Diese Woche startete auf vielen Betrieben ein neuer Jahrgang Lernende. Damit es zwischen Berufsnachwuchs und Berufsbildnerfamilie harmoniert, muss einiges stimmen:«Es gibt nicht das eine Erfolgsrezept, aber mir sind gegenseitiger Respekt, Achtung, aber auch eine gewisse Lockerheit und das nötige Feingefühl wichtig», sagt etwa Johann Gerber aus Langnau BE.
«Entscheidend ist sicher auch eine gewisse Privatsphäre und dass man diese gegenseitig respektiert. Es gibt Zeiten, wo wir etwas mit dem Lehrling unternehmen, aber dann eben auch Zeiten, wo wir als Familie unser Privatleben geniessen wollen.»
Eigenes Zimmer mit Bad
Die Lernenden, bei Gerbers sind sie üblicherweise im dritten Lehrjahr oder in der Zweitausbildung, sind in einem eigenen Zimmer mit eigenem Bad untergebracht und haben einen separaten Eingang.
Das gemeinsame Zusammenleben haben Johann Gerber und seine Frau in einer Hausordnung geregelt. Darin aufgeführt sind zum Beispiel ein Mobiltelefonverbot am Tisch, eine Wäscheordnung oder auch, dass die Körperhygiene nicht vernachlässigt werden darf. «Das Mittel der Hausordnung hat sich bewährt. Es ist gut, wenn man Dinge von Anfang an kommuniziert, und man hat so eine Grundlage, auf die man sich berufen kann», bilanziert Gerber.
Gemeinsames Lernen
Auch bezüglich Schule ist dem Landwirt eine gute Kommunikation wichtig: «Ich wünsche mir, dass mir der Lernende sagt, wenn er Probleme hat, dann versuche ich zu helfen, so gut es geht.» Johann Gerber hat mit anderen Lehrmeistern eine Lerngruppe: «Im Winter lernen wir im Rotationsprinzip jede Woche mit unseren Lernenden.» Bei schulischen Schwierigkeiten gebe es ferner die Möglichkeit, Stützunterricht zu beantragen.
Der erfahrene Lehrmeister bildet derzeit den dreizehnten Lernenden aus – bisher hat es immer harmoniert, kam nie zu einem Lehrabbruch. «Bei der Auswahl der Lernenden es mir wichtig, dass sie Freude an unseren Betriebszweigen, etwa den Schweinen, und am Beruf generell haben», sagt Johann Gerber.
«Meine Hauptmotivation als Berufsbildner ist es, mit jungen Leuten zusammenarbeiten und ihnen die Landwirtschaft näherzubringen. Vom Aufwand her muss man es fast wie einen Betriebszweig betrachten.» Es sei natürlich auch schön, wenn der Kontakt nach der Lehre nicht abreisse: «Heuer sind wir zum Beispiel an zwei Hochzeiten von ehemaligen Lernenden eingeladen.»
Gehören zur Familie
Ebenfalls erfahrene Berufsbildner – und zwar seit 2011 – sind Barbara Kipfer und ihr Mann Martin aus Amsoldingen BE: «Natürlich sind die Lernenden eine willkommene Hilfe auf dem Betrieb. Aber vor allem ist es für uns motivierend, jungen Menschen etwas mit auf den Lebensweg zu geben», sagt Barbara Kipfer.
Die Lernenden sind voll in den Haushalt integriert: «Sie dürfen jederzeit zu uns kommen, auch abends, wenn sie das möchten, obwohl sie sich natürlich gerne mit Laptop oder Handy zurückziehen.» Natürlich sei es nicht immer nur einfach mit den zusätzlichen «Quasi-Familienmitgliedern», aber grundsätzlich «sehr bereichernd».
Regeln aufstellen
Die Lernenden haben ein eigenes Zimmer, das Bad teilen sie sich mit den beiden Kindern der Familie, die selbst auch schon fast flügge oder am Ausziehen sind. Eine schriftliche Hausordnung gibt es nicht: «In der ersten Woche stelle ich gewisse Regeln auf. Das geht von der Ordnung über das Lüften, Wäsche abgeben etc.» Wenn Barbara Kipfer merkt, dass etwas nicht rund läuft, spricht sie das rasch an: «Ich musste auch schon darauf hinweisen, dass wir erwarten, dass jeden Tag geduscht wird, oder ich nicht möchte, dass man ständig die Kopfhörer aufhat und Musik hört, während man zusammenarbeitet.»
Immer ein offenes Ohr
Die Bäuerin schätzt es, dass sie dem Berufsnachwuchs eine gewisse Lebenserfahrung bieten oder auch mal für ihn da sein kann: «Wir hatten auch schon Lernende mit schlimmem Liebeskummer oder ähnlichen Sorgen.» Wenn sie merkt, dass irgendwo der Schuh drückt, geht sie aktiv auf die Lernenden zu: «Nicht alle sind gleich gesprächig, aber mir ist es wichtig, ihnen immer die Gelegenheit zum Austausch zu bieten.» Das gilt auch für die Unterstützung im schulischen Bereich.
Barbara Kipfer kann die manchmal geltenden Vorurteile, die heutige Jugend sei nicht mehr belastbar, nicht teilen: «Es gibt tolle junge Menschen, und mit ihnen Zeit zu verbringen, hält uns selbst auch irgendwie jung.»
