Wer meint, die Obstproduzenten hätten im Sommer keine Zeit für Verbandsgeschäfte, sieht sich getäuscht. Die Meldung über den Fund von zahlreichen Japankäfern in Kloten schreckte auch Christoph Lamprecht, Präsident des Zürcher Obstverbands, und seine Berufskollegen auf. «Gut ist, dass der Gefahrenherd sofort erkannt wurde und der Kanton handelt», sagt Lamprecht.
Christoph Lamprecht hofft sehr, dass mit den vom Kanton verfügten Massnahmen zur Eindämmung des Japankäfers die weitere Vermehrung und Verbreitung verhindert werden kann. «Der Schaden für unsere Kulturen, insbesondere den Beerenanbau, wäre ansonsten verheerend», so Lamprecht.
Treffen mit Regierungsrat
Die Bekämpfung des Japankäfers wird sicher auch ein Thema sein, wenn sich der Zürcher Obstverband Ende August mit Regierungsrat Martin Neukom trifft, aber nicht nur. «Wir wollen auch aufzeigen, dass wir Obstproduzenten heute schon unzählige Massnahmen für nachhaltige Schweizer Früchte umsetzen», sagt Lamprecht.
Personal ist schwierig zu finden
Wichtig ist ihm dabei, aufzuzeigen, dass die Zürcher Obstproduzenten Früchte und Beeren für die Zürcher Bevölkerung produzieren und die Landwirte dafür gute Rahmenbedingungen brauchen. Lamprecht weist auf die Schwierigkeiten in der Raumplanung hin, was das Aufstellen neuer Obstanlagen und das Schaffen von Wohnraum für Angestellte betrifft. «Mitarbeiter sind schwierig zu finden, wenn kein Wohnraum zur Verfügung steht», sagt er. Das weiss er aus eigener Erfahrung. Sein vielseitiger Betrieb mit Obst-, Reb- und Ackerbau sowie Mutterkühen stösst manchmal an arbeitswirtschaftliche Grenzen.
Mehrere Absatzkanäle
Er und seine Frau Amina vermarkten Obst, Erdbeeren und Spargeln im Hofladen und beliefern rund zwanzig Volg-Läden im Einzugsgebiet der Landi Züri Unterland sowie den Bachser Märt in Eglisau. Auch geht ein Teil der Ernte an den Grosshandel für das Label «Aus der Region. Für die Region».
Gestaffelt ernten
[IMG 2] «Wir haben den Anspruch, möglichst viel selbst zu produzieren, um es im Laden zu verkaufen», sagt Amina. Jetzt beginnt die Zwetschgenernte. Zwei alte Sorten, die fast niemand mehr anbaut, Herman und Ruth Gerstetter, sind gepflückt und im Laden verfügbar. «Herman und Ruth Gerstetter stammen von grossen Bäumen, die in den 1970er-Jahren gesetzt worden sind. Diese Zwetschgen sind süsse Sorten, aber sehr weich, und können nicht gelagert werden», erklärt Lamprecht – dies im Gegensatz zur Sorte Tegera, deren Ernte nächste Woche beginnt.
Seine Zwetschgenanlage ist gestaffelt mit Sorten, die nacheinander reifen, sodass der Nachschub während der Saison gesichert ist. Diesen auf den Reife- und Erntezeitpunkt abgestimmten Sortenspiegel haben Lamprechts auch bei Äpfeln und Kirschen. Bei den Äpfeln setzen sie auf Sorten mit «Figgi und Müli», also Sorten, die sie in grösseren Einheiten produzieren können und die in alle Verkaufskanäle passen.
Hofladen mit Obst, Wein und Lachs
Im Hofladen befinden sich in einem gekühlten und tiefgekühlten Verkaufsautomaten Lamprechts Weine und hofeigene Fleischwaren – in guter Nachbarschaft mit Wildschweinbratwürsten und -schübligen sowie Lachs. «Mein Bruder Mathias ist Jäger, und von ihm übernehmen wir das Wild – und das mit dem Lachs musst du erklären», sagt Lamprecht mit Blick auf seine Frau Amina. «Konrad Schaad, ein Schulkollege von meinem Schwiegervater, ist nach Alaska ausgewandert und fischt dort Lachse, mittlerweile auch mit seinen Söhnen. Den Lachs importierte eine frühere Schulkollegin. Nach 14 Jahren übergab sie uns diese Geschäftstätigkeit», erzählt Amina Lamprecht. [IMG 3]
«Meine Vorgängerin hat ganze Arbeit geleistet. Die Kundschaft kommt an unseren vorweihnachtlichen Verkaufstagen mit Kühlboxen aus der ganzen Schweiz angereist. Wer unseren Lachs einmal gegessen hat, will keinen anderen mehr», schliesst sie ab, und ihr Mann ergänzt: «Das passt zu unseren Weinen.»
Aus für Emmer und Einkorn?
Auch Kornotto aus Einkorn ist im Laden zu finden. Einkorn und Emmer, alte Landsorten, werden über die IP-Suisse vermarktet, allerdings zurzeit mit einem bitteren Nachgeschmack. «Für Emmer und Einkorn sind keine Pflanzenschutzbehandlungen nötig, und es braucht nur knapp 40 kg N», zählt Lamprecht die Vorteile dieser Nischenkultur auf. «Nun aber sind Migros und Coop ausgestiegen.» Er wisse nicht, was mit diesem an die Sammelstelle gelieferten Emmer und Einkorn passieren werde.
Dabei erinnert er sich an früher, als Emmer und Einkorn durch die Interessengemeinschaft Emmer und Einkorn vermarktet und nur im Rafzerfeld ZH und im Klettgau SH angebaut worden seien.
Die IP-Suisse habe 2017 die Aktivitäten im Zuge der Pensionierung des damaligen Gründers Markus Jenni übernommen und den Anbau ausgedehnt. Auch seien durch die Teuerung die Grossverteiler nicht mehr daran interessiert, solche Spezialbrote zu backen. «Die IG hat das früher gut im Griff gehabt. Wir waren klein und hatten eine Nische. Jetzt ist der Markt futsch. Das zeigt mir, dass eine Nische eine Nische bleiben muss», schliesst Lamprecht.
Die Vielfalt von Lamprechts Betrieb hat den Vorteil, dass sich das Produktionsrisiko auf viele Betriebszweige verteilt und dass sie mit dem Hofladen über das Jahr hin immer über genügend flüssige Mittel verfügen. Aber die Bewirtschaftung ist aufwendig. Lamprecht nennt seinen Hof einen «verzettelten Betrieb», insbesondere da auch seine Parzellen in einem Radius von 15 km liegen. Gemischtwirtschaftliche Betriebe haben viele Vorteile, aber Vielseitigkeit hat halt auch ihren Preis.
Lamprecht Wein- und Obstbau
Name: Amina und Christoph Lamprecht
Ort: Wil ZH, Eglisau ZH
Ackerfläche: 29 ha
Kulturen: Getreide, Zuckerrüben, Spargeln, Futterbau
Obstbau: 6 ha Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Kirschen und Zwetschgen
Rebbau: 3 ha
Viehbestand: 7 Angus-Mutterkühe
Betriebszweig: Direktvermarktung mit zwei Hofläden
