische Personen steuerliche Vorteile, die immer mehr Gewicht bekommen.

Die Möglichkeiten des Natur- und Heimatschutzes zum Kauf von Landwirtschaftsland sollen eingeschränkt werden. Inwiefern bestand da Handlungsbedarf?

Es besteht aus Sicht der produzierenden Landwirtschaft dringender Handlungsbedarf. Im Artikel 1 des bäuerlichen Bodenrechts steht, dass Familienbetrieb zu fördern und die Stellung des Selbstbewirtschafters zu stärken sind. Es ist aus der Sicht der aktiven Landwirtschaft nicht einzusehen, weshalb es immer mehr Fälle gibt, bei denen Natur- und Heimatschutz und andere Organisationen Land erwerben können, ohne dieses selbst zu bewirtschaften. Landwirte bewirtschaften die Flächen selber und können auch Naturschutzauflagen einhalten. Bei Bedarf kann dies mit Verträgen oder Dienstbarkeiten gesichert werden.

Der Fall im Wallis, wo eine Organisation Land erwerben konnte, um einen bestimmten Vogel zu schützen, ist stossend, weil auch ein Landwirt diese Auflagen hätte einhalten können. Das Bodenrecht wurde zum Schutz der selbst am Boden Hand anlegenden Personen gemacht und nicht, um möglichst viel Land an Organisationen verkaufen zu können.

Wo müsste der Bundesrat Ihrer Meinung nach noch nachbessern?

Der SBV ist mit dem Bodenrecht zufrieden und wünscht sich nicht weitere, grundlegende Änderungen. Änderungen bedeuten auch immer wieder Rechtsunsicherheit und damit neue Gerichtsfälle, die viel Zeit und Geld kosten. Nach rund 30 Jahren in Kraft bedeutet das bestehende Gesetz auch Sicherheit und Zuverlässigkeit für die Landwirte. Bei jeder Änderung probieren andere Interessengruppen das Bodenrecht für ihre Ziele anzupassen, die in der Regel nicht mit denjenigen der Landwirtschaft übereinstimmen.