«Er sieht leider nicht aus wie ein Bauer, ich konnte es nicht ahnen», scherzt Simone Brändli in Richtung ihres Ehemanns Leon. Schon als kleines Mädchen habe sie gesagt, sie werde bestimmt nie einen Bauern heiraten, erzählt die gelernte Pflegefachfrau am Küchentisch des Gibelhofs in Goldingen SG.

Ihre Grosseltern waren zwar Bauern gewesen und die Kinder dort viel in den Ferien, aber die Eltern hatten keinen Hof. «Ich habe als Kind bei den Nachbarn, die einen Hof hatten, Kinder gehütet und das hat mich wohl in diesem Entschluss irgendwie bestärkt.» Die Nachbarin habe sich dann «ins Fäustchen gelacht», als ihre ehemalige Babysitterin einen Bauernsohn kennenlernte.

«Kannst du tanzen?»

Getroffen hat Simone Brändli den gelernten Zimmermann 2008 ganz klassisch im Ausgang. «Ich suchte einen, der tanzen kann. Jemand aus meinem Skiclub meinte, «der da hinten kann es». Ich ging also hin und fragte: «Kannst du tanzen?»»

Gefragt, getanzt. Drei Wochen und zwei Treffen später waren sie ein Paar. Ob Leon Brändli den elterlichen, idyllisch gelegenen Biohof übernehmen würde, war damals noch nicht ganz klar. Für ihn gab es zwei Optionen: Landwirt oder Bauleiter. Ein Dreivierteljahr nach dem Kennenlernen reiste er nach Neuseeland, ins Heimatland seiner Mutter. Simone Brändli schloss ihre Ausbildung ab und folgte ihm. Die Reise schweisste sie noch mehr zusammen.

Schwiegervater ist Bio-Suisse-Präsident

Dann bekam Leons Vater Urs Brändli das Angebot, als Bio-Suisse-Präsident zu kandidieren. Er sagte dem jungen Paar, er wolle das Amt gerne annehmen und fragte, ob sie den Hof übernehmen möchten. 

«Wir haben davor irgendwie gar nie so richtig darüber gesprochen. Weil Simone Heuschnupfen hat, dachte ich immer, ich kann sowieso nicht bauern. Sie meinte dann, Heuschnupfen habe ich auf dem Hof genauso, wie wenn wir im Dorf leben», erzählt Leon Brändli.

Bauernhofspielgruppe gegründet

Die beiden zogen im 2009 erst in eine eigene Wohnung und 2013 auf den Hof, den sie zwei Jahre später übernahmen. Beide waren erst Mitte 20. Simone Brändli arbeitete während dieser Zeit sieben Jahre in Uznach SG auf dem Wochenbett, dann ein Jahr in einer Hebammenpraxis, wo sie Frauen in der ersten Zeit nach der Geburt zu Hause betreute. «Kinder waren schon immer meins. Besonders das Alter von Geburt bis Kindergarten liegt mir.» Eine Weile unterrichtete sie Babyschwimmen. Das gefiel ihr, aber war noch nicht ganz ihre Erfüllung.

2014 gründete sie die Bauernhofspielgruppe «Gibelchnöpf», in der Umgebung weit und breit die erste. «Wir haben uns damals überlegt, was wir neben der Milchwirtschaft machen könnten.» Der Gibelhof, den Leon Brändlis Grosseltern 1985 der berühmten deutschen Schauspielerin Lilli Palmer abkaufen konnten, umfasst 29 Hektaren Naturwiese. 30 Original Braune produzieren Biomilch für Mooh.  Dank der weiteren Mithilfe von Urs Brändli auf dem Hof hat Leon die Möglichkeit einen bis zwei Tage auswärts als Dachdecker zu arbeiten.

«Einfach Kind sein können»

 Bis Mayla (3) zur Welt kam, leitete Simone Brändli die Spielgruppe und arbeitete weiter in der Hebammenpraxis. Danach konzentrierte sie sich auf die Familie und die Spielgruppe. 2018 folgte Jay (1,5). 

Brändli bietet drei Spielgruppenmorgen für aktuell drei Gruppen an zwölf Kindern an. Drei weitere Spielgruppenleiterinnen arbeiten für sie und mit ihr. Die Kinder werden zu zweit betreut. «Mir ist besonders wichtig, dass die Kinder möglichst viel frei spielen können. Sie sollen einfach Kind sein können», hält sie fest. Sie stellt ihnen immer ein Werkangebot zur Verfügung, doch «dabei ist mir das Erlebnis wichtiger als das Ergebnis.»

Der Bauer ist ein Kindermagnet

Die Spielgruppenkinder helfen u.a. beim Misten im Geissenstall, spielen auf dem Spielplatz, kurven mit Bobbycar und Spielzeugtraktor auf dem Hofplatz umher, gehen mit den Leiterinnen in den Wald oder schauen Bauer Leon Brändli über die Schulter. Er sei ein Kindermagnet, sagt seine Frau.

Die Spielgruppe macht Simone Brändli viel Freude, aber gibt auch viel zu tun. Die ganze Büroarbeit sei Fronarbeit, Geld gibt es nur für die Zeit, in der die Kinder effektiv betreut werden. Sie schätzt den Austausch mit anderen Bäuerinnen, die eine Bauernhofspielgruppe anbieten. «Wir besuchen jedes Jahr einen anderen Hof, irgendeine kleine Idee nehme ich immer mit.» 

Am 11. März geht es wieder los

Im März musste sie die Spielgruppe  wegen Corona schliessen. «Ich habe die viele freie Zeit mit Mayla und Jay genossen und konnte im Büro viel aufholen.» Am 11. Mai kann sie wieder öffnen. «Im Sommer werde ich dann auf zwei Gruppen reduzieren und selber nur noch einen Morgen leiten.»

Mit den eigenen Kindern, der Spielgruppe und dem Haus ist sie ausgelastet.
«Ich helfe selten auf dem Betrieb, aber das stimmt für meinen Mann und mich.» Der starke Heuschnupfen macht viele Hofarbeiten zudem unmöglich. «Meine Schwiegermutter arbeitet auch noch auswärts. Ich denke, dass die ältere Generation eine ähnliche Rollenteilung hatten, machte das vielleicht einfacher.»

Ferien mit dem Wohnmobil

Seit einiger Zeit gehen die Kühe im Sommer z’Alp, das gibt der Familie die Möglichkeit, Sommerferien mit dem eigenen Wohnmobil zu machen. Mit einer Freundin verbringt Simone Brändli zusätzlich jedes Jahr eine Woche am Klöntalersee, diese Auszeit geniesst sie sehr.

Daneben tanzt das Ehepaar nach wie vor gerne und ist in verschiedenen Vereinen aktiv, unter anderem im Skiclub. «Und wir gehen immer noch gerne in den Ausgang», sagt Brändli. Dank der Unterstützung der Grosseltern bei der Kinderbetreuung und im Stall «können wir auch ab und zu mal ausschlafen».

Vorgezogener Muttertag

Ausschlafen konnte sie ganz unerwartet letzten Sonntag. Leon Brändli organisierte, dass sein Vater die Kühe melkte und stand frühmorgens mit den Kindern auf. «Leon dachte nämlich, dass diesen Sonntag schon Muttertag sei», erzählt Simon Brändli. «So bin ich mega happy über den vorgezogenen Muttertag.»