Im vergangenen Dezember berichteten wir über ein an Covid-19 erkranktes Ehepaar, das während der Isolation seine Tiere selbst versorgte. Das Paar wurde angezeigt und musste auf dem Polizeiposten eine Aussage machen. Ein Rösslispiel begann, das immer noch am Drehen ist.

Abo Wo kein Richter, da kein Kläger. Aber was, wenn es doch einen Kläger gibt? Dass eine Bauernfamilie trotz Covid-19-Erkrankung ihre Tiere versorgte, könnte eine Busse zur Folge haben. (Bild Shutterstock) Coronavirus Landwirtschaftliche Arbeit trotz positivem Corona-Test ist eine rechtliche Grauzone Monday, 7. December 2020

Lauter Empfehlungen

Der gesundheitliche Zustand, trotz Covid-19-Erkrankung, habe damals die Versorgung der Tiere problemlos zugelassen, sagen die beiden. Auf die Schnelle jemanden zu finden, der die Versorgung der Milchkühe und anderen Tiere einfach so übernehmen konnte, wäre zudem sehr schwierig gewesen. Das ist nicht nur in diesem einen Fall, sondern für alle Bauernfamilien eine Herausforderung. «Wie erkläre ich das alles aus Distanz, wenn ich nicht einmal in den Stall darf, um zu zeigen, wo sich was befindet?», fragen sich die Bauernfamilien in solchen Situationen. Klar ist: «Befinden sich Personen aufgrund von Symptomen oder einem positiven Testresultat in Isolation, sollen sie zu Hause bleiben. Die Nutztiere auf dem Betrieb sollten, wenn möglich, durch eine andere Person betreut werden oder, wenn nicht anders möglich, der Kontakt auf ein Minimum beschränkt werden. Die Versorgung der Tiere muss gewährleistet sein. Die Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit sind auf dem landwirtschaftlichen Betrieb einzuhalten.» Diese Hinweise stehen unter der Rubrik «Coronavirus» auf der Webseite des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW), das die Seite übrigens diese Woche aktualisiert hat. Doch was bedeuten Hinweise, die mit «sollen» und «sollten wenn möglich» beginnen?

Wenig geändert

An diesen Hinweisen, an welche sich die Bauernfamilien bei Isolation oder Quarantäne halten müssen, hat sich in den vergangenen Monaten wenig geändert. Was ebenfalls immer noch identisch ist, ist der Umstand, dass die Kantone zuständig sind. So kann weder das BLW noch der Schweizer Bauernverband (SBV) für alle Betriebe identische Massnahmen publizieren. «Quarantäne- und Isolationsregeln respektive Ausnahmen sind immer noch Sache der Kantone. Deshalb müssen sich betroffene Bauernfamilien bei offenen Punkten wie der unabdingbaren Fahrt in die Käserei an die kantonalen Behörden wenden», erklärt Sandra Helfenstein, Co-Leiterin Kommunikation beim SBV auf Anfrage. «Was immer noch gilt ist, dass die Systemgrenze nicht die Wohnung, sondern der Betrieb ist und dass weitergearbeitet werden darf. Allerdings unter der Auflage, dass niemand auf den Betrieb kommt oder diesen verlässt», führt Helfenstein weiter aus.

Eigentlich kein Problem, aber…

Die Fahrt in die Käserei taucht tatsächlich immer wieder als schwieriger Punkt auf. Auch das Abholen der Milch ist ein Knackpunkt, da sich damit jemand auf den Hof begibt und dadurch in die Isolation oder Quarantäne der betroffenen Personen gelangt. Wie mehrere Milchabnehmer und Käsereibetriebe der BauernZeitung bereits vor mehreren Monaten bestätigten, sei das Abholen bzw. Liefern der Milch auch bei einer Covid-19-Erkrankung des Milchproduzenten im Grunde kein Problem. Die von den Betrieben eingerichteten sanitarischen Massnahmen würden das Liefern bzw. Abpumpen möglich machen, hiess es von mehreren Seiten. Das sehen die Behörden aber anders. Und auch im Fall des angezeigten Ehepaares muss man derzeit davon ausgehen, dass der Gang in die Käserei schliesslich zu einem Urteil führen wird.

Zwischenbericht erhalten

Abgeschlossen ist die Sache aber noch nicht. «Wir haben vor mehreren Monaten einen Zwischenbericht erhalten, wonach die Staatsanwaltschaft mir mitteilte, dass ich vermutlich freigesprochen werde, meine Frau aber verurteilt werden könnte, weil sie jeweils die Milch in die Käserei brachte», erklärt der betroffene Landwirt auf Anfrage. Dabei blieb sie aber stets im Fahrzeug sitzen und hatte nie Kontakt zu einer anderen Person ausser ihrem Mann und den Kindern. Nach dieser schriftlichen Info haben die beiden allerdings nichts mehr gehört oder gelesen. Ihnen bleibt nur, weiter zu warten, ob es zu einem Schuldspruch kommt oder nicht.