Eine Vielzahl von Hochstammbäumen, unzählige Hecken und mehrere Hundert Laufmeter Trockenmauern: Der Erlebnishof Vorsäss ist ein Naturparadies, wo Mann und Frau zur Ruhe kommen. Auch das Vieh fühlt sich auf der Hochebene zwischen Alpnach und Ennetmoos sichtlich wohl. Der imposante und über eine Tonne schwere Zuchtstier Cäsar liegt entspannt auf der Weide und lässt sich von nichts und niemandem bei seiner Siesta stören.
27 Mutterkühe und ein Muni
Priska und Flavian Schwitter sind die Betriebsleiter vom Erlebnishof Vorsäss. 2006 übernahmen die beiden den damaligen Milchwirtschaftsbetrieb von Flavians Eltern. Nachdem sie zusätzlich noch einen Nachbarbetrieb mit Mutterkühen pachten konnten, stellten sie den gesamten Betrieb auf die Mutterkuhhaltung um. 27 Kühe mit Kalb plus Muni Cäsar leben auf dem heute 19 Hektaren grossen Hof.
Priska Schwitter arbeitete viele Jahre in Ennetbürgen als Kindergartenlehrperson und kam mit ihrer Klasse einmal pro Jahreszeit auf den Hof ihres damaligen Freundes Flavian Schwitter. «Wir wurden zu dieser Zeit vom Nidwaldner Bauernverband angefragt, ob wir bei Schule auf dem Bauernhof mitmachen wollen», erinnert sich Priska Schwitter. Sie sagten zu und ermöglichen nun bereits seit zwanzig Jahren jährlich rund sechs Schulklassen den direkten Kontakt zur Welt des Bauernhofes. [IMG 2]
«Bäumix» – Naturerlebnis
Das Unterrichten ausserhalb des Schulzimmers begeisterte Priska Schwitter schon immer. Aus diesem Grund machte sie auch die Zusatzausbildung zur Natur- und Erlebnispädagogin und gründete zusammen mit ihrer damaligen Arbeitskollegin Martina Herger in der Regelschule Ennetbürgen einen Waldkindergarten. Viele Eltern der Kindergärtler waren begeistert und wünschten sich diese «Outdoor-Angebote» auch für Erwachsene, Schüler und Jugendliche. Daraus entstand im Jahr 2015 das Angebot «Bäumix». Mittlerweile bieten Priska Schwitter und ihr Team im Wald des Hofes oder auch an anderen Naturplätzen eine breite Palette von Weiterbildungsangeboten im Bereich Natur- oder Erlebnispädagogik an. Das sind etwa Teamanlässe wie Kochen am Feuer, Resilienztrainings oder Weiterbildungen zum Unterrichten im Freien.
Ideen in der Pandemie
Während der Covid-Pandemie entstand mit dem Wintererlebnispfad ein weiteres Angebot für Klein und Gross. An acht Standorten, die auf dem Bergbetrieb über Stock und Stein erreichbar sind, erfahren Schulklassen und Familien spielerisch Spannendes über die Überwinterungsstrategien der Wildtiere. Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein Wintergeist, der dafür sorgt, dass die verschiedenen Tiere den Winter überstehen. «Im Anschluss zum Wintererlebnispfad können sich Schulklassen in unserer Remise mit einer warmen Suppe, gekocht von meiner Schwiegermutter Doris Schwitter, stärken», erklärt die Bäuerin. Zur Geschichte mit dem Wintergeist sind mittlerweile eine CD mit Kinderliedern und ein Bilderbuch erschienen.
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«Zeltferien into the Wäid»
Die Covid-Pandemie war für das Paar eine inspirierende Zeit und so entstand mit «Zeltferien into the Wäid» ein weiterer Betriebszweig. «Eigentlich wollten wir nur für unsere Familie ein Zelt kaufen, um während der Pandemie zu Hause etwas Ferien-Feeling erleben zu können. Da wir selbst das ‹Bell-Zelt› aber wahrscheinlich zu wenig nutzen würden, entschieden wir, es für andere Leute zur Verfügung zu stellen», erklärt Betriebsleiter Flavian Schwitter. Das erwies sich aber als weniger einfach als gedacht: «Die Verhandlungen für die Baubewilligung erforderte viel Energie, Zeit und eine Unmenge an Papier. Da waren die Bewilligungsverfahren für den Haus- und Stallbau bedeutend unkomplizierter», so Flavian Schwitter rückblickend. Hätten sie im Voraus um den grossen Aufwand gewusst, wäre dieser Betriebszweig wohl nicht realisiert worden.
Spannende und bereichernde Begegnungen
Die Nachfrage und Rückmeldungen seien allerdings sehr erfreulich. Insbesondere seit sie ihr Angebot kürzlich auf Airbnb aufgeschaltet hätten, explodierten die Buchungszahlen. «Über Airbnb findet eine ganz neue Kundschaft auf unseren Hof. So kommt es mittlerweile auch schon mal vor, dass Gäste mit einem pinken Rollkoffer über die Weiden zu den Zelten laufen», so die Bäuerin mit einem Schmunzeln. «Zudem kann ich meine Sprachkenntnisse wieder ein bisschen aufmöbeln», meint Priska Schwitter. «Als Betriebsleiter eines Hofes wie dem unseren ist es sicher von Vorteil, wenn man gerne unter Menschen und offen gegenüber Neuem ist.» Es ergäben sich viele spannende, bereichernde Begegnungen. Zudem könne man die Vorzüge der Landwirtschaft aufzeigen und man erfahre viel Wertschätzung.
Zeit für Innovation dank Familie und Freunden
Die Kreativität auf dem Erlebnishof ist riesig. Neben den erwähnten Betriebszweigen besteht auf dem Hof auch die Möglichkeit, eine Baumpatenschaft zu übernehmen oder Produkte wie Fleisch oder Gelbmöstler- Schnaps direkt zu kaufen. Über die etwas ruhigeren Wintermonate arbeitet Flavian Schwitter noch Teilzeit als Metallbauer. Im Sommer gibt es dann aber auf dem Mueterschwandenberg mehr als genug zu tun. «Wir haben keine Festangestellten und können unseren Erlebnishof in dieser Form nur dank der grossen Unterstützung der ganzen Familie und von guten Freunden führen.» Dank dieses guten Austausches mit Verwandten und Bekannten kämen natürlich auch immer wieder kreative Ideen zustande. Eine davon ist das kleine, familiäre Open Air «Into the Wäid», welches seit 2011 jedes zweite Jahr realisiert wird.
Nidwaldner Innovationspreis
Seit 2013 verleiht der Bauernverband Nidwalden jährlich den Nidwaldner Innovationspreis Landwirtschaft an kreative und erfolgreiche Bauernfamilien. Dabei werden neuartige Produktions- und Anbaumethoden, Nischenproduktion, Marketingprojekte oder kreative Dienstleistungen auf dem Bauernhof ausgezeichnet. Auch erfolgreiche Ideen in der Zusammenarbeit mit der Gastronomie, dem Handel, dem Kleingewerbe oder Tourismus können so gewürdigt werden. Ebenfalls Chancen auf den Innovationspreis haben neue Formen der Zusammenarbeit, erfolgreiche Massnahmen zur Kostensenkung oder technische oder organisatorische Innovationen. Berücksichtigt werden können auch Betriebe mit innovativen Wegen in der Öffentlichkeitsarbeit oder in der Kommunikation und Innovationen zur Steigerung der Lebensqualität der Bauernfamilien. Der Vorstand des Bauernverbandes Nidwalden entscheidet jeweils über die Vergabe des Innovationspreises. reb
