«In einigen Jahren möchten wir ganz von der Landwirtschaft und der Musik leben», erklärten Stephan und Marlen Koch anlässlich eines Besuches der BauernZeitung auf dem Hof Obermettlen im September 2017. Dieses Ziel haben sie nun erreicht. «Wir sind stolz darauf, dass es uns gelungen ist, aus der Obermettlen wieder einen Vollerwerb zu machen.»
Nicht einfach auf einem kleinen Biobauernbetrieb mit lediglich 6,5 ha LN in der Bergzone I am Rooterberg mit steilen Weiden und rund 90 Hochstammbäumen, der vorher im Nebenerwerb geführt wurde, und für den die Zukunft ungewiss schien.
Mehr Lebensqualität
Erst nach Jahren auswärtiger Berufstätigkeit haben die beiden Quereinsteiger in die praktische Landwirtschaft zurückgefunden. Marlen wuchs auf einem Landwirtschaftsbetrieb in Nidwalden auf, studierte Agronomie an der ETH und war einige Jahre für eine Kontrollorganisation tätig, bevor sie sich 2016 auf der Obermettlen selbständig machte. Stephan ist auf der Obermettlen aufgewachsen, studierte Informatik und Betriebswirtschaft und war einige Jahre von zu Hause weg, bevor ihm klar wurde, was ihm der elterliche Betrieb bedeutet, und er somit zurückkehrte.
Den Betrieb übernehmen konnte er von den Eltern 2012, beide arbeiteten dann aber anfänglich noch mehrheitlich auswärts. Nun aber sind die beiden Landwirte im Vollerwerb und setzen ihre Vision von Produktion, Dienstleistung, Gastfreundschaft und Wertschöpfung um. «Für die einen mögen wir Spinner sein, für die andern Träumer, für uns sind wir zufrieden», heisst es dazu auf ihrer Website.
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Kulturevents im Alpstübli
Gerade weil die Obermettlen lediglich 6,5 ha gross ist, müssten die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt und die ganze Wertschöpfungskette möglichst auf dem Betrieb gehalten werden. Fleisch, das nicht direkt an Kunden verkauft wird, landet beispielsweise auf dem Grill bei einem Event. Klein, aber fein und persönlich sollen diese sein, geladen werden maximal 50 Gäste in ihr Alpstübli. Und neben engagierten Künstlern präsentieren «s’Chochä» dort jeweils ihre persönliche Leidenschaft für Schwyzerörgeli.
Dialog mit Konsumenten
Marlen schätzt es, wenn sich ihre Gäste nicht nur für die Musik und das Essen auf dem Bauernhof interessieren, sondern auch für die Geschichte und Philosophie des Betriebes und eine nachhaltige Landbewirtschaftung und Lebensmittelproduktion. Auf Wunsch bietet sie anlässlich der Kulturevents auf Obermettlen deshalb auch Hofführungen an und ist so eine wertvolle Botschafterin der Landwirtschaft, auch bei Firmenevents. «Es ist sehr wichtig und wertvoll, wenn sich Produzent und Konsument direkt begegnen.» Beim Besuch Anfang Juli anlässlich eines Boogie-Woogie-Konzertes erklärte sie ihren Gästen deshalb, wieso sich Grasland nur über Wiederkäuer nutzen lasse und Kühe keineswegs Klimakiller seien.
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Tiere länger nutzen
Ganzheitlichkeit ist den beiden ein Anliegen, so werden beispielsweise auch Grillkurse «from nose to tail» angeboten. Zu bewussterem Fleischkonsum beitragen soll auch das Projekt Herbstzeitlose für solidarische Landwirtschaft mit Nutztieren. Sechs alte Mutterkühe der zum Standort passenden Rasse Rätisches Grauvieh, welche geschlachtet werden sollten, bekommen auf dem Betrieb eine zweite Chance und werden so länger genutzt.
Mit Patenschaften für die geborenen Kälber erhalten Konsumenten nicht nur einen Fleischanteil, sondern können durch Mitarbeit auf dem Hof erleben, was hinter einem Bissen Fleisch steckt. Für dieses Projekt wurden Kochs kürzlich mit dem Publikumspreis «Prix Climat 2022» ausgezeichnet. Damit die Tiere bis zur Schlachtung auf dem Betrieb bleiben können, haben sie nun auch die Bewilligung für Hoftötungen bekommen.
Patenschaften werden auch für Hochstammbäume angeboten, und aus den Früchten der Bäume werden edle Destillate gebrannt, wie der Obermettler Bienenbrunz, ein Honigkräuterlikör aus Birnen.
Viel Marketing
Ins Marketing und die Kundenkontakte investiert vor allem Marlen viel Zeit. Ihren Newsletter bekommen inzwischen 1300 Leute, und die Obermettlen ist auf Facebook und Instagram sehr präsent. Das Erfolgsrezept laute denn auch, mit verschiedenen Angeboten und Events Leute auf den Betrieb zu holen und so persönliche Kundenbeziehungen aufzubauen. Kochs beweisen, dass selbst Kleinbetriebe durchaus überleben können, mit Spezialitäten, Qualität und individuellen Angeboten. «Man muss die Potenziale erkennen, kreativ und flexibel sein», findet das Betriebsleiterpaar.