In der Mitte ein üppig bewachsenes Schnittblumenfeld. Drumherum derzeit raspelkurze Weiden, die von zwei Pferden und einem Pony abgegrast werden. «Wenn ich die Insekten im Blumenfeld sehe und ihr Surren höre, das ist einfach schön», sagt Carmen von Ballmoos. Die Berner Oberländerin ist Maschinenbauingenieurin und entdeckte die Welt des nachhaltigen Blumenanbaus per Zufall durch eine TV-Sendung.
«Ich sah vor drei Jahren eine Dokumentation über Margrit De Colle und sagte meinem Mann: Das ist es, was wir brauchen», erzählt die 57-Jährige weiter. Die österreichische Bioblumen-Bäuerin Margrit De Colle gilt als Begründerin der «Slowflower»-Bewegung, die auf nachhaltige Schnittblumen setzt. Carmen von Ballmoos hatte von ihren Grosseltern in Wimmis ein Stück Land geerbt, und nun war ihr klar, was sie damit machen wollte. «Handelsübliche Blumensträusse hatte ich mir schon länger keine mehr gekauft. Solche Blumen sind Massenware und haben für mich kein Herz.»
Beete ohne Umgraben in die Wiese angelegt
In eine bestehende Wiese setzten Carmen von Ballmoos und ihr Mann Hochstammbäume. Dazwischen legte sie ihre ersten drei Blumenbeete an, ohne Umgraben. Vielmehr legte sie den Boden mit Karton aus und bedeckte die Fläche mit rund zehn Zentimetern Komposterde. «Bald kamen ein viertes und ein fünftes Beet dazu», erinnert sie sich schmunzelnd. Sie fing an, mit dem Ansäen von Wildblumen zu pröbeln, etwa mit Färberweid, Margeriten oder auch Rainfarn. Später kamen auch klassische Beetblumen und Stauden dazu, wie Dahlien oder Pfingstrosen.
«Plötzlich hatte ich ganz viele Blumen – und musste mir überlegen, was ich damit machen soll.» Carmen von Ballmoos gründete ihre Firma «Wildblümchen», lernte, Blumensträusse zu binden und geht seither damit alle zwei Wochen auf den Frischprodukte Märit in Thun. «Märit ist einfach schön», schwärmt sie. «Doch es gibt viel zu tun und rein finanziell schaut nicht viel dabei raus.»
Täglich im Garten anzutreffen
Inzwischen ist ihr Blumenfeld auf 600 m2 angewachsen. Carmen von Ballmoos ist neben ihrem Vollzeit-Job praktisch täglich am Säen, Setzen, Jäten, Aufbinden und Schneiden. Ihr Mann geht jeden Abend durchs Feld und sucht im Licht einer Stirnlampe die Beete nach Schnecken ab. Und auch ihre 80-jährige Mutter hat das Blumenfieber gepackt, sie hilft regelmässig beim Jäten.
Auf dem Wochenmarkt verkauft Carmen von Ballmoos gemischte Sträusse mit den Blumen, die jeweils gerade in Blüte stehen. «Das ist wie eine Geschichte durchs Jahr, das Angebot wechselt ständig», sagt sie. Im Spätherbst ergänzt sie das schwindende Frischangebot mit getrockneten Blumen. Beim Binden der Sträusse für den Marktstand hilft ihr unterdessen eine Floristin. Die Preise für die Blumengebinde liegen zwischen 18 und 46 Franken, wobei dies nicht dem Aufwand dahinter entspricht. «Ich dachte zuerst, die ganze Welt wartet auf lokale Blumen, die nicht gespritzt sind», erinnert sich Carmen von Ballmoos lachend. «Doch die wenigsten Kundinnen und Kunden sehen die Arbeit im Hintergrund.»
Rückschläge? Die gab es hin und wieder. So wuchsen dieses Jahr fast keine Zinnien. «Die haben einen Pilz», sagt Carmen von Ballmoos. Doch viele regle die Natur auch selbst, auch was die Bewässerung betrifft. Zwar hat mittlerweile eine Tröpfchenbewässerung installiert, doch sie setzt sie nur sparsam ein. Um immer ein genügend grosses Angebot zu haben, wachsen auf ihrem Feld deutlich mehr Blumen, als sie verkaufen kann. «Zudem hat sich ein Mix aus ein- und mehrjährigen Pflanzen bewährt.»
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Ein- und mehrjährige Blumen werden gemischt
Auf rund einem Fünftel der Fläche wachsen Stauden wie Pfingstrosen, Disteln, Bergminze, Ehrenpreis oder Agastachen. Auf drei Fünfteln gedeihen ein- und zweijährige Blumen wie Zinnien, Löwenmäulchen, Cosmea oder Skabiosen. Und auf dem restlichen Fünftel blühen Knollengewächse wie Dahlien oder Tulpen. «Ganz streng handhabe ich das aber nicht. Manche Einjährige samen schnell ab und wachsen dann dort, wo sie wollen. Da will ich nicht eingreifen.»
Als «Herausforderung» betrachtet sie die Pflanzplanung. «Ich habe eine Riesentabelle gemacht, damit ich immer genügend Blumen für die Marktsträusse habe.» So manches verblühe aber auch, weil im passenden Moment kein Markttag sei.
Den Boden ihres Blumenfeldes düngt Carmen von Ballmoos mit dem Mist ihrer beiden Pferde und des Ponys. Im Frühling bearbeitet sie den Boden mit der Fräse oberflächlich und packt Kompost darauf. Die einjährigen Sommerblumen zieht sie in einem hellen, kühlen Raum drinnen an. «Ich habe kein Gewächshaus und trage jeweils viele Pflanzschalen zum Abhärten tagsüber nach draussen und am Abend wieder hinein», erzählt die passionierte Blumengärtnerin.
Und im Herbst? Abgesehen von den Dahlien-Knollen lässt Carmen von Ballmoss die meisten Pflanzen in den Beeten. «So ist der Boden gedeckt.» Dazwischen sät sie sogenannte «Coolflowers»: Blumen, deren Samen im Boden überwintern und im nächsten Jahr blühen.
Auch bei strömendem Regen muss man Blumen schneiden
Einsteigerinnen rät sie, den Aufwand nicht zu unterschätzen. «Es ist sehr viel Handarbeit und auch bei strömendem Regen gilt es, Blumen zu schneiden.» Ende Jahr will Carmen von Ballmoos entscheiden, in welcher Form sie mit ihrem Angebot weitermacht. Doch eines ist ihr jetzt schon klar. «Ganz aufhören werde ich nicht. Nur schon den Insekten zuliebe werde ich irgendwie weitermachen.»
Weitere Informationen: www.wildbluemchen.ch