Es klingt fast wie der Traum eines jeden Landwirtes: Seine Kühe geben mehr Milch und benötigen dabei weniger Futter. Nebenbei stossen sie einen Drittel weniger Methan aus und schonen somit das Klima. Noch dazu kommt, dass die Tiere weniger Stress haben, weil sie von weniger Fliegen geplagt werden, und deshalb mit mehr Ruhe wiederkäuen können. Einzig ein leichter Knoblauchduft verleiht dem Traum einen stechenden Beigeschmack.
Methan soll verringert werden
Aber von vorn: Das Schweizerische Agri-Tech-Unternehmen Mootral wirbt mit einem gleichnamigen, eigens entwickelten Zusatzfuttermittel bestehend aus Knoblauch-Extrakt und Orangenschalen. Dieses soll den tierischen Ausstoss des zweithäufigsten Treibhausgases Methan um 30 Prozent verringern, so berichtet die Kon-sumenten-Zeitschrift «Beobachter». Durch den Futterzusatz aus genannten Naturprodukten werde die Methanogenese im Pansen verringert und die Verdauung der Tiere gefördert. Dies führte dazu, dass die Kühe bei einer verringerten Futteraufnahme etwa acht Prozent mehr Milch gaben, so zeigte eine britische Studie.
Überträgt sich der Geschmack?
Problematisch wird es auf dem Schweizer Markt bezüglich der Inhaltsstoffe des Futterzusatzes. Der darin enthaltene Knoblauch-Extrakt ist nicht konform mit der aktuellen Milchhygieneverordnung, wonach jegliche Lauchgewächse im Futter Milch-gebender Nutztiere verboten sind. Der Passus bestehe laut dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) bereits seit Jahrzehnten. Auf Nachfrage bestätigt die Mediensprecherin des BLV, Doris Schneeberger, dass zur Anpassung des Milchhygienegesetzes ein Begehren gestellt werden kann. Jedoch sei dies bezüglich einer Zulassung des Knoblauch-Extraktes noch nicht geschehen.
Klausel in der Milchhygieneverordnung
Vermutlich wurde diese Vorgabe einst eingeführt, um einer geschmacklichen Beeinflussung der Milch vorzubeugen. Doch die Menge an Knoblauch sei bei Mootral so gering, dass in sogenannten «Geschmacks-Panels» keine Geschmacksübertragung nachgewiesen werden konnte. Die professionellen Tester des Panels schmeckten den Knoblauch weder in der Milch noch im Fleisch, so die Mediensprecherin von Mootral, Eileen Rueter.
Schädliche Wirkung möglich
Andreas Raemy, Tierarzt bei der Tierarztpraxis am Gantrisch, hat Bedenken, was die Geschmacksübertragung des Lauchgewächses angeht. «Problematisch ist, dass Milch sehr schnell den Geschmack anderer Stoffe annimmt. Bereits das Einatmen starker Knoblauchdämpfe kann den Geschmack der Milch beeinflussen», berichtet der Tierarzt. Wie genau sich eine Knoblauch-Fütterung auf die Wiederkäuer auswirkt, ist umstritten. Im Tierarzneimittelverzeichnis des Instituts für Veterinärpharmakologie und -toxikologie Zürich ist Knoblauch für Tiere als stark giftig vermerkt. Der Wirkstoff des Knoblauchs kann die Schleimhäute des Magen-Darm-Traktes angreifen und führt unter Umständen zu einer Schädigung der roten Blutkörperchen. «Auch hier macht aber die Dosis das Gift», weiss Andreas Raemy aus Erfahrung.
Vermarktung in der Schweiz ungewiss
Sollte die Knoblauch-Klausel in der Milchhygieneverordnung entfernt werden, wäre dies der Wegbereiter für die Vermarktung von Mootral in der Schweiz. Starke Partner hat das Unternehmen bereits: Sowohl Emmi als auch die Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) unterstützen das Agri-Tech-Unternehmen dabei, sein Produkt kostengünstig auf den Markt zu bringen.
55 Franken pro Milchkuh
Die derzeitigen Kosten für den Landwirt belaufen sich jährlich auf 55 Franken pro Milchkuh. Die Berechnung der Kosten basiert auf der Aufnahme von Trockenmasse. «Im Falle einer durchschnittlichen Schweizer Kuh ergibt sich ein Preis von weniger als einem Rappen pro Liter», schreibt Eileen Rueter auf Anfrage. Es werde aber daran gearbeitet, das Produkt günstiger bereitstellen zu können, so Rueter weiter. Um dies zu erreichen können die Landwirte, die Mootral verfüttern, sogenannte Kohlenstoffzertifikate generieren, welche sie sodann wieder verkaufen können, um so die Kosten des Futterzusatzmittels zu subventionieren. Man versuche, dem Landwirt durch die Fütterung des Zusatzes keine zusätzlichen Kosten zu verursachen. «Sei es durch die Kohlenstoffzertifikate, einen Mehrpreis für klimafreundliche Produkte, mehr Milchleistung, verbesserte Gesundheit der Tiere oder einen Mix aus allem» sagt die Mootral-Mediensprecherin.