BauernZeitung: Regula Böhi, am Wochenende ist Frauensession und Sie sind Teil davon. Sind Sie aufgeregt?
Regula Böhi: Ja, ich bin aufgeregt – endlich ist es so weit!
Erklären Sie uns das etwas genauer.
Ich frage mich, wie es sich anfühlen wird, mit so vielen Frauen im Bundeshaus zu sein. Soeben habe ich die Übernachtung gebucht (lacht). Ich habe dieUnterlagen bekommen, eigentlich ist alles klar: Wir wissen wer, wann, was sagt und wiealles abläuft. Es ist eine freudige Anspannung.
Werden Sie etwas sagen?
Ich muss nicht ans Mikrofon,ich kann einfach zuhören. Zu den einzelnen Anträgen werde ich dann meine Stimme abgeben. Im Vorfeld hätte ich schriftliche Einzelanträge einreichen können. Damit hätte ich zum Beispiel Begriffsanpassungen beantragen können.
Eigentlich läuft sehr wenig spontan an der Frauensession. Ausser am Freitagabend gibt es das Open Mic. Da können frei Voten platziert werden.
Das tönt nach einer Schnellbleiche für den Ablauf in Bundesbern.
Ich wusste eigentlich bereits im Vorfeld, wie eine Session abläuft. Ausser dem Open Mic wird die Frauensession wie eine «normale» Session abgehalten.
Wen würden Sie an der Session gerne persönlich kennenlernen?
Als ich die Teilnehmerinnenliste anschaute, habe ich gesehen, dass viele aktive Parlamentarierinnen dabei sein werden. Isabelle Moret (FDP/VD) und Christine Bulliard-Marbach (Die Mitte/FR) habe ich bereits in den Sitzungen der Kommission «Landwirtschaft» kennengelernt. Ich war beeindruckt, wie sie die Sitzungen leiteten – und erst noch alles zweisprachig.
An einem der beiden Tage wird die Thurgauer Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli die Begrüssung halten. Ich kenne sie zwar schon von gemeinsamen Veranstaltungen, freue mich aber sehr, sie in dieser Funktion am Mikrofon zu erleben.
Ich bin gespannt, Christa Markwalder (FDP/BE) mal live zu sehen. Und dann sind da natürlich die Ansprachen der Bundesrätinnen Simonetta Sommaruga, Viola Amherd und Karin Keller-Sutter. Sogar Bundesrat Alain Berset wird zu uns sprechen.
Wie war die Zusammenarbeit in der Kommission «Landwirtschaft»?
Wir sind mit 15 Frauen eine relativ kleine Kommission. Einige der Frauen kommen nicht aus der Landwirtschaft, das macht die Arbeit zusätzlich spannend. Wir mussten ihnen Dinge erklären, Fragen beantworten, gute Beispiele bereithalten und unser Vokabular anpassen. Es gab rege Diskussionen.
Sind die Anliegen der Bäuerinnen und Landfrauen in der Session Ihrer Meinung nach genügend vertreten?
Ich finde die Diskussion betreffend bessere soziale Absicherung von Partnerinnen und Partnern, die im Vorfeld lief, super. Nach der Annahme der Motion in der Herbstsession fragten wir uns jedoch, welche Auswirkung dies auf die Arbeit in unserer Kommission hat. Schlussendlich ist unser Vorstoss jedoch detaillierter; vor allem in den Bereichen Mutterschaftsversicherung sowie Erb- und Eherecht.
Obwohl unsere Kommission und der Anteil der landwirtschaftlichen Bevölkerung in der Schweiz eher klein sind, ist unser Thema durch die Herbstsession breit in die Medien gekommen. Wir sind also absolut aktuell und relevant.
Konnten Sie auch eigene Kernanliegen einbringen?
Ich arbeitete engagiert in der Kommission mit und konnte dort Voten einbringen. Beispielsweise wies ich auf Missstände hin, wie etwa, dass der Landwirt ohne die Unterschrift seiner Frau teure Investitionen tätigen kann, sie aber bei schlechtem Geschäftsgang mithaftet.
Ich konnte meinen Standpunkt klarmachen, dass ich Gesetze und Vorgaben befürworte wo sie nötig sind, aber auch stark an die Eigenverantwortung appelliere.
Apropos Eigenverantwortung: Die landwirtschaftlichen Verbände lancierten kürzlich eine Sensibilisierungs-Kampagne für einen besseren Versicherungsschutz. Wie ist der Thurgauer Landfrauenverband involviert?
Der Selfcheck aus der Kampagne ist bei uns auf der Website aufgeschaltet und wir leiten die Informationen in den nächsten Tagen an unsere Sektionen weiter. Wir lassen keine Gelegenheit aus und sagen immer wieder zu den Frauen: Schaut euch diese Themen an, lasst euch beraten und nehmt Unterstützung an.
Was gewinnen Sie persönlich für sich mit der Teilnahme an der Frauensession?
Ganz klar, die Konfrontation mit neuen Themen und damit einher geht eine gewisse Horizonterweiterung. Ich habe manchmal vorgefasste Meinungen. Diese bewusste Begegnung mit Andersdenkenden zwingt mich, vom Schwarz-Weiss-Denken wegzukommen.
An der Session nehmen viele junge und auch parteilose Frauen teil. Das gibt mir Hoffnung für unser Land: Es gibt Leute, die mitgestalten und mitmachen wollen.
2021 war dank «50 Jahre Frauenstimmrecht» ein bewegtes Jahr für die Frauen. Kann dieser Schwung ins neue Jahr mitgenommen werden?
Da müssen Sie mich nach der Frauensession nochmals fragen. Ich weiss es nicht. In einigen Kantonen gab es sehr viele Veranstaltungen, in Bern beispielsweise. Ich denke nicht, dass das so bleibt.
Nur weil wir seit 50 Jahren abstimmen und wählen dürfen, wird sich nicht alles im 51. Jahr ändern. Wir müssen jedoch dranbleiben. Die Arbeit ist nicht vorbei. Nach der Frauensession wird es einige Themen geben, die aufs Tapet kommen werden. Es liegt an uns Frauen, unser Engagement ist gefragt. Die Voraussetzungen sind gut.
