Eine sterbende Biene auf giftgrünem Hintergrund: Plakate wie dieses sind seit Anfang Woche überall zu sehen. Sie gehören zur neuen Kampagne «Agrarlobby stoppen» der vier Umweltorganisationen Greenpeace, WWF, Pro Natura und Bird Life. Die einflussreiche Agrarlobby gebe nur vor, für die Schweizer Bauernfamilie einzustehen, monieren sie auf der Website der Kampagne.

Agrobusiness als Profiteure

In Wahrheit stütze die Agrarlobby die Interessen des Agrobusiness (genannt werden Firmen wie Fenaco und ­Syngenta). Pestizidhersteller, Futtermittel-Importeure und Co. seien die grössten Profiteure der Steuermilliarden an die Landwirtschaft. Die Agrarlobby, deren Sprachrohr der Schweizer Bauernverband (SBV) sei, verteidige eine auf hohe Produktion getrimmte Landwirtschaft, die Vögel und Insekten schade und die Gewässer mit Pestiziden ­vergifte.

 

Das Video zur Kampagne

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«Nicht gegen Bauern»

«Unsere Kampagne richtet sich keineswegs gegen die Bäuerinnen und Bauern, sondern gegen die Agrarlobby», betont Kampagnenleiter Jonas Schmid vom WWF Schweiz auf Anfrage der BauernZeitung (siehe Gastbeitrag der Initianten). Die Umweltverbände hätten jahrelang versucht, mit «sachlich-konstruktiver Kritik» etwas zugunsten der Umwelt zu erreichen.

«Leider mussten wir feststellen, dass in der Agrarpolitik jeder Schritt in Richtung mehr Ökologie von den Vertretern des Schweizer Bauernverbands konsequent abgeblockt wird. Lieber würden wir gemeinsam nach zukunftsträchtigen Lösungen suchen.»

Nun müsse man mal «ein bisschen angriffiger» sein. Man nehme ausserdem in dem Appell, der online unterzeichnet werden kann, auch den Handel in die Pflicht und ermutige die Konsumenten dazu, ökologisch einzukaufen und zu konsumieren.

«Kampf um Aufmerksamkeit»

Für SBV-Präsident Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands, ist die Kampagne «reine Taktik und der Kampf um Aufmerksamkeit» (siehe Nachgefragt).

Bei der Fenaco heisst es auf Anfrage: «Wir nehmen zur Kenntnis, dass mit dieser Kampagne unter dem Deckmantel der AP 22+ bereits jetzt Abstimmungskampf für die beiden extremen Agrarinitiativen, die Trinkwasser- und die Pestizid-Initiative, gemacht wird.» Die Initianten versuchten gezielt, einen Keil zwischen die Bäuerinnen und Bauern, ihre Verbände und die Partner in den vor- und nachgelagerten Bereichen zu treiben.

Bio Suisse kann Anliegen nachvollziehen

Verständnis für die Kampagne, die von verschiedenen Bäuerinnen und Bauern sowie Prominenten unterstützt wird, zeigt Bio Suisse: «Es ist wissenschaftlich unbestritten, dass sich die Umweltsituation in den Bereichen Biodiversität, Klima und Stickstoffbelastung dramatisch verschlechtert.» Dass Umweltverbände bessere Lösungen verlangten, sei deren Aufgabe.

Umweltverbände zufrieden

Jonas Schmid ist zufrieden mit der ersten Reaktion auf die Kampagne. Am Donnerstag verzeichnete der Appell bereits über zehntausend Unterzeichnende. «Gerade unser Video wird in den sozialen Medien sehr gut geteilt und kommentiert. Zudem erhalten wir zahlreiche Rückmeldungen, die zeigen, dass wir ein wichtiges Thema ansprechen».