«Es ist eine anspruchsvolle Zeit, in der wir heute leben», stellte Walter Mock, Präsident des Bauernverbands Appenzell Innerrhoden, an der Hauptversammlung vom 3. März 2023 in Haslen fest. Der Strauss an Themen, welche die Bäuerinnen und Bauern beschäftigen, ist gross. Klimakrise, Agrarpolitik, gestiegene Produktionskosten, Tierseuchen, Jagdverordnung und der Tourismus waren einige Punkte, die Mock in seiner Eröffnungsrede erwähnte.

Ein neues Vorstandsmitglied
Die ordentlichen Geschäfte waren unbestritten. Der Vorstand mit Walter Mock als Präsident wurde einstimmig wiedergewählt. Martin Dörig, an der Versammlung nicht anwesend, wurde als neues Vorstandsmitglied vorgeschlagen und gewählt. Die Jahresrechnung schloss mit einem Gewinn von 8600 Franken. Mock kündigte an, dass der Vorstand nächstes Jahr eine Statutenrevision anpacken wolle.

1,2 Millionen Hektaren für Biodiversität

Abo Markus Ritter «Die Erkenntnis setzt sich durch: Es funktioniert nicht, permanent auf den Bauern herumzureiten» Friday, 6. January 2023 Zu Gast bei den Innerrhoder Bauern war Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands (SBV). Am meisten Sorgen mache ihm die Biodiversitätsinitiative bzw. der indirekte Gegenvorschlag, so Ritter. Dieser verlangt, in der Schweiz eine flächendeckende ökologische Infrastruktur für Biodiversität zu schaffen. Als sehr problematisch erachtetet es Ritter, dass der Bundesrat in der Erklärung an der Biodiversitätskonferenz in Montréal im letzten Dezember unterschrieben hat, 30 Prozent der Schweizer Landesfläche als Biodiversitätsgebiete auszuscheiden. Das sind 1,2 Mio Hektaren.

«Wenn diese Fläche in den kantonalen Richtplänen ausgeschieden und behördenverbindlich vernetzt wird,  braucht es in diesem Land keine Bauern mehr», sagte Ritter. Der Bauernverband setze alles daran, dass der Ständerat nicht auf die Vorlage eintritt.

«Irgendwo müssen wir auch noch Lebensmittel produzieren können.»

Markus Ritter, SBV-Präsident

Ritter kam zudem auf die politische Zusammenarbeit des SBV mit dem Gewerbe- und den Wirtschaftsverbänden zu sprechen und kam dabei so richtig in Fahrt. «Grüne, GLP und SP werden nie müde, uns immer noch mehr Auflagen zu machen.» Er bezeichnete die drei Parteien als «Allianz der Verlierer in der Schweiz». Sie hätten die Massentierhaltungs-, die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative verloren und würden trotzdem ständig neue Forderungen stellen.

«Dagegen haben wir nur gemeinsam eine Chance und so können wir auch die Wahlen im Herbst gewinnen.»  Das sei nötig, damit der Druck und die Angriffe auf die Landwirtschaft in den nächsten vier Jahren kleiner würden. «Dafür lohnt es sich zu kämpfen, damit auch unsere Jungen eine Perspektive in der Landwirtschaft haben.»

Landwirtschaft wichtiger Tourismuspartner

Ruth und Chläus Signer bieten seit 20 Jahren auf ihrem Sömmerungsbetrieb Schlafen im Stroh an. (Bild Stefanie Giger) Appenzell Innerrhoden Schlafen im Stroh im Appenzell: Das Einfache und Traditionelle ist sehr gefragt Friday, 11. June 2021 Um Perspektiven auf kantonaler Ebene ging es im Gastreferat von Guido Buob, Geschäftsführer von Appenzellerland Tourismus AI. Der Tourismus in Appenzell Innerrhoden trägt 13 Prozent zum kantonalen Bruttoinlandprodukt und 17 Prozent zur kantonalen Beschäftigung bei.  Die Standeskommission hat kürzlich einen Bericht zur kantonalen Tourismuspolitik ausgearbeitet. Demnach soll der Tagestourismus bis 2040 und 20 Prozent wachsen. Das kommt in der Landwirtschaft nicht überall gut an.

«Ich höre hie und da von Bauern, die sich beschweren, dass die Gäste wenig Rücksicht auf die Mutterkuhherden nehmen, Weiden offen lassen oder durchs hohe Gras laufen, anstatt die Wanderwege zu benutzen», so Mock. Auf der anderen Seite bemängle der Tourismus, dass die Bauern wenig Rücksicht auf die Gäste nehmen beispielsweise beim Güllen.

Buob sieht durchaus noch Luft nach oben in der Zusammenarbeit zwischen Tourismus und Landwirtschaft, gerade wenn es um den Verkauf von Landwirtschaftsprodukten geht. Er würde sich mehr agrotouristische Angebote und Übernachtungsmöglichkeiten wünschen. Doch Buob sagte auch: «Wer in den Agrotourismus einsteigt, wird automatisch ein Dienstleister. Man muss fremde Menschen gleich gern haben, wie die eigenen Tiere im Stall.»

Steuerung der Massen ist die Herausforderung

Guido Buob zeigte Verständnis für den Ärger der Bauern, wenn sich Gäste nicht an die Regeln halten.

«Wir können unseren Gästen nicht vorschreiben, wie sie sich in Appenzell Innerrhoden zu verhalten haben. Aber wir versuchen, die Gäste für den achtsamen Umgang mit Mensch, Tier und Natur zu sensibilisieren.»

Guido Buob, Geschäftsführer Verein Appenzellerland Tourismus

Nicht zu den Aufgaben von Appenzellerland Tourismus AI gehören der Unterhalt der Infrastrukturen wie Parkplätze, Zäune, Toiletten oder Feuerstellen. Dafür sind die Behörden in den Bezirken zuständig, genauso wie für den Unterhalt der Wanderwege.

«Ich höre oft die Forderung: ‹Macht mal etwas gegen die vielen Leute.› Doch das ist einfacher gesagt als getan.» Buob sieht es als eine der grössten Herausforderungen, bei der Steuerung der Menschenmassen lenkend eingreifen zu können. Und er hielt fest: «Auch der Tourismus braucht seine Heuwettertage, um Schlechtwetterphasen überbrücken zu können.»

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Bauernpräsident neu im Vorstand des Tourismusvereins

Neu im Vorstand von Appenzellerland Tourismus AI ist Bauernverbandspräsident Walter Mock. 

«Ich bin bemüht, unsere Anliegen einzubringen, damit verträgliche Lösungen gefunden werden.»

Walter Mock, Präsident Bauernverband Appenzell Innerrhoden

Er sei sich sehr wohl bewusst, dass man ab und zu ein Auge zudrücken müsse. Das gehe besser, wenn man zusammenarbeite. Und, so Mock, «wenn wir irgendwo hingehen, sind wir auch froh, wenn wir Gast sein dürfen».