Der Kanton St. Gallen möchte vorwärtsmachen mit der Windenergie. Diese soll künftig einen grösseren Beitrag an die Stromversorgung leisten.
Gebiete, die sich für die Windkraft eignen
Künftige Windräder sollen aber nicht ungezielt in der Landschaft aufgestellt werden, sondern sollen dort stehen, wo es Sinn macht, sprich der Wind bläst und keine oder möglichst wenige Nutzungskonflikte vorliegen.
Die St. Galler Regierung hat nun nach einer Projektphase, die 2019 ihren Anfang nahm, in einer Richtplananpassung 17 Gebiete definiert, die sich für die Windkraftnutzung eignen. Laut den Behörden unterstützen die Gemeinden und die Regionen die Bezeichnung der Gebiete im Richtplan im Grundsatz. Einzig die Gemeindebehörde von Schänis lehne die Bezeichnung des Gebiets Witöfeli/Steinerriet ab. Diese zwei Gebiete wurden darum von der Regierung als Vororientierung definiert.
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Am 27. September verschickten die Behörden eine entsprechende Medienmitteilung, zudem informieren sie die Bevölkerung mit einer speziell eingerichteten Website.
Ursache für die verstärkte Förderung der Windkraft sind die Klimaziele des Bundes und des Kantons St. Gallen. Beide Körperschaften wollen auf das Jahr 2050 hin klimaneutral werden, das heisst, sie wollen kein Netto-Kohlendioxid (CO2) mehr in die Atmosphäre emittieren.
Bei der Sonnen- und Windenergie will man ausbauen
Als nächsten Schritt plant der Kanton, den jährlichen Ausstoss an CO₂ bis 2030 gegenüber dem Jahr 1990 zu halbieren. Sie soll von 3,3 Millionen Tonnen CO2 auf 1,65 Millionen Tonnen sinken. Als Vergleich: die Produktion von 200 kg Rindfleisch verursacht etwa eine Tonne CO2. Gleichzeitig soll die Produktion der erneuerbaren Energien von 2000 GWh im Jahr 2020 auf mindestens 3100 GWh im Jahr erhöht werden, somit würden sie dann etwa 10 % der benötigten elektrischen Energie im Kanton decken. Diese Erhöhung soll vor allem mit Photovoltaik (Solarenergie) und mit Windrädern geschehen, denn die Wasserkraft sei laut den Behörden zum grössten Teil bereits auf dem Kantonsgebiet ausgeschöpft.
Laut den Behörden sei es möglich, in den 17 definierten Gebieten mit Windanlagen 600 GWh/Jahr an Strom zu produzieren. Wegen «politischen und raumplanerischen Gründen» rechnet man aber damit, dass nicht in allen Eignungsgebieten schlussendlich gebaut wird. Die realistische Kenngrösse liegt laut den Behörden darum ungefähr bei 300 GWh/Jahr.
Die Stromproduktion ist standorabhängig
Wie vielen Windrädern entspricht das? Die Behörden gehen je nach Exposition und Standort der Anlage von unterschiedlichen Produktionswerten pro Windrad aus. Steht das Windrad zum Beispiel am Standort Laad, in der Gemeinde Eschenbach bei Wattwil, geht man davon aus, dass es im Jahr 3,2 GWh produzieren kann. Am Standort Sand/Loseren, in der Gemeinde Oberriet und Rüthi ist das Potenzial für die Windenergie besser. Hier sei es möglich, dass ein Windrad etwa 8,8 GWh Strom im Jahr erzeugt.
Geht man von einem Durchschnittswert von 6 GWh/Jahr aus, heisst das nun, dass es für die 300 GWh/Jahr etwa 50 Windräder braucht.
Zum Vergleich: Diese Energie braucht es, um den Bedarf von 75 000 bis 100 000 Haushalten zu decken. Oder anders ausgedrückt; das KKW Leibstadt produziert etwa 9000 GWh im Jahr, die Staumauer Grande Dixence etwa 2000 GWh im Jahr. Die 300 GWh entsprechen somit etwa 3,3 % der Jahresproduktion vom KKW Leibstadt beziehungsweise etwa 15 % der Produktion der Grande Dixence.
Ernährungssicherheit soll Priorität haben
Wie steht der St. Galler Bauernverband zu diesem Entscheid? Die BauernZeitung hat beim Geschäftsführer Mathias Rüesch nachgefragt.
Herr Rüesch, Wie steht der St. Galler Bauernverband zu den geplanten Windeignungsgebieten?
[IMG 2] Mathias Rüesch: Die Erhöhung der einheimischen Energiesicherheit durch den Ausbau der Windenergieproduktion wird grundsätzlich begrüsst. Der Bau von Windenergieanlagen wird allerdings erhebliche Landflächen erfordern, die dann für die landwirtschaftliche Produktion nicht mehr zur Verfügung stehen. Fundamente und Zufahrtstrassen führen zudem zur Versiegelung des Bodens. Dies wird zu Konflikten zwischen der Nutzung von Land für Energieerzeugung und Nahrungsmittelproduktion führen.
Welche Massnahmen fordert der St. Galler Bauernverband, um den Verlust von landwirtschaftlich genutzten Flächen zu minimieren?
Der St. Galler Bauernverband forderte, dass bei der Auswahl der definitiven Flächen für Windenergieanlagen das Ziel der Ernährungssicherung bzw. der Erhalt besonders für die landwirtschaftliche Produktion geeigneter Standorte gleichrangig in die Abwägung einbezogen werden wie die Schutzinteressen und die Energienutzinteressen. Das Ziel der Energiesicherheit darf nicht zulasten der Ernährungssicherheit gehen. Mit Blick auf die Ernährungssicherung ist es inakzeptabel, weitere landwirtschaftliche Nutzflächen aus der Produktion zu nehmen.
Gibt es Möglichkeiten, um Windenergieprojekte und landwirtschaftliche Interessen in Einklang zu bringen?
Der St. Galler Bauernverband ist überzeugt, dass in einigen Fällen Lösungen gefunden werden können, die die Interessen der Landwirte und der Windenergieentwicklung vereinen. Dies erfordert jedoch eine sorgfältige Abwägung der verschiedenen Faktoren und die Beteiligung der betroffenen Interessengruppen in Entscheidungsprozessen.
