Mit einer Charta-Unterzeichnung haben letzte Woche verschiedene Vertreterinnen und Vertreter von Ostschweizer Bauern- und Landfrauenverbänden die Zusammenarbeit in der Burnout-Prävention gestärkt. Ziel ist dabei, das bestehende Netzwerk auszubauen und gegenseitig zu profitieren.
Das Projekt wurde von Mitarbeitern der Fachhochschule St. Gallen lanciert. Das Institut für Soziale Räume und Arbeit sieht eine Notwendigkeit der Burnout-Prävention in der Landwirtschaft. So haben bei einer Umfrage über 340 Personen mitgemacht. Nach der Frage, welche Faktoren auf den Höfen für eine grosse Last oder Überbelastung führen, wurden – für mich nicht wenig verwunderlich – unter anderem die starke Arbeitsbelastung, der immense administrative Aufwand und der ständige Druck aus der Gesellschaft genannt.
Da scheint es schon etwas zynisch, dass dieses Projekt ausgerechnet vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) finanziert wird, welches bekanntlich ja nicht unschuldig am administrativen Wahnsinn ist.
Bereits Vorträge und Kurse organisiert
Beim Treffen der verschiedenen Akteure hat sich gezeigt, dass in den meisten Kantonen bereits Projekte gestartet sind, welche der Prävention oder der Soforthilfe dienen. Bei uns im Kanton Thurgau hat die Kommission «Soziales» des Verbandes Thurgauer Landwirtschaft (VTL) bereits vor einigen Jahren das Thema aufgegriffen. Es wurden Vorträge über die Früherkennung von Burnout organisiert und seit diesem Frühjahr bieten wir nun zusammen mit dem Gesundheitsdienst Ensa Kurse an.
Milchwäger, Futtermittelvertreter, Besamungstechniker und Tierärzte sind regelmässig auf Bauernbetrieben unterwegs. Wenn sie also geschult und sensibilisiert sind, fällt es ihnen auf, wenn sich die Situation oder das Verhalten von Bauern oder Bäuerinnen verändert. Uns ist bewusst, dass diese Personen in der Regel Laien sind und zum Beispiel eine psychische Erkrankung professionelle Abklärung und Hilfe braucht. Wir erhoffen uns jedoch, dass eine gut gestellte Frage oder ein ermutigendes Gespräch Betroffene ermutigt, sich professionelle Hilfe zu holen.
Ein Problem haben wir in allen Kantonen gemeinsam: Es fehlt an Notfallpersonal, das einspringt, wenn ein Betriebsleiter oder eine Betriebsleiterin ausfällt. Oft gestehen sich betroffene Personen ja gar nicht ein, dass sie pausieren müssen. Dies im Wissen, was für eine grosse Belastung es für die Partnerin oder den Partner bedeutet, wenn die ganze Arbeit auf einmal auf ein und denselben Schultern lastet. Natürlich ist es ein Unterschied, ob man selbstständig ist und einen Betrieb hat, die Tiere und mehr verlassen muss oder irgendwo angestellt ist. Eine Distanz zum Betrieb zu erhalten, um wirklich genesen zu können, ist sehr schwierig.
Burnout-Rate ist besonders hoch
Ändert sich nun mit dieser Charta wirklich etwas? Diese Frage ist berechtigt. Wir sehen aus den Erhebungen, dass die Burnout-Rate in der Landwirtschaft doppelt so hoch ist wie in der übrigen Gesellschaft. Können wir nur einen Fall pro Jahr verhindern, lohnt sich der Aufwand in erster Linie aus menschlicher und dann natürlich auch aus wirtschaftlicher Sicht.
Zur Person
Maja Grunder aus Oberneunforn ist Präsidentin des Verbands Thurgauer Landwirtschaft (VTL) und schreibt regelmässig für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.
